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Sehnsuchtsort Jerusalem – Sehnsuchtsraum Musik Eine musikalische Begegnung mit der Missa MELASUREJ des Asambura Ensembles

Von Silke Leonhard


Introitus: Musiker*innen ziehen in die Kirche ein und versammeln sich an unterschiedlichen Plätzen im Raum. Ein Flüstern beginnt, und um mich herum setzt ein leises, nahezu babylonisches Stimmengewirr ein, das sich nach und nach in dem Kirchenraum ausbreitet, in dessen Mitte ich sitze. „Babylonia“ heißt die Flüstermotette, die den ersten Akt in der MISSA MELASUREJ1  bildet – aufgeführt in der Apostelkirche, einer Backsteingotik-Kirche in der Hannoveraner Oststadt. Zu Beginn folgen weitere Stücke, ja, Stationen einer Messe in 16 Akten: Kyrie eleison, eine Art arabisch-lateinisches Credo, ein Hawdala (ein jüdisches Friedensgebet), ein Laudamus-Lob unterlegt mit einem arabischen Gedicht, eine Verschränkung von Gloria-Lob der Messe und abschließendem Schalom des jüdischen Kaddisch-Gebetes, ein Sufi-Gebet, Hora (hier reffen sich rezitierte Gebete vor dem klanglichen Hintergrund einer russisch-orthodox nachempfundenen Mehrstimmigkeit), Anaphora (das Bekenntnis zu einem Gott; hier begegnet gesummtes orthodoxes Dankgebet dem mehrdimensionalen „Credo in unum Deum“), Nour Al-Wpujod, Sanctus-Benedictus in einer Neufassung, Sabaoth (mit einem persischen Gedicht von Farid ad Din-e-Artar), Pax Babylonia, dem Agnus Dei, verschränkt mit Gebeten aus verschiedenen religiösen Traditionen. Inmitten der vielen orientalischen Klänge und der unterschiedlichen, gleichzeitig erklingenden Rhythmen vernehme ich mir bekannte Harmonien und klare Formen. Wo bin ich beim Hören? Ich schließe die Augen, sehe mich in Jerusalem auf einem Platz, den Blick auf die Stätten – oder doch in der Grabeskirche? Sekunden später befinde ich mich eher auf einem persischen Markt.

Ich weiß immer noch viel zu wenig über die gebeteten und gesungenen Kulturen im Judentum und Christentum; aber in dem Konzert gehe ich auf eine interreligiöse Hör-Reise.

MELASUREJ ist eine Spiegelung des Wortes JERUSALEM, im Arabischen oder im Hebräischen von rechts nach links gelesen. Für Menschen, die sich mit den drei monotheistischen Religionen befassen, stellt Jerusalem einen Sehnsuchtsort dar. Diesen Religionen geht es um den gemeinsamen Sehnsuchtsort Zion, der in den prophetischen Schriften zum Sehnsuchtsort einer futurischen Eschatologie wird: Hier werden einst alle Menschen aller Völker (und Religionen) zusammenkommen, um fortan in Frieden und Gerechtigkeit zusammenzuleben. Es wird kein Krieg und keine Gewalt mehr sein. Die biblischen Erzählungen mit Bundeslade und Tempel, die religiöse Tradition mit Klagemauer, Grabeskirche und Felsendom verheißen Jerusalem als spirituelles Zentrum von Kirchen, Synagogen, Moscheen und als einen friedvollen Ort der Begegnung. Real ist die Stadt zugleich Ort für gewalt(tät)ige Zusammenstöße und Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern, was die Hoffnung auf einen Ort des Friedens umso mehr nährt. So wie Jerusalem Stadt der Sehnsucht ist, stellt Musik einen Raum für Sehnsucht dar, der diese in sich aufsaugt und gestaltet.

Wie wunderbar, dass sich junge Musiker*in nen so ambitioniert und feinsinnig einfädeln und einstimmen, wie klug die kompositorische Neufassung! Das Asambura Ensemble hat mit der Missa MELASUREJ einen musikalischen Ort dafür geschaffen, die Sehnsucht nach Frieden und Begegnung in sich aufzunehmen und mit musikalischen Formen zu gestalten. Grundlage ist eine lateinische Messe namens Missa Papae Marcelli aus dem Jahr 1562 von Giovanni Pierluigi da Palestrina, der damit eine Form („Säule“, so der Komponist und Religionspädagoge Maximilian Guth) christlicher Kirchenmusik in der Polyphonie durchsetzen und Vokalpolyphonie in der Kirchenmusik „retten“ konnte. Die Messe war selbst schon ansatzweise polyphon. Der Komponist, Ensembleleiter, Musik- und Religionspädagoge Maximilian Guth hat sie gemeinsam mit seinen Komponistenkollegen Ehsam Ebrahimi, Justus Czaske und Abdulrahim Aljouja mit interkulturellen Klängen verbunden und zu einer „interreligiösen Messe“ umgestaltet. Die klassischen gesungenen Stücke der Messe – Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Benedictus und Agnus Dei – wurden erweitert um jüdische Gebete und Gedichte aus dem Orient; zum Gesang erklingen nun orientalische Instrumente wie Santur, ein trapezartiges Hackbrett, die Oud, eine kurzhalsige Laute, und die Daf, eine Rahmentrommel, die in einigen islamischen Traditionen zum Tragen kommen.

Man könnte die Komposition eine gelebte Erfahrungspolyphonie nennen: anders. Anders als in der europäisch klassischen Oberstruktur von einem Tempo und einem Dirigat überlagern sich hier mehrere Tempi zu einem Nebeneinander musikalischer Traditionen. Ehsan Ebrahimi z.B. gestaltet den Übergang vom vorletzten zum letzten Stück Palestrinas vom Zentralklang aus und entwickelt durch Verschiebung mit ähnlichen Gleitbewegungen eine gefühlte Mehrstimmigkeit, eine Brücke zu mehrstimmigen Klängen, die das Spektrum erweitern.

Aus meiner christlichen Perspektive notiere ich, der Genese des Stückes nachdenkend: In der Entwicklung des interreligiösen Zyklus ist selbst schon ein Übergang von der Homophonie zu Polyphonie enthalten, der nun nochmals zu einer viel größeren Vielstimmigkeit aufgebrochen wurde. Die Formen der Missa werden von allen drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam aufgegriffen, enthalten aber über ihren kultischen Gebrauch hinaus auch Traditionen unterschiedlicher musikalischer Kulturen.

Mein Hörerlebnis ist interessanterweise einen anderen Weg gegangen: Ich bin zunächst hängengeblieben und mitgereist in den fremden Klängen, die mich an andere Orte und in andere Zeiten versetzen. Mein Ohr hat in den für meine Sing- und Hörerfahrung vertrauteren Formen der Messe dann Orientierung gesucht und gefunden.


Interreligiöse Musikvermittlung – Spots auf einen Workshop

Ein Konzert allein tut es nicht. Eine Aufführung ist das Highlight, in dem alles verdichtet hörbar ist. Es braucht aber die Musikvermittlung in Verbindung mit den kulturellen und religiösen Bezügen. Maximilian Guth schildert, woran ihm liegt: Es geht um einen musikalischen Brückenbau, der Raum für Darstellung, Präsentation von unterschiedlichen musikalischen Traditionen bietet und dabei kulturelle Vielfalt darstellt, sie eigentlich eröffnet. Am musikalischen Beginn der Vermittlung steht eine prominente Melodie aus altsyrischer orthodoxer Tradition. Mit ihr werden auch musikalische Brücken gebaut und es wird für Klang und Form sensibilisiert.

Das Zentrum des interreligiösen Zyklus sieht Maximilian Guth in dem jüdischen Zur Mishelo, dem Gebet, das am Sabbat gesungen wird, und der Möglichkeit der Erfahrung seines Gebetsprinzips: Jede*r findet das individuelle Tempo, es wird nicht in liturgisch vereinbarten gemeinsamen Rhythmen gesetzt. Die Einstimmigkeit wird dann zweistimmig und läuft auseinander. Dieses Moment des Verschwimmens, sich einzubringen, sich bewusst zu reduzieren und sich in einen Klang einzuklinken, ist an sich schon eine Lern erfahrung.

Mich reizt dabei: Durch die Musik und mit ihr kommen religionspädagogische Grundfragen zum Tragen. Was ist Religion? Welcher Religion bin ich begegnet, wie begegne ich den anderen hier? Was bedeutet Begegnung, was Zugehörigkeit? Die Stimmen singender junger Menschen kommen daher nicht nur als Interpret*innen fertiger Texte zu Wort, sondern gestaltend: In der Missa MELASUREJ soll das Flüstern ihrer eigens formulierten Gebetstexte die Messe eröffnen. Momente aus einzelnen Sprachen sollen sich in einen Stimmfluss einflechten, und dann erklingt zusammen eine interkulturelle „betende Klangwolke“2, die dann in anschließenden Reflexionen Grundlage für differenzierteres Verstehen und Auseinandersetzung wird.

Für die Vorbereitung eines solchen performativen Weges recherchieren die begleitenden Musik- und Religionspädagog*innen für die Unterstützung beim Schreiben der Sehnsuchtstexte Fragen: Was ist Gott für mich? Was bedeutet mir Frieden? Was gibt mir Orientierung? Man kann auf ein Text-Repertoire zurückgreifen, aber die Produktion eigener Elemente ist intendiert.

Dazu wird mit Kindern und Jugendlichen in Kinder- und Jugendchören, Konfirmand*innen gruppen sowie in Schulklassen des 5. bis 8. Jahrgangs in Workshops mit schulischer oder gemeindlicher Anbindung oder auch in Kooperation mit einem kurdischen Verein gearbeitet. Pädagogisch tätig werden die Musikpäda go g*in nen zusammen je mit einer Lehrkraft oder Kinder- oder Jugendchorleitung. Es gibt Großworkshops mit Hauptproben am Aufführungsort; vor Ort in Schule oder Gemeinde finden Treffen mit Nachbesprechungen statt. Die gemeinsame Präsenz ist nötig, um das Vertrauen und den Klang zwischen den Profis und den Schü ler*innen aufzubauen.

Weil die beiden Musikpädagoginnen Anne Bischof und Johanna Bookmeyer und ich selbst als Gast digital per ZOOM zur Chorprobe von Chorleiterin Imke Weitz mit Kindern und Jugendlichen der Kinderkantorei und des Jugendchores St. Liborius Bremervörde zugeschaltet sind, bekomme ich die Neugier und Aufmerksamkeit dort etwas gedämpfter mit, aber eine wache Neugier ist spürbar. Ausgehend vom Konzertplakat wird der Komponist Maximilian Guth anhand eines kleinen O-Ton-Videos vorgestellt. Eine Messe als altes Stück wird bekanntgemacht. Wissen die Kinder, was MELASUREJ rückwärts lautet? Sie raten, bekommen Hilfestellung. Wo liegt Jerusalem? Eine Karte von Israel erscheint auf dem Bildschirm. Das Repertoire der religiösen Räume und Schrift kommt zum Tragen: Synagogen, Kirchen und Moscheen als Orte des Gebets. Die Bibel wird als ein wichtiger spiritueller Ort für Religion vorgestellt. Wie sich Religionen begegnen können, kann man auch in Buchstaben durch das Lesen in Sprachen von rechts nach links sehen. In diesem Ausdruck ist der Gedanke der Begegnungen mit Religionen verdichtet, die in der Musik vereint werden. Und die Kinder begegnen ihnen.

Der Filmtrailer lässt einen Eindruck nicht nur des Stückes, sondern auch der Klangatmosphäre entstehen. Wüste und Hitze, abwechselnde Instrumente – sind sie bekannt? Das Orchester in seiner Besonderheit wird nach und nach wahrgenommen. Musik kann sehr unterschiedlich tönen! Auf unseren „normalen“ Instrumenten klingt das anders, aber sie sind mit denen dieses Ensembles verwandt: Gitarre, Oud, Rahmentrommel. Da ist Friederike am Englisch Horn, Johannes am Marimbaphon, Ehsan mit den Filzklöppeln auf den Saiten der Santur, Maximilian an der Bassklarinette. Wie klingt das? Persischen Gesang vernimmt man ähnlich wie Jodeln – ein erkenntnisreicher Vergleich. Die himmlischen Klänge sind über 400 Jahre alt!

Die Gesangspädagogin hat alle im Blick und kündigt an: Wenn ihr nicht so viel zu tun habt, macht bitte schon mal Ohren und Augen auf. Wir singen das Zur Mishelo. Singen werden wir nicht sofort mit Text, sondern besser geht das Summen oder Singen auf „Lu“ oder „Du“.

Dann geht es los. Die Füße vor den Stuhl stellen, Stütze proben, Phrasen singen. Zwei verschiedene Texte auf Zetteln werden von Anne und Johanna vorgelesen. Es sind Gebete, wie z.B. Fürbitten. Worum geht es? Um Frieden. So etwas Wichtiges – man kann sich nicht vorstellen, dass Menschen sich keinen Frieden wünschen! Jede*r soll ein eigenes Friedensgebet schreiben – und dann ausprobieren: Zum Üben stellt ihr euch hin, fangt an zu lesen im eigenen Tempo. Experimentell kann man auch ganz, ganz langsam sprechen. Danach werden nach und nach alle anfangen, so dass alle durcheinander sprechen. Eine solche Sprachwolke braucht Mut, doch den finden die Kinder. Imke ermutigt. Im ZOOM sind die Äußerungen schwer zu verstehen, aber Friedens- und Bittrufe werden nach und nach lauter.

Danach wirken einige Kinder etwas ermüdet, weniger konzentriert. Zehnmal hüpfen!, ermutigt die Gesangspädagogin aus dem ZOOM, und die Kinder springen auf und hüpfen.

Dann geht es nochmal an die Reflexion: Flüstern klingt gut! Im Filmausschnitt erklärt der Komponist Maximilian: Geflüsterte Gebetstexte zeigen, wie vielfältig Religionen über Frieden sprechen. Das babylonische Stimmenwirrwarr ist ein scheinbares Durcheinander, aber wichtig ist, dass es sich dann im gemeinsamen Klang findet.

Eine zweite Form wird vorbereitet: Credo in unum deum. Latein ist eine Kirchensprache, in ihr wird bekannt: Ich glaube an einen Gott. Was meint „unum“? Ihr kennt das Spiel „UNO“ – es geht um das Einzige, also Religionen mit einem Gott. Neben dem Christentum sind Islam, Judentum gefragt, die ebenfalls einen Gott haben, der in der eigenen Sprache angerufen wird: Jahwe, Allah. Die Kinder singen auf einem Ton: Credo in unum deum.

Ein Kind meldet sich mit einer Frage: Wenn es um Glauben geht, was ist dann Aberglauben? Ich werde angesprochen und rege an: Glauben hat sehr viel mit Vertrauen zu tun. Im Aberglauben steckt ein Aber, also die Zurückhaltung, dass es zweifelhaft ist, ob der gemeinte Glauben vertrauenswürdig ist.

Nun kommt der Gegensatz: Alle beten gleichzeitig denselben Text. Im jüdischen Gottesdienst gibt es ein Gebet, dass jeder den eigenen Rhythmus allein findet. Wir bauen das Credo in unum deum zusammen mit Gebeten aus anderen Religionen im Prinzip der Gleichzeitigkeit in unterschiedlichen Geschwindigkeiten zusammen – erinnert euch an das Zur Mishelo!

Bevor der Chor mit seiner Leiterin eigenständig weiterübt, geben die beiden Musikpädagoginnen noch eine Hausaufgabe bis zum nächsten Workshop: Im Konzert beginnt Imke, eine zweite Stimme zu singen – dann wird es zweistimmig. Das Zur Mishelo kann man aber einstimmig üben. Ihr dürft üben. Und Flüstertexte – Friedenstexte – dürfen selbst geschrieben werden. Was sind das für Gebete? Lasst euch inspirieren und eigene Gedanken kommen. Auch das Credo in unum deum dürft ihr üben. Wir freuen uns auf das nächste Mal!


Verdichtungen. Schaffen.
Orientierung.
Religionspädagogische Gedanken

Interreligiöses Lernen bedeutet in der Religionspädagogik zumeist eine Form der Begegnung und des Dialogs. Formen des Gesprächs und Austauschs sind dafür vielfältig vorgesehen. Seltener spielt dabei die Ästhetik der praktischen Formen eine Rolle, in der die Schönheit des Glaubens (Fulbert Steffensky) plural zum Tragen kommt. Geprägte Form, die lebend sich entwickelt (Johann Wolfgang Goethe): Die Messe in den Formen der alten Missa und in dem Prozess des räumlich, kulturell und religiös im Interesse des Friedens erweiterten „intermusikalischen“ Zyklus verdichtet die Schönheiten der Gebete und Mystik der Religionen in der Gestalt der neuen Form. Hier setzt die Resonanzorientierung der Hörenden und Mitmusizierenden an: mit dem Zusammenwirken unterschiedlicher Komponist*innen und dem Zusammenspiel von Musiker*innen unterschiedlich kultureller Herkunft und Instrumente; mit der Öffnung für die nachwachsende Generation, eigene Sehnsucht und Hoffnung in die Verheißung der Messe produktiv einzutragen; mit dem Mut zum Aufbruch aus vertrauten in fremde Hörgewohnheiten und der Rückbindung an prägende gottesdienstlich-kirchenmusikalische Formen.

Dieses (Sich) Orientieren meint die Ausrichtung am Orient: Um sich in einer unbekannten Landschaft zurechtzufinden, waren historische Karten oft nach Jerusalem, also nach oben, ausgerichtet. Der Sehnsuchtsort im Kompass. Das Projekt rund um die Missa MELASUREJ orientiert sich am Sehnsuchtsort Jerusalem, von wo man auch schaut. Die Missa schafft einen religionspädagogisch-ästhetischen Lernraum für Interessierte allen Alters: Kinder begegnen Glaubenswelten, die Bindungen und Rückbindungen aktivieren und befragen und die eigene Suche und Orientierung in Gang bringen, ohne dass musikalische Meistervorkenntnisse erforderlich sind. Das Sprechen und Hören wird im Gesamtraum der Missa aufgenommen und integriert. Erwachsene begegnen den musikalischen Spuren der eigenen und anderen Religionskulturen und begeben sich in einen Klang raum, in dem das Inter des Interreligiösen sich in den eigenen Leib hineindrängt: Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir werd ein guter Baum, und lass mich Wurzel treiben (EG 503,14). Was würde wohl aus Paul Gerhardts Sommersehnsuchtsgesang werden, wenn er interreligiös gefärbt, gefüllt, erweitert, verändert würde – welche Resonanzen würden entstehen? Was würde mit Jochen Kleppers Adventssehnsucht O Heiland, reiß die Himmel auf (EG 7) geschehen? Könnten wir einen Schritt des Friedens gehen, wenn wir mehr miteinander aus und inter den Traditionen singen würden?3

 Dieses gemeinsame Chorprojekt der Missa MELASUREJ gibt schon im Hier und Jetzt einen Vorgeschmack auf die Sehnsuchts-Verheißung für die Zukunft. Die Performance der interreligiösen Missa wird zum Gegenstand für religionsbezogene Musikvermittlung und durch diese Weise zu einem Ort friedenspädagogischer Wahrnehmung und Orientierung. Damit ist ein neues Tor für resonanzorientierte religionspädagogische Arbeit aufgetan: Wenn Musik- und Religionspädagog*innen das Hören, ästhetische Mitgestalten und Verstehen von Formen interreligiös anregen und schulen, öffnet sich präsentisch ein verheißungsvoller pädagogischer Raum für die Begegnung der Religionen und ein friedvolles Miteinander.

Anmerkungen

  1. https://asambura-ensemble.de/missa-melasurej. Unter asambura-ensemble.de finden sich weitere Hinweise zu den Musikprojekten (11.10.21).
  2. Der jüdische Musikwissenschaftler Jascha Nemtsov hat das Prinzip der „betenden Klangwolke“ sehr gut beschrieben: https://themen.miz.org/kirchenmusik/musik-juedisches-religioeses-leben-nemtsov (30.9.21).
  3. Vgl. dazu auch das Projekt trimum.de