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Bild: Rainer Sturm  / pixelio.de

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Ulrich Riegel
Wie Religion in Zukunft unterrichten?
Zum Konfessionsbezug des Religionsunterrichts von (über-)morgen.
Kohlhammer
Stuttgart 2018
ISBN 978-3-17-034463-1
223 Seiten, 29,00 €

Wie Religion in Zukunft unterrichten? Zum Konfessionsbezug des Religionsunterrichts von (über-)morgen

Mit seiner Monografie hat Ulrich Riegel, Professor für Praktische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Siegen, eine umfassend angelegte Abhandlung nicht nur über die zukünftigen Anforderungen an den Religionsunterricht, sondern auch über dessen gegenwärtige Situation vorgelegt. In vier Kapiteln nähert sich der Autor der gesellschaftlichen Situation als Ausgangspunkt von Religionsunterricht (Kap. 1), beschreibt die gegenwärtige rechtliche Situation (Kap. 2), nimmt unter der Überschrift „Religiöse Rationalität als Bezugspunkt des Religionsunterrichts“ (Kap. 3) verschiedene (religions-) pädagogische Begründungen für Religionsunterricht in den Blick und stellt schließlich die gegenwärtigen Modelle des Religionsunterrichts dar (Kap. 4). Dies alles dient als Grundlage für den im fünften Kapitel beschriebenen Ansatz eines zukünftigen „Religions-kooperativen Religionsunterricht[s] in konfessorisch-dialogischer Perspektive“ und den im sechsten Kapitel gewagten Ausblick in die noch fernere Zukunft eines kooperativen Weltanschauungsunterrichts.

Ausgangspunkt der Argumentation Riegels ist: Auch ein Religionsunterricht, der – wie es gegenwärtig bereits der Fall ist – im Kontext von Säkularisierung, Pluralisierung und Individualisierung stattfindet, ist ein akzeptiertes Unterrichtsfach, weil er einen unverzichtbaren eigenen Zugang zur Weltdeutung leistet. Die genaue Gestalt des Religionsunterrichts muss sich jedoch an den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen orientieren. Wichtig ist dabei Riegels (zutreffende!) Erkenntnis, dass die Begründungsfiguren, die für den RU angeführt werden, nichts über seine konkrete Gestalt sagen. So ist die gegenwärtige konfessionelle Form des Religionsunterrichts keine notwendige, sondern nur eine hinreichende Bedingung für seine Durchführung. Anders gesagt: Die Bedeutung des Religionsunterrichts lässt sich vielfältig begründen, nicht jedoch die spezielle Form des konfessionellen Religionsunterrichts – die aber durch das Grundgesetz gefordert zu sein scheint.

Deshalb setzt Riegel in Aufnahme der drei gegenwärtigen Großmodelle des Religionsunterrichts – konfessionell, religionskundlich, dialogisch – einen eigenen Akzent: Der Religionsunterricht der Zukunft ist nicht konfessionell, sondern besteht aus einem religions-kooperativen Religionsunterricht mit konfessorisch-dialogischer Perspektive. Ein so angelegter Religionsunterricht „nimmt religiöse Vielfalt als Ausgangspunkt […] und zielt auf Pluralitätsfähigkeit“ (S. 153). Diese Neustrukturierung des Religionsunterrichts hätte übrigens immense Auswirkungen auf die schulische Organisation und die universitäre Ausbildung. Noch weiter geht Riegels Idee für einen Religionsunterricht von übermorgen, der in einen kooperativen Weltanschauungsunterricht münden soll: Religion wird hier zu einem frei wählbaren Zugang zu den Sinnfragen des Lebens.

Bis zu einem solchen Unterricht ist es jedoch ein weiter Weg und es erscheint fraglich, ob er wirklich bis zum Ende beschritten werden sollte. Zu Recht betont Riegel jedoch die Notwendigkeit, die gegenwärtige religiöse Heterogenität ernstzunehmen und nach der Gestaltung des Faches Religion zu fragen. Verschiedene von ihm genannte Aspekte – wie z.B. die Befähigung zum interreligiösen Austausch ebenso wie der Erwerb konfessorischer Kompetenzen – müssen unabdingbar Element auch des konfessionell angelegten Religionsunterrichts sein. Für eigene Überlegungen, wie sich diese Aspekte des RU von (über-)morgen schon heute umsetzen lassen, bietet Riegels Monografie zahlreiche fundierte Anstöße.

Michaela Veit-Engelmann