Schaut hin! Mit Konfis im Video-Chat ist das gar nicht so einfach. Auch wenn Konfis ihre Kamera frei geben. Viel von ihnen ist trotzdem nicht zu sehen. Wir müssen genau hinschauen.
Das lohnt sich auch im echten Leben. Ich besuche immer wieder Konfi-Gruppen, wenn ich Kolleg:innen ein Feedback zu ihrem Unterricht geben soll. Dabei fällt mir auf: Es würde mir schwer fallen, die Konfis in zwei natürliche Gruppen zu teilen. Die mit Brille auf die eine Seite, die ohne Brille auf die andere. Das ginge noch; auch wenn ich mich dann mit meinen Kontaktlinsen nicht so recht zuzuordnen wüsste. Mehr als dieses Accessoire fällt mir nicht mehr ein, um zwei Gruppen auszumachen. Es gibt mehr als zwei Haarfarben, mehr als zwei Sorten Hosen, Schuhe oder Mathenoten.
Das einzige Kriterium, das nur zwei Möglichkeiten zulässt, ist das Betriebssystem auf dem Smartphone – aber was ist dann mit dem einen Prozent der Konfis, die keins haben?
Schaut hin! Was meines Erachtens gar nicht geht, ist Konfi-Gruppen in Jungen und Mädchen aufzuteilen. Das heißt, es geht schon. Die Konfis werden sich einer Gruppe zuordnen. Aber wenn ich genau hinschaue, sehe ich, dass sich immer einige finden, die sich in dieser Gruppe nicht wohl fühlen.
Bei meinen eigenen Konfis ist mir das nicht so oft aufgefallen. Da sich aber kaum etwas so sehr geändert haben dürfte, seit ich das letzte Mal eine eigene Konfi-Gruppe hatte, muss ich mir eingestehen: Ich war bei den eigenen Konfis betriebsblind.
Wenn ich aber heute als Beobachter von außen komme, sehe ich es fast immer: Es gibt nicht nur Jungen und Mädchen. Jugendliche sind auf der Suche nach ihrer Identität. Sie passen sich nicht ein in ein Geschlechtersystem, das nur zwei Möglichkeiten lässt.
Schaut hin! Wir wissen längst, dass Glaube und Biografie etwas miteinander zu tun haben. Was mich prägt und was mich ausmacht, das hat Einfluss auf meinen Glauben. Deshalb müssen Konfis in ihrer Rolle gestärkt werden. Denn wer in eine fremde Rolle gezwungen wird, kann darin keinen eigenen Glauben entwickeln. Wer meint, Konfis in zwei Geschlechter aufteilen zu können, wird der Identität mancher Konfis nicht gerecht und verhindert womöglich die Entwicklung eines eigenen Glaubens.
Im Juni 2022 holen wir in Loccum endlich den Treffpunkt „Gendersensible Konfi-Arbeit“ nach. Genau hinschauen können wir schon jetzt.