Der Astrophysiker Harald Lesch schreibt: „Dass Lebewesen leben wollen, dass sie sich weiterentwickeln seit fast vier Milliarden Jahren, dass sie sich in einem höchst filigranen planetaren Netzwerk zusammengetan haben und so ihr gemeinsames Weiterleben garantieren, das erzeugt und verlangt Respekt. Ach was, Respekt, das macht ehrfürchtig.“
Wenn Wissenschaftler von Ehrfurcht sprechen, die der Blick auf den Reichtum der Schöpfung auslöst, dann zeigt das leider auch: Diese Ehrfurcht muss wiederentdeckt und neu mit Leben gefüllt werden – auch im spirituellen und religiösen Sinn. Denn irgendwie scheint uns in der westlichen Welt die Ehrfurcht vor der Schöpfung, die ihre Bewahrung als klare Aufgabe dabei hätte, verloren gegangen zu sein.
Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz haben sich in dieser wichtigen Frage mit einer gemeinsamen Erklärung an die Öffentlichkeit gewandt („Verantwortung wahrnehmen für die Schöpfung“: https://www.ekd.de/23006.htm), in der sie u.a. auch zeigen, dass unser Umgang mit der Schöpfung auch weltanschauliche Gründe haben könnte. Weiter heißt es da: „Bloße Kurskorrekturen reichen längst nicht mehr aus. Wir müssen einsehen lernen, dass hinter der Umweltkrise letztlich unsere eigene Krise und unsere Unfähigkeit steht, in rechter Weise Verantwortung zu übernehmen.“
Wir Menschen haben vielerorts – keine neue Erkenntnis – das mit der „Bewahrung der Schöpfung“ leider nicht so wirklich ernst genug genommen. Indigene Völker haben sich den direkten Bezug zur Natur bewahrt – uns Menschen in den Industrienationen ist dieser direktere Kontakt immer mehr entglitten. Sich aktiv für die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen, die ökologische Umkehr zu wagen und auch den eigenen Lebensstil zu überdenken, erfordert Konsequenz und Mut – vom Einzelnen wie von der Gesellschaft – und braucht letztlich auch politische Vorgaben, damit echter Fortschritt erreicht werden kann.
Papst Franziskus geht in der Enzyklika LAUDATO SI‘ sogar über die Frage des reinen Umweltschutzes hinaus, wenn er die Verschlechterung der Lebensqualität und den sozialen Niedergang beklagt. „Wenn wir berücksichtigen, dass der Mensch auch ein Geschöpf dieser Welt ist, das ein Recht auf Leben und Glück hat und das außerdem eine ganz besondere Würde besitzt, können wir es nicht unterlassen, die Auswirkungen der Umweltzerstörung des aktuellen Entwicklungsmodells und der Wegwerfkultur auf das menschliche Leben zu betrachten“, schreibt er. Die aktuelle Diskussion wird damit noch weiter: Bei Umweltschutz und Bewahrung der Schöpfung geht es inzwischen längst nicht mehr um eine hehre individuelle Frage, sondern es geht um eine soziale Dimension und letztlich um das Überleben auf diesem Planeten. Wenn der Meeresspiegel steigt, trifft es zuerst die Ärmsten. Das Recht aller Menschen auf ein Leben in Würde und den weltweiten Mangel an sozialer Gerechtigkeit mit in die Diskussionen zu nehmen, ist deshalb ein Gebot der Stunde. An anderer Stelle führt der Papst deshalb aus: „Die soziale Ungerechtigkeit geht nicht nur Einzelne an, sondern ganze Länder, und zwingt dazu, an eine Ethik der internationalen Beziehungen zu denken“ (Ziffer 51).
Übrigens: Kinder trifft der Klimawandel aus mehreren Gründen besonders stark. Zunächst deshalb, weil Kinder einen viel schnelleren Entwicklungsrhythmus haben als Erwachsene. Jedes aggressive Element ist für die kindliche Gesundheit und Entwicklung besonders schädlich. Zum Beispiel atmen Kinder zweimal schneller als Erwachsene – in einer verschmutzten Umgebung ist daher für sie die Gefahr einer Atemwegserkrankung viel größer. Auch durch ihre angeborene Neugier und ihre physische und kognitive Entwicklung sind sie umweltbedingten Gefahren stärker ausgesetzt als Erwachsene.
Kinder machen sich Gedanken darüber, wie das Leben auf der Erde weitergehen kann – auch für sie. Zwei kleine Beispiele :
„Ich finde, dass man das Auto möglichst wenig benutzen sollte. Man kann genauso gut mit dem Fahrrad fahren. Zur Schule fahre ich immer mit dem Bus, weil es zu weit ist. Andere Kinder aus meinem Dorf werden mit dem Auto gebracht. Das finde ich Quatsch, weil der Bus ja sowieso fährt.“ (Nils, 12 Jahre).
„Wir sammeln Zeitungen bei älteren Leuten und liefern sie ab. Dann werden sie wieder verwertet und weniger Bäume müssen gefällt werden. Für den Schutz des Regenwaldes sammeln wir alte Elektrogeräte und schicken sie ein. So können die wertvollen Metalle darin entfernt und wieder verwertet werden. Auf Elektroautos umsteigen oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Wir kaufen beim Bauern oder auf dem Wochenmarkt ein. Wir trennen den Müll und haben einen Kompost im Garten. Wenn ich einen Raum verlasse, mache ich das Licht aus. Wenn wir etwas nicht mehr benötigen, geben wir es weiter an andere Menschen.“ (Leon, 12 Jahre)
Neun Religionsgemeinschaften und acht Naturschutzverbände haben 2017 eine gemeinsame Erklärung zum Klimawandel abgegeben, die Fridays-for-Future-Bewegung ist weltweit aktiv, die Tiny-Houses-Bewegung versucht, anders zu leben – an vielen Stellen gibt es Aufbrüche, die ein Umdenken zeigen und Hoffnung wecken, dass es vielleicht noch nicht zu spät ist.
Damit diese Hoffnung siegt, muss jede*r das eigene Handeln überprüfen. Du und ich auch.
Bettina Wittmann-Stasch