Die Kirche der Erlöser-Gemeinde in Neudingsdorf hat dem RPI exklusiv ein Interview gewährt. Unser Autor darf, nachdem er sich auf einem der reservierten Plätze niedergelassen hat, die Maske abnehmen. Eine Weile lauscht er dem Raumklang, dem Gesang der Kirche. Ein Knacken hier, ein Wehen da. Die Kirche hat Zeit und drängt sich nicht auf. Gerade heute ist sie auf die Ewigkeit ausgerichtet. Am Morgen wurde hier noch der Verstorbenen gedacht, ihre Namen genannt und Kerzen angezündet. Geduldig wartet sie darauf, dass das Interview beginnt.
RPI: Liebe Kirche, zunächst mal ganz allgemein gefragt: Wie geht es Ihnen in dieser besonderen Zeit?
Kirche: Vorweg: Ich bevorzuge das Du als Anrede. Zu Deiner (sie betont dieses Wort) Frage: Mir geht es gar nicht so schlecht. Mir fehlt der Gesang. Dafür bin ich jetzt oft bis auf den letzten Platz gefüllt – jedenfalls bis auf den letzten zulässigen Platz. Die Menschen müssen ja Abstand halten. Insgesamt bin ich aber belebter als sonst.
RPI: Wie kommt das?
Kirche: Weil nicht so viele Menschen in einem Gottesdienst zusammenkommen können, gibt es mehr Gottesdienste als sonst. Zum Beispiel Taufgottesdienste, auch mal unter der Woche. Und natürlich auch Konfi-Gottesdienste. Ja, inzwischen findet auch der Konfi-Unterricht hier statt.
RPI: Wie kam es denn dazu?
Kirche: Im Gemeindehaus sind die Räume so klein. Ich biete Platz genug für eine ganze Konfi-Gruppe.
RPI: Das interessiert uns vom RPI natürlich. Wie muss man sich Unterricht in der Kirche vorstellen?
Kirche: Ich bin überrascht. Hat sich so wenig geändert in der Pädagogik? Es erinnert mich an alte Katechismuszeiten, wie ich sie kurz nach dem Krieg erlebte. Oder auch wie die Sonntagsschule in noch früheren Zeiten. Alles sehr frontal. Die Konfis sitzen verteilt in den Bänken und werden von vorne zugetextet. Naja, manchmal dürfen sie wenigstens ein Arbeitsblatt ausfüllen.
RPI: Da muss ich mal eine Lanze für meine Kolleg*innen brechen. Die leiden da selber drunter, dass es im Moment eigentlich nur frontal geht.
Kirche: Aber das muss es doch nicht. Mit Verlaub, was macht Ihr denn da im Religionspädagogischen Institut? Zum einen könnte man ja auch einfach noch mehr Gottesdienste feiern, statt Unterricht zu machen. Ich habe gehört, Konfis sollen den Gottesdienst kennen lernen. Es wäre doch ein Gewinn, wenn sie zumindest schon mal wahrnehmen, dass Gottesdienst besser ist als Frontalunterricht. Und man kann doch zu jedem Thema der Konfi-Zeit einen Gottesdienst feiern.
RPI: Ja, schon, aber immer nur Gottesdienst? Gibt es noch andere Möglichkeiten? Was könnten wir als RPI beitragen?
Kirche: Dass es Kirchraumpädagogik gibt, muss ich Euch doch wohl nicht sagen. Überleg mal: Ich biete nicht nur genug Platz, damit größere Gruppen auf Abstand sitzen können. Die können sich auch auf Abstand durch den Raum bewegen. Masken auf und los.
RPI: Und dann?
Kirche: Ich biete doch für jedes Thema der Konfi-Zeit was an. Sieh mal auf den Altar: Mose und Johannes der Täufer. Altes und Neues Testament. Einstieg ins Thema Bibel. Und von dort lassen sich weitere biblische Themen erkunden: Die Jona-Darstellung am Taufbecken, die Inschrift auf dem alten Grabstein aus dem Johannesevangelium, das Pauluszitat an der Kanzel, direkt über den vier Evangelisten. Thema Diakonie? Entdecke in der Sakristei Klingelbeutel und Geldzählmaschine. Thema Gebet? Suche Plätze, an denen Du gut beten kannst? Ich glaube, über Themen wie Jesus Christus, Abendmahl oder Taufe müssen wir nicht extra reden.
(Die Kirche hat immer schneller und nachdrücklicher gesprochen. Das Thema scheint ihr wichtig. Jetzt schweigt sie. Unser Autor kann förmlich hören, wie sie tief Atem holt.)
RPI: Du kennst Dich ja gut aus. Sowohl in Theologie als auch in Pädagogik.
Kirche: Nun, ich bin für beides gebaut und eingerichtet. Die Menschen müssen nur verstehen, dass man diesen Raum richtig nutzen muss. Sonst lehrt man die Leute, dass ich langweilig bin. Aber wer mich erlebt, also etwas Lebendiges und Lebensnahes in mir erfährt, der kommt gelegentlich ganz gern auf mich zurück.
RPI: Ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
Kirche: Und ich danke Dir! (Wieder betont sie das Du. Unser Autor meint fast, die Kirche dabei leise lachen zu hören.)
(Das Interview führte Andreas Behr für das RPI am 22.11.2020.)
RPI: Liebe Kirche, zunächst mal ganz allgemein gefragt: Wie geht es Ihnen in dieser besonderen Zeit?
Kirche: Vorweg: Ich bevorzuge das Du als Anrede. Zu Deiner (sie betont dieses Wort) Frage: Mir geht es gar nicht so schlecht. Mir fehlt der Gesang. Dafür bin ich jetzt oft bis auf den letzten Platz gefüllt – jedenfalls bis auf den letzten zulässigen Platz. Die Menschen müssen ja Abstand halten. Insgesamt bin ich aber belebter als sonst.
RPI: Wie kommt das?
Kirche: Weil nicht so viele Menschen in einem Gottesdienst zusammenkommen können, gibt es mehr Gottesdienste als sonst. Zum Beispiel Taufgottesdienste, auch mal unter der Woche. Und natürlich auch Konfi-Gottesdienste. Ja, inzwischen findet auch der Konfi-Unterricht hier statt.
RPI: Wie kam es denn dazu?
Kirche: Im Gemeindehaus sind die Räume so klein. Ich biete Platz genug für eine ganze Konfi-Gruppe.
RPI: Das interessiert uns vom RPI natürlich. Wie muss man sich Unterricht in der Kirche vorstellen?
Kirche: Ich bin überrascht. Hat sich so wenig geändert in der Pädagogik? Es erinnert mich an alte Katechismuszeiten, wie ich sie kurz nach dem Krieg erlebte. Oder auch wie die Sonntagsschule in noch früheren Zeiten. Alles sehr frontal. Die Konfis sitzen verteilt in den Bänken und werden von vorne zugetextet. Naja, manchmal dürfen sie wenigstens ein Arbeitsblatt ausfüllen.
RPI: Da muss ich mal eine Lanze für meine Kolleg*innen brechen. Die leiden da selber drunter, dass es im Moment eigentlich nur frontal geht.
Kirche: Aber das muss es doch nicht. Mit Verlaub, was macht Ihr denn da im Religionspädagogischen Institut? Zum einen könnte man ja auch einfach noch mehr Gottesdienste feiern, statt Unterricht zu machen. Ich habe gehört, Konfis sollen den Gottesdienst kennen lernen. Es wäre doch ein Gewinn, wenn sie zumindest schon mal wahrnehmen, dass Gottesdienst besser ist als Frontalunterricht. Und man kann doch zu jedem Thema der Konfi-Zeit einen Gottesdienst feiern.
RPI: Ja, schon, aber immer nur Gottesdienst? Gibt es noch andere Möglichkeiten? Was könnten wir als RPI beitragen?
Kirche: Dass es Kirchraumpädagogik gibt, muss ich Euch doch wohl nicht sagen. Überleg mal: Ich biete nicht nur genug Platz, damit größere Gruppen auf Abstand sitzen können. Die können sich auch auf Abstand durch den Raum bewegen. Masken auf und los.
RPI: Und dann?
Kirche: Ich biete doch für jedes Thema der Konfi-Zeit was an. Sieh mal auf den Altar: Mose und Johannes der Täufer. Altes und Neues Testament. Einstieg ins Thema Bibel. Und von dort lassen sich weitere biblische Themen erkunden: Die Jona-Darstellung am Taufbecken, die Inschrift auf dem alten Grabstein aus dem Johannesevangelium, das Pauluszitat an der Kanzel, direkt über den vier Evangelisten. Thema Diakonie? Entdecke in der Sakristei Klingelbeutel und Geldzählmaschine. Thema Gebet? Suche Plätze, an denen Du gut beten kannst? Ich glaube, über Themen wie Jesus Christus, Abendmahl oder Taufe müssen wir nicht extra reden.
(Die Kirche hat immer schneller und nachdrücklicher gesprochen. Das Thema scheint ihr wichtig. Jetzt schweigt sie. Unser Autor kann förmlich hören, wie sie tief Atem holt.)
RPI: Du kennst Dich ja gut aus. Sowohl in Theologie als auch in Pädagogik.
Kirche: Nun, ich bin für beides gebaut und eingerichtet. Die Menschen müssen nur verstehen, dass man diesen Raum richtig nutzen muss. Sonst lehrt man die Leute, dass ich langweilig bin. Aber wer mich erlebt, also etwas Lebendiges und Lebensnahes in mir erfährt, der kommt gelegentlich ganz gern auf mich zurück.
RPI: Ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
Kirche: Und ich danke Dir! (Wieder betont sie das Du. Unser Autor meint fast, die Kirche dabei leise lachen zu hören.)
(Das Interview führte Andreas Behr für das RPI am 22.11.2020.)