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Bild: Rainer Sturm  / pixelio.de

Gundula Rosenow: Subjektorientierte Religions­pädagogik konkret, Praxisbausteine für Schule und Gemeinde, Calwer Verlag Stuttgart 2021, ISBN 978-3-7668-4559-7, 142 Seiten, 23,95 €

Subjektorientierte Religionspädagogik konkret

Gundula Rosenow ist Lehrerin an verschiedenen Schulformen, hat aber auch als Gemeindepädagogin gearbeitet – beides im Osten des Landes, wo Religion keine Selbstverständlichkeit ist. Vor ein paar Jahren hat die Pädagogin ihr Konzept des „Individuellen Symbolisierens“ vorgelegt: Sie erarbeitet mit Schüler*innen eigene Symbolisierungen zu existenziellen Fragestellungen und bringt dann die symbolische bzw. metaphorische Sprache der Bibel und der Theologie ins Spiel. So verstehen Jugendliche, dass das Christentum kein Für-wahr-halte-Glaube ist, sondern dass Religion Sprache und Denken zur Verfügung stellt, um mit der Kontingenz des Lebens und der Erfahrung des „Geworfen-seins“ umzugehen.

Lang erwartet liegt nun ein Praxisband vor, in dem konkret gezeigt wird, wie subjektorientierte Religionspädagogik im Unterricht eingesetzt werden kann.

Im Eingangsteil stellt die Autorin auf gut 20 Seiten ihr Konzept vor. Wer ihr erstes Buch gelesen hat, findet sich schnell wieder in die Thematik ein. Wer das Buch nicht kennt, findet eine gute Zusammenfassung, die einerseits neugierig auf Details macht, andererseits aber ausreicht, um mit den folgenden Anregungen und Materialien zu arbeiten. Es kommt dem Text zugute, dass Gundula Rosenow ihren Ansatz in den letzen Jahren in vielen Fachgruppen vorgestellt und diskutiert hat. So gelingt ihr eine kompakte Darstellung, die alle Grundfragen bedenkt.

Es folgen rund 60 Methodenbausteine. Diese werden übersichtlich dargestellt, so dass schnell zu erfassen ist, welches Thema in der Stunde mit welchen Methoden und Aufgabenstellungen behandelt werden soll. Der Ablauf wird kurz beschrieben. Die Autorin kann meist konkrete Ergebnisse aus ihrem Unterricht als Erwartung zusammenstellen. Hinweise und ein Ausblick auf die Weiterarbeit schließen die Bausteine ab. Material, Kopiervorlagen und Lehrer*innen-Infos sind in ausreichendem Umfang beigefügt.

Der erste Praxisteil bietet Ideen für das individuelle Symbolisieren. Hier öffnet sich also Rosenows Spezialgebiet. Manche Bausteine lassen ahnen, dass Subjektorientierung gelegentlich zu sehr existenziellen Gesprächen mit den Schüler*innen führt, in denen Benotung dann auch einmal beiseite gelassen werden muss, weil es um persönliche Erfahrungen geht. Andere Bausteine nutzen Methoden, die man selbst auch schon mal eingesetzt hat, stellen diese aber unter die Überschrift der Subjektorientierung und geben ihnen so noch mal einen neuen Dreh. So wird die Lektüre ermutigend und tröstlich gleichermaßen: Vieles macht Lust, neue Wege in der Didaktik zu gehen; vieles zeigt, dass man schon auf einem ganz guten Weg ist.

In den folgenden Praxisteilen – Rückübersetzungen, Elementarisierungen, Wirkungsgeschichtliche Methoden und Übertragungen – zeigt Rosenow Möglichkeiten auf, wie Schüler*innen an biblische Texte und an die Systematische Theologie herangeführt werden können.

Gelegentlich stellt sich da die Frage, ob sie dabei den Jugendlichen – sie hat auch immer Konfis oder Jugendliche in der Gemeinde mit im Blick – nicht zu viel vorgibt; wobei es Nutzenden des Buches ja unbenommen bleibt, die Schüler*innen noch mehr selbst erarbeiten zu lassen. Hier mag durchscheinen, dass Rosenow in den letzten Jahren vor allem am Gymnasium gearbeitet hat.

Subjektorientierung – insbesondere an der Schule – bedeutet immer, die Schüler*innen ihre eigene Meinung bilden zu lassen und ihnen religiöse Sprache lediglich anzubieten, um eigene Sprachformen zu finden. Konkret wird dies, wenn die Jugendlichen lernen, historisch-kritisch, entmythologisierend und philosophisch unvoreingenommen auf Bibeltexte und theologische Formulierungen zu schauen. So werden biblische Zeugnisse als metaphorische Rede in den Blick genommen und theologische Formeln mit Vorsicht genossen: Statt von Gott wird dann von dem geredet, das wir Gott nennen können.

Dabei geht es Rosenow aber nie um einen bloß religionswissenschaftlichen Blick. Religionspädagogik bleibt auch in der stark subjektorientierten Form eine Didaktik, die mit und von Religion Lernerfahrungen ermöglichen will, um der eigenen Religiosität auf die Spur zu kommen, wie auch immer diese aussehen mag. Da ist es nur konsequent, dass das Buch mit zwei Segensformeln schließt, die auch im konfessionsfreien Kontext ihre Wirkung entfalten dürfen, für Schüler*innen ebenso wie für die Pädagog*innen, die gern subjektorientiert arbeiten möchten.

Andreas Behr