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Bild: Rainer Sturm  / pixelio.de

Rezension

Monika E. Fuchs, Marco Hofheinz und Nils Neumann
Unterwegs in die Fremde.
Narrative Christologie im Gespräch der Disziplinen
Kohlhammer
Stuttgart 2021
ISBN 978-3-17-038909-0
168 Seiten, 39,00 €

Die Publikation der drei Lehrstuhlinhaber*innen am Institut für Theologie der Leibniz Universität Hannover, Monika Fuchs (Religionspädagogik), Marco Hofheinz (Systematische Theologie) und Nils Neumann (Biblische Theologie), bildet „insgesamt die fruchtbare interdisziplinäre Arbeit im Institut für Theologie“ ab „und ist in mehrfacher Hinsicht das Ergebnis eines regen akademischen Gesprächs“ (7).

Worum ging und geht es in diesem akademischen Gespräch? Thematisch ging es um den theologischen Topos „Christologie“, fokussiert auf eine „narrative Christologie“, die der Einsicht folgt, „dass theologisch Wesentliches nicht nur im Modus der Lehre formuliert werden kann und sollte“ (7), sondern dabei gerade der Erzählung eine zentrale Bedeutung zukommt. Erzählungen nämlich könnten – auf ganz andere Weise als Lehrsätze – neue Perspektiven auf das Leben vermitteln, zum Handeln motivieren, Hoffnung wecken und Menschen emotional ansprechen, so begründen die drei Autor*innen im Vorwort ihren theologischen Fokus auf die narrative Christologie. Außer diesem theologischen Schwerpunkt ging es ihnen in ihrem Projekt aber auch um den disziplinenübergreifenden Austausch. So resümieren die drei am Ende, die Multiperspektivität auf die narrative Christologie habe sie in die Lage versetzt, christologische Akzente prägnanter zur Geltung zu bringen, als es einzeln mit den je disziplinären Ansätzen gelungen wäre.

In der Tat ist das vorliegende Buchprojekt ein Beleg dafür, dass Austausch und Kooperation zwischen den theologischen Fachdisziplinen sehr fruchtbar und lohnenswert sein können.

Das zeigt sich zunächst in den ersten drei Beiträgen der Publikation, in denen die drei Autor*innen jeweils einzeln aus der Perspektive ihrer Fachdisziplin heraus das Wesen und die Wirkung von Christus-Erzählungen beleuchten und dabei immer wieder auf die Beiträge der Kolleg*innen Bezug nehmen: Im ersten, bibelwissenschaftlichen Teil betrachtet Nils Neumann vier Erzählungen aus dem Markusevangelium von dem Wirken Jesu. Dabei analysiert er sowohl formal-stilistisch die narrativen Merkmale der vier ausgewählten Szenen als auch die akuten Fragen, die der Evangelist Markus darin mittels seiner Erzähltechnik bearbeitet (Wer war Jesus? Wo und für wen wirkte er? Antwort: Jesus ging immer auch „in die Fremde“!). Im zweiten, religionspädagogischen Teil reflektiert Monika Fuchs die didaktische Ausgangslage für eine narrative Christologie im schulischen Kontext (Welche Relevanz haben die christologischen Fragen nach Person und Adressaten Jesu für heutige Jugendliche? Welche curricularen Vorgaben gibt es?). Daran anknüpfend unternimmt sie den Versuch, u.a. unter Rückgriff auf die Ergebnisse Nils Neumanns, einen „didaktisch reformulierten Weg Jesu in die Fremde jugendlicher Lebenswelt“ (56) aufzuzeigen. Dabei hebt sie vor allem zwei starke Anknüpfungspunkte bei Jugendlichen heraus: das Gefühl der Einsamkeit sowie die Sehnsucht nach Anerkennung. Im dritten, systematisch-theologischen Teil schließlich fundiert Marco Hofheinz das Plädoyer für eine narrative Christologie im Kontext religiöser Bildung in der Schule, indem er dem Stellenwert biblischer Narrative in der Tradition theologischen Denken nachgeht. Dadurch gibt er dem „Weg Jesu Christi in die Fremde“ jugendlicher Lebenswelten eine theologisch begründete Kontur.

Wie lohnend die Multiperspektivität auf theologische Fragen ist, zeigt sich nach Eindruck der Rezensentin, die seit vielen Jahren als Pastorin im religionspädagogischen Bereich tätig ist, aber auch und vor allem in dem vierten, gemeinsamen Beitrag der drei Autor*innen. Hier nämlich machen die drei Autor*innen ihre fundierten Reflexionen zu einer narrativen Christologie aus ihren jeweiligen Fachdisziplinen heraus konkret fruchtbar für die Homiletik: „Christus predigen – narrativ!“ Dabei gehen sie von der These aus, „dass Narrativität nicht nur für die Religionspädagogik, sondern für die gesamte Theologie von Bedeutung ist“ (117). Damit machen sie den disziplinenübergreifenden Austausch nicht nur für die Religionspädagogik im schulischen Kontext fruchtbar, sondern schlagen die Brücke auch hinein in den genuin pastoralen Bereich der Predigt.

Aus diesem Grund bietet diese Publikation für Religionspädagog*innen an der Uni, in Schule und Gemeinde ebenso wie für Gemeindepastor*innen einen reichen Fundus an Impulsen für eine narrative Christologie, die Menschen allen Alters die „Anteilhabe“ an der „story Gottes mit uns Menschen, wie sie in Christus als der ‚praesentia Dei in Person‘ ansichtig wird“ (166), ermöglicht. Das Buch „Unterwegs in die Fremde“ ist darüber hinaus ein starker Beleg dafür, wie notwendig und fruchtbar explizit religionspädagogische Grundlagen und Perspektiven für eine lebendige Verkündigung des Evangeliums sind!

Christina Harder