Oneminutesky 9 Anrufung

Schaumainkai, Frankfurt. Beinahe jeder ist mit Smartphone unterwegs. Inmitten all der Mobilen verweilt ein Relikt vergehender Gesprächskultur: ein Fernsprecher.

Ich betrete die Telefonzelle, fühle mich an einen Beichtstuhl erinnert. Des alltäglichen Treibens entrückt, bekommt es besondere Bedeutung, wen ich in meinem Hier und Jetzt gegenwärtig haben will. Und anrufe.

Der Fernsprecher ist ein Versprechen. Mit seiner Hilfe vergewissere ich mich einer Beziehung. Ist nicht auch Religion eine Art Fernsprechen? Absehen von der unmittelbaren Situation. Einzelne Lebensmomente in größerem Kontext begreifen. So ist Religion Unterbrechung des Alltags, ohne Rückzug von der Welt zu sein. Es geht ihr um Gestaltung von Distanz. Indem sie Grenzen würdigt und Möglichkeiten auch. Mit Bezug zu Gott - in der Ansprache des Mitmenschen. Ein Augenblick noch, dann trete ich wieder aus der Zelle heraus.

Impulse zur Arbeit mit dem Videoclip

Geistliche Lieder

  • O Herr, nimm unsre Schuld (EG 235)
  • Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind (EG 564)
  • Ich möchte Glauben haben (EG 596)
  • Aus der Tiefe rufe ich zu dir (EG 597)
  • Ich gehöre dazu (EG 599)

Biblische Texte für Lesungen

  • 2. Mose 3, 13-15: Mit welchem Namen soll man Gott anrufen?
  • Röm 10,10-15: „Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben?“

Denkanstöße

  • Öffentlich oder privat?
    • Wie sehr behält man (heutzutage) seine Religiosität für sich, und in welchem Maße teilt man sie mit anderen? Welche Rolle spielen dabei (welche) Medien?
    • Wieviel Religion braucht die Öffentlichkeit? Wieviel Öffentlichkeit braucht Religion?
    • Wie interpretierst Du dieses Zitat des Theologen Dietrich Bonhoeffer: „Es gibt keinen Rückzugsort des Christen von der Welt, weder äußerlich noch in der Sphäre der Innerlichkeit.“ (Ethik, Dietrich Bonhoeffer Werke, Bd. 6, hg. v. Tödt, Ilse u.a., München 1992, 47.)
    • Zwischen Abgrenzung religiöser Räume von der Alltagswirklichkeit und Betonung religiöser Verantwortlichkeit des profanen Lebens: Der religiöse Mensch steht vor der Herausforderung, seinen Glauben zu leben – im Einklang mit seiner Alltagsbewältigung, manchmal aber auch im Kontrast dazu. Wieviel Religion braucht und verträgt der Mensch im alltäglichen Leben? Inwiefern ist Glaube (nicht nur) „Privatsache“? Welche Bedeutung haben definierte religiöse (Zeit-)Räume im Lebensalltag (Kirchräume, Internetforen, Krankenhauskapellen, Fernsehgottesdienste, persönliche Glaubenspraxis wie Gebete etc.)?
  • Freiheit und Abhängigkeit
    • Friedrich Schleiermacher, Paul Tillich, Karl Barth und viele andere: Theologische Denker*innen formulieren in unterschiedlicher Weise das Wechselspiel von Freiheit und Abhängigkeit, in welchem sich der Mensch in dieser Welt vorfindet. Er hat sich nicht für sein Dasein und dessen Bedingungen entschieden. Dennoch hat er Handlungsspielräume, wenn auch begrenzte. Wovon ist der Mensch abhängig? Wovon und wozu ist er frei?
    • Die Telefonzelle betreten wie einen Beichtstuhl. Ich könnte jemanden anrufen und ihm anvertrauen, was keiner von mir weiß. – Gesehen werden und Geheimnis bleiben dürfen, Anerkennung empfangen und auch Versöhnung, sich selbst bestimmen und sich jemandem anvertrauen: All dies macht die Identität eines Menschen aus. Inwiefern braucht er dazu den anderen, sei es Mensch, sei es Gott?
  • Nähe und Distanz
    • Nicht nur bei einem Anruf: Ein Wort kann Nähe schaffen. Oder Distanz. Wie gestaltet Sprache unsere Realität?
    • „Anrufung“ ist ein Synonym für „Gebet“. Was ist eigentlich ein Gebet? Was bedeutet es (theologisch)? Wie kann es gestaltet sein?
    • Religion kann beschrieben werden als Versuch, Distanz zu gestalten. Unsere Welt ist ein Beziehungsgefüge, in dem wir uns nicht isolieren können. Wir spüren Auswirkungen, wir setzen Impulse. Inwieweit sind wir dabei unseren Mitmenschen nah und verbunden - oder fern? Wie nah und verbunden, wie fern sind wir Gott?

Vorschlag für eine Andacht mit ONEMINUTESKY-Videos

Begrüßung
[Musik]
Video als Impuls
Stille
[Lesung]
[Ansprache]
Gebet
Vaterunser
Segen
[Musik]

Hilfreiche Links:

Bibeltexte
www.die-bibel.de
www.bibleserver.com

Gebete
www.velkd.de/gottesdienst/wochengebet.php www.ekd.de/gebete-in-zeiten-von-corona-54049.htm

Kirchenjahr
www.kirchenjahr-evangelisch.de

Museum für Kommunikation, Frankfurt
www.mfk-frankfurt.de/