Ferne Länder sehen, unter Palmen liegen, Berge erklimmen und fremde Städte kennenlernen. Urlaub auf dem Campingplatz, Stockbrot backen und im See oder Meer schwimmen. Urlaub – für viele eine Selbstverständlichkeit, das Ziel ausschließlich abhängig von den persönlichen Präferenzen oder den verfügbaren Mitteln. Corona hat die Welt wieder enger werden lassen. Grenzen waren und sind geschlossen, touristische Reisen nicht zu allen Orten erwünscht. Schon vorher allerdings war die schöne bunte Welt der Reisekataloge wie ein potemkinsches Dorf nur auf der Vorderseite makellos. Ökonomische und ökologische Auswirkungen wie „Overtourism“ zeigten die Schattenseiten. Warum aber machen sich Menschen „auf den Weg“? Was suchen (und finden) sie in der Fremde? Die vorliegenden Filme sollen unterschiedliche Aspekte des Reisens und Aufbruchs, aber auch deren Auswirkungen auf Umwelt und Menschen deutlich machen.
Ich bin dann mal weg
Julia von Heinz
Deutschland 2015, Spielfilm, 89 Min.
empfohlen ab 14 Jahren
Der deutsche Entertainer Hape Kerkeling zweifelt zunehmend am Sinn seiner Arbeit und seiner Lebensziele. Kurzfristig nimmt er sich ein halbes Jahr frei, um auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela zu wandern. Schnell gerät er dabei an körperliche und mentale Grenzen. Humorvoll erzählt er von seinen Erfahrungen – auch über sich selbst – und ungewöhnlichen Bekanntschaften auf dem langen Weg.
Pilgern ist keine christliche Disziplin. In allen Religionen gilt die Pilgerreise als besondere Beziehungspflege zwischen Gott und seinen Gläubigen. In Deutschland hatte das Pilgern lange einen angestaubten Ruf, den zu beseitigen nicht zuletzt der Bestseller von Hape Kerkeling und dessen Verfilmung beigetragen haben. „Mit sich selbst und auf dem Weg zu sein“ bedeutet auch, das Leben im Glauben zu hinterfragen. Das wird beim Pilgern besonders am Ende eines langen Tages sichtbar. Damit ist Pilgern sicherlich eine gute Möglichkeit, junge Menschen von der großen Schöpfung etwas leibhaftig erahnen zu lassen.
Der Film eignet sich für junge Erwachsene ab etwa 14 Jahren. Er kann als Einstieg für einen Pilgertag in der Schule oder Konfirmandenarbeit verwendet werden. Ergänzend dazu gibt es den Medien-Rucksack „Pilgern“ mit Impulsen für das Pilgern speziell für Jugendliche. Beides kann bei der Bücherei- und Medienarbeit entliehen werden.
Tschick
Fatih Akin
Deutschland 2016
Spielfilm, 93 Min.
empfohlen ab 14 Jahren
Sie sind ein ungleiches Paar: der vierzehnjährige Maik Klingenberg, der seine Sommeferien allein in der elterlichen Villa verbringt, und der russischstämmige Andrej Tschichatschow, genannt „Tschick“. Mit einem gestohlenen Lada begeben sie sich auf eine Sommerreise der ganz besonderen Art durch die ostdeutsche Provinz. Ein Roadmovie voller überraschender, teils komischer und teils tragischer Wendungen.
Was zählt im Leben? An der Schwelle zum Erwachsenensein sind es besondere Meilensteine: die erste große Liebe, Zugehörigkeit zu einer Gruppe, besondere Freundschaften – aber eben auch Einsamkeit, Ausgrenzung und die Erkenntnis, dass nicht alles toll ist, nur weil man jung ist. Die Literaturverfilmung des Jugendbuchklassikers von Wolfgang Herrndorf thematisiert all dies in einer rasanten Komödie ohne erhobenen Zeigefinger und ohne allzu offensichtliche pädagogische Botschaften. Die Zuschauer*innen können sich in dem Protagonisten mit Ecken und Kanten wiederentdecken und Parallelen zu ihren eigenen Erfahrungen im Erwachsenwerden ziehen.
Der Film liegt als DVD bei der Bücherei- und Medienarbeit vor.
Voluntourismus
Pia Lenz und Anna Orth
Deutschland 2013, Reportage, 8 Min.
in: DVD „Fernweh – Tourismus im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft”
empfohlen ab 16 Jahren
Für viele junge Menschen ist es ein Traum: nach der Schule eine Zeitlang im Ausland leben und arbeiten. Das sogenannte „Gap-Year“ (Gap = Lücke) wird auch gerne für freiwillige soziale Arbeit genutzt. Umso besser, wenn sich beides verbinden lässt und als fertiges Programm bereitsteht. Das Geschäft mit dem Helfen hat sich in der Tourismusindustrie als lukrativer Geschäftszweig etabliert. Junge Menschen (oder ihre Eltern) investieren dafür viel Geld. In der kurzen Dokumentation kommen junge Freiwillige, Veranstalter und die Direktorin einer Schule in Ghana zu Wort. Sie berichten von positiven Erlebnissen, aber auch von Missverständnissen und Enttäuschungen.
Denn wer profitiert letztendlich vom „Voluntourismus”? Die Kinder einer ghanaischen Schule, die alle drei Monate neues, nicht qualifiziertes Betreuungspersonal bekommen? Oder doch die jungen Menschen aus reichen Ländern, die ihren Lebenslauf anschließend mit „Social Work“ schmücken können?
Der Film bietet Einblicke, welche Formen der Freiwilligenarbeit im Ausland möglich sind und welche Motive Jugendliche, Anbieter und Partnerorganisationen haben. Die DVD „Fernweh”, bestehend aus sechs Dokumentarfilmen und einem Kurzspielfilm (s.u.), kann bei der Bücherei- und Medienarbeit entliehen werden.
When I grow up, I want to be a tourist
Deutschland 2005
Kurzfilm, 5 Min.
in: DVD „Fernweh – Tourismus im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft”
empfohlen ab 12 Jahren
Tourist werden, wenn er mal groß ist – für diesen Lebenstraum wird der sechsjährige John aus Gambia von seinen Freunden ausgelacht. Es gäbe schließlich keine schwarzen Touristen, so die Meinung seiner dunkelhäutigen Klassenkamerad*innen. Bilder aus einem luxuriösen Urlaubshotel zeigen später, ob John seinem Lebensziel nähergekommen ist.
Mit pittoresken Bildern wird die Diskrepanz zwischen dem Leben der Menschen in Gambia und der Scheinwelt eines touristischen Ressorts deutlich. Für Schüler*innen bietet sich der Kurzfilm an, um eigene Urlaubserfahrungen zu reflektieren. Was empfinden sie als „echt“ und „landestypisch“? Was ist nur als Illusion für die Touristen aufgebaut? Fördern Einnahmen aus dem Fremdenverkehr den ökonomischen Aufbau eines Landes? Dienen sie der Sicherung von Einkommen und dem gesellschaftlichen Aufstieg der dort lebenden Menschen? Welches Selbstbild haben Kinder, wenn der Beruf des Präsidenten oder Ministers realistischer erscheint als der eines Touristen?
Der Kurzspielfilm regt in vielerlei Hinsicht zum Gespräch und Austausch an. Er ist Teil der DVD „Fernweh – Tourismus im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Ökologie und Gesellschaft“ (s.o.).
Motorcycle Woman
Sabiha Sumar
Deutschland/Pakistan 2019
Dokumentarfilm 34 Min.
empfohlen ab 16 Jahren
Sprache: Urdu mit deutschen Untertiteln
„Hier in Pakistan bringen wir unseren Frauen viel Respekt entgegen. Und da passt es einfach nicht. Ich habe kein Problem mit Mädels, die Motorrad fahren. Aber ich finde, sie haben eine bessere Art des Transports verdient. Sei realistisch!“ – Mit diesen und ähnlichen Kommentaren versuchen Freunde, die junge Zenith von einer Reise allein mit dem Motorrad in wenig bewohnte Regionen des Himalaya-Gebirges abzuhalten. Aber Zenith, die den Traum vom Motorradfahren von ihrem verstorbenen Vater übernommen hat, ist fest entschlossen, mehr über das Leben der Frauen dort zu erfahren. Doch obgleich man ihr überall mit Respekt und Hilfsbereitschaft begegnet, darf keine der Frauen ohne Anwesenheit der Männer mit ihr sprechen.
Die kurze Dokumentation zeigt die 24-jährige Zenith, die es in Pakistan mit ihrer Motorrad-Leidenschaft zu medialer Berühmtheit gebracht hat. Die Zuschauer*innen erfahren mehr über ein Land zwischen Tradition und Moderne und über die Rolle der Frau in Pakistan. Der Film bietet sich an, um für die Lebenswirklichkeit anderer Kulturen und insbesondere die Rolle der Frauen stärker zu sensibilisieren. Gleichzeitig zeigt er auch eine besondere Form des Reisens, in der Land und Leute anders und intensiver kennengelernt werden können als in einer Hotelanlage. Der Film steht bei der Bücherei- und Medienarbeit zum Download zur Verfügung.
Donkey – ein Ausstieg für immer
Louise Bagnall
Irland 2009
Trickfilm, 6 Min.
empfohlen ab 10 Jahren
Donkey arbeitet in einem Urlaubsort. Der Esel hat den anstrengenden Job, mit Kindern auf dem Rücken den Strand entlang zu reiten. Nicht alle Kinder sind freundlich, und auch der Chef legt wenig Wert auf das Wohlbefinden seiner Angestellten. Donkey hat die Nase voll und läuft davon …
Ein Esel in Menschengestalt, ein Synonym stellvertretend für diejenigen, die für wenig Geld in Urlaubsorten für die Unterhaltung der Gäste sorgen: Erst als der Esel seine Menschenkleidung ablegt, kann er wieder er selbst sein und galoppiert auf seinen Hufen davon.
Der kurze Film ist fächerübergreifend ab etwa zehn Jahren geeignet. Empathiefähigkeit gegenüber Mitgeschöpfen, die Zusammenhänge von ökonomischem Handeln, anthropologische Erkenntnisse zum Wesen des Menschen sowie auch die christliche Sozial- und Arbeitsethik können thematisiert werden.
Umfassendes Begleit- und Arbeitsmaterial stehen auf der DVD zur Verfügung. Der Film kann bei der Bücherei- und Medienarbeit entliehen werden.