Rezension
Christine Hubka und Agi Ofner
Und doch sind alle Äpfel rund … Was Judentum, Christentum und Islam gemeinsam haben. Eine besondere Familiengeschichte, Tyrolia-Verlag, Innsbruck 2. Aufl. 2021, ISBN 978-3-7022-3919-0, 32 Seiten, Hardcover, 16,95 €
Das Bilderbuch „Und doch sind alle Äpfel rund…“ stellt die (real existierende) Familie von Jonathan, genannt Jojo, vor, die multireligiöser nicht sein könnte: Jojos Mutter war einmal evangelisch, ist inzwischen aber aus der Kirche ausgetreten, sein äthiopischer Vater ist orthodox. Jojos Schwester lässt sich im Laufe der Geschichte katholisch taufen. Jojos Onkel ist Muslim, seine Tante ist katholisch, die Oma evangelisch und der Opa jüdisch. Und auch Jojos sprechender Kater Abraxas hat ganz eigene Vorstellungen von Religion, wie er immer wieder deutlich macht.
Es könnte verwirrend sein, wenn die Familie mit all den unterschiedlichen Gewohnheiten und Ansichten um Gott und die Ausübung der Religion zusammenkommt. Glücklicherweise ist es in Jojos Familie aber nicht so. Dort respektieren alle die Ansichten der anderen, und so gibt es beim Tauffest eben Wasser für alle und keinen Schweinebraten mit Klößen, obwohl das Jojos Lieblingsessen ist.
Durch Jojos zahlreiche wissbegierige und wertneutrale Fragen erfahren die Leser*innen, warum Onkel Ahmed den Schweinebraten nicht isst, Opa vor dem Besuch der Synagoge eine Kippa aufsetzt, wieso sich die Tante zum Beten hinkniet, aber Oma mit ihren Händen beim Gebet eine Schale formt; was es mit dem Bilderverbot auf sich hat und dass Gott auch eine Mutter sein kann. Vor allem aber wird Jojo klar, dass es die eine richtige Religion nicht gibt.
Dem Bilderbuch von Christine Hubka mit Illustrationen von Agi Ofner gelingt es, deutlich zu machen, dass die abrahamitischen Religionen einen gemeinsamen Ursprung und viele Gemeinsamkeiten haben. Die Autorin legt den Fokus nicht – wie sonst so oft – auf scheinbar unüberbrückbare Differenzen, sondern zelebriert Vielfalt und räumt mit Vorurteilen auf.
Durch Jojo, der übrigens keiner Religion angehört, weil er sich bei den vielen Möglichkeiten in seiner Familie einfach nicht entscheiden kann, lernen die Leser*innen Christentum, Judentum und Islam (besser) kennen. Neben der Erzählgeschichte aus der Ich-Perspektive, die sprachlich tatsächlich gut in das angegebene Lesealter ab sieben Jahren passt, runden kurze, kindegerechte Sach- und Hintergrundinformation die Textebene des Buches ab.
Auch die Bilder passen gut zur multikulturellen Geschichte und spiegeln die Vielfalt unserer Gesellschaft wider. Die Figuren wirken sympathisch, freundlich und sind im besten Sinne bunt. Jojo selbst trägt lange Haare und einen roten Pullover. Auf den Bildern lassen sich viele kleine Details entdecken, die zum Stöbern und genauem Betrachten einladen.
„Und doch sind alle Äpfel rund…“ ist ein Buch, das sich hervorragend für den Einsatz im Religionsunterricht – vor allem der Grundschule – eignet. Kinder lassen sich die Geschichte sicherlich gern vorlesen und entdecken eigene Fragen wieder. Lehrkräften kommen gewiss schon beim ersten Durchblättern viele Ideen zum Einsatz des Buches im Unterricht in den Sinn; z.B. für projektorientiertes Arbeiten oder für Forscheraufträge. Einziger Kritikpunkt ist der Titel des Buches, der Grundschüler*innen möglicherweise nicht sofort zum Griff nach dem Buch einlädt. Am Ende erklärt er sich: „In unserem Garten stehen drei Apfelbäume. Im Juni gibt es Klaräpfel. Sie sind ein bisschen mehlig. Später im Sommer dann die Gala. Sie sind wunderbar süß. Sogar im Winter können wir Äpfel ernten. Die Granny Smith sind groß, grün, hart und sehr sauer. Irgendwie schmeckt jede Sorte auf ihre Weise gut. Mit den Äpfeln geht es mir wie mit den verschiedenen Religionen. Ich kann mich nicht entscheiden, welcher mein Lieblingsapfel sein soll.“
„Gott liebt eben die Vielfalt“, weiß der sprechende Kater abschließend zu sagen. Wie schön, dass dieses Buch das ebenfalls tut.
Lena Sonnenburg