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Bild: Rainer Sturm  / pixelio.de

Rezension

Carolin Tschage
Der kindlichen Seele Raum schaffen - Seelsorge an Grundschulen
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2024, ISBN 978-3-525-70322-9
122 Seiten, 20,00 €

 

Schulseelsorge ist längst ein etabliertes Arbeitsfeld EKD-weit in allen Schulformen geworden – auch in Grundschulen. Dennoch gibt es dazu bislang wenig spezifische Seelsorge-Literatur – sieht man von Veröffentlichungen zur systemischen Arbeit in der Schule ab, die oft genau Grundschulzusammenhänge anspricht und immer die Frage im Blick hat, wie Kinder in ihrer Ganzheit gesehen und gut begleitet werden können.
Carolin Tschage, selbst Lehrkraft an einer Grundschule in Hessen und seit acht Jahren als Schulseelsorgerin an ihrer Schule tätig, hat sich jedoch m.E. als erste darangemacht, die Arbeit an Grundschulen mit dem Fokus auf Schulseelsorge zu betrachten.

Die Begründungszusammenhänge für Schulseelsorge an Grundschulen nachzulesen kann für eigene Argumentationen, z.B. der Schulleitung gegenüber, genutzt werden. Grundschulpraktiker*innen kommen dann in den Kapiteln vier und fünf auf ihre Kosten. Die Autorin nutzt für ihre Überlegungen unterschiedliche Bilderbücher, so z.B. auch den ‚Seelenvogel‘ (entlehnt aus dem gleichnamigen Buch von Michal Snuit von 1995). Er dient als Paradigma für die Seelsorge an Grundschulen. In verschiedenen Arbeitsgängen zeigt die Autorin Möglichkeiten, wie mit Grundschulkindern über Gefühle und Bedürfnisse gesprochen werden kann. Krisenhafte Situationen kommen ebenso in den Blick: Der plötzliche krankheitsbedingte Ausfall einer Klassenlehrerin wird bearbeitet, Krieg und Verunsicherung werden kindgerecht thematisiert. Das Entdecken der eigenen Ressourcen bildet den Schlussakkord dieser Gruppen- und Klassenaktionen – ein wichtiges Thema der Schulseelsorge. Das letzte Praxiskapitel „Grundschulseelsorge praktisch – Beratung in Einzelsettings“ zeigt Möglichkeiten, wie schon mit kleinen Kindern an Themen wie Verlust, Scheidungskonflikten, Trennungserfahrung oder Leistungsdruck gearbeitet werden kann mithilfe von Symbolspielen mit Tieren, Tier-Aufstellungen oder des Seelenvogels.

Doch trotz der hilfreichen Ideen wirkt es so, als sei in den Vorüberlegungen nicht ganz klar gewesen, mit welchem Ziel dieses Buch geschrieben ist: für die Etablierung einer Schulseelsorge-Praxis, zur Rechtfertigung einer Verankerung des Arbeitsfeldes Schulseelsorge auch an Grundschulen, zur Selbstvergewisserung? Da gerade der letzte Punkt viel Platz im Buch einnimmt, wird die Erwartung durch den umfassenden Titel nicht vollständig eingelöst. Dennoch kann dieses Buch bei der eigenen Standortbestimmung als Schulseelsorger*in an einer Grundschule hilfreich sein.

Bettina Wittmann-Stasch