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Bild: Rainer Sturm  / pixelio.de

Rezension

Christian Uhrig
Mit Religion Beruf gestalten?!
Materialien zum Berufsbezug im BRU
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2021
ISBN 978-3-525-70320-5
80 Seiten, 20,00 €

Religionsunterricht an Berufsbildenden Schulen steht unter Rechtfertigungsdruck, so beschreibt es Christian Uhrig zu Recht. Für die meisten Auszubildenden spielten Glaube und Kirche keine Rolle, sie hätten für sich zu einem erfüllten Leben auch ohne Spiritualität gefunden. Immer wieder würde deshalb gefragt, warum im Rahmen beruflich orientierter Bildung Religionsunterricht stattfinden müsse.

Christian Uhrig, katholischer Religionslehrer an einer BBS in Essen, außerdem Dozent an der Universität Münster und Bezirksbeauftragter für RU im Bezirk Essen, hat darauf gleich mehrere Antworten. Seine Arbeitshilfe überzeugt auch deshalb, weil sie sich nicht mit der fast als klassisch zu bezeichnenden kirchlichen Position zufriedengibt, sondern im Sinne der jungen Auszubildenden weiterdenkt: Religionsunterricht an BBS sei dann sinnvoll und ein Gewinn für die Schüler*innen, wenn es ihm gelingt, den Schüler*innen „Lebenskonzepte und Ideen“ anzubieten, „die nachvollziehbar sind und mit denen sie umgehen können.“ (6) Wie das gehen kann, beleuchtet Christian Uhrig zunächst theoretisch und dann mit vielen praktischen Beispielen. So wird er seiner eigenen Forderung gerecht, aus der religiösen Tradition eine für die Gegenwart gültige Inspiration zu schöpfen (vgl. 6). Nur dann geschehe „eine wirkliche Qualifizierung von Auszubildenden mit der Fähigkeit, in beruflichen Kontexten auch religiös kompetent zu agieren.“ (6)

Dafür bietet diese Arbeitshilfe umfangreiche Materialien, in denen der Autor den Lebenswelt- und Berufsbezug des BRU inhaltlich, methodisch und konzeptionell konsequent zu Ende denkt. Die Publikation enthält 15 Bausteine für konkrete Unterrichtsszenarien zu fünf Themenfeldern, die alle erprobt und unmittelbar im Unterricht im dualen System einsetzbar sind. Und auch wenn die Bausteine sich an den Lehrplänen des Bundeslandes NRW orientieren, so sind sie doch leicht auf niedersächsische Unterrichtsszenarien übertragbar: Es geht um die Themenfelder Gott und Mensch, Ethik, Bibel, Interreligiöser Dialog, Achtsamkeit / Spiritualität und Leben aus dem Glauben. Zu jedem Themenfeld bietet Uhrig drei Unterrichtsszenarien mit Arbeitsmaterialien, Ablaufbeschreibung und Hinweise zu möglichen Handlungsergebnissen.

Alle Bausteine enthalten einen Berufsbezug; häufig übrigens einen durchaus ungewöhnlichen und deshalb besonders gelungenen. Vielfach – und davon können alle Religionslehrkräfte an Berufsbildenden Schulen ein Lied singen – scheint im Unterricht der Bezug zur Lebenswelt künstlich oder höchstens gut gemeint. Hier nicht. Alle Arbeitsmaterialien sind zudem ansprechend gestaltet, alle Arbeitsblätter mit Bibeltexten heißen „Bible to read“ – auch wenn es zu bedauern ist, dass es dann manchmal die Volxbibel zu lesen gibt. Ob Schüler*innen diese Übersetzung tatsächlich zu schätzen wissen?

Natürlich finden sich auch in diesem Materialheft einige fast klassisch zu nennende Themen des BRU: Die Zehn Gebote im beruflichen Kontext gehören ebenso dazu wie eine typische berufliche Dilemmasituation. Doch sind auch diese Materialien gut aufbereitet und sehr gut zu verwenden. Andere Beispiele führen bewusst in Aporien und versprechen deshalb spannende Diskussionen. So fragt ein Baustein: „Soll ich als Azubi tun, was ich will?“ Ein anderer trägt den Titel „Wie viel ist ein Mensch wert?“ und initiiert eine Debatte darüber, ob man den Wert eines Menschen eigentlich beziffern kann.

Nicht immer ist völlig einleuchtend, welches Ziel Uhrig mit seinen Materialien verfolgt. So möchte er mit den Schüler*innen ein kreatives Gedankenexperiment durchführen: Wie müsste wohl eine Stellenbeschreibung aussehen, wenn Gott selbst einen Mitarbeiter (für die Firma des*der jeweiligen Auszubildenden) suchen würde. Ja, wie?, das fragt man sich in der Tat. So solle deutlich werden, so Uhrig, „welche Erwartungen Gott an seine Mitarbeiter hat.“ (12) Bloß warum ist das sinnvoll? Und in welchem Bezug steht das zum eigenen (realen) Unternehmen? Doch trüben solche Anfragen das gute Gesamtbild nur marginal.

Christian Uhrig schreibt selbst: „Mit Religion Beruf gestalten?! Das ist die Leitfrage dieses Materialhefts“ (7) – und die Antworten, die er darauf gibt, sind wirklich mehr als gelungen.

Michaela Veit-Engelmann