Altes Testament
Das hebräische Wort für Weisungen Thora und ein Wortstamm mit der Bedeutung von Werfen des Loses Schießen oder Erlosen eines Orakelspruchs gehören zusammen.1 Die fünf Bücher Mose, die in ihrer Einheit als Thora bezeichnet werden, tragen also bereits ein spielerisches Element im Namen. Grund genug, einmal genauer zu schauen, wo Spielen im Alten Testament vorkommt.
Die Bedeutungen von Lachen und Spielen im Allgemeinen stecken im hebräischen שתֹק. Dies kann das Spielen und Scherzen insbesondere von Kindern meinen – außerdem auch Tanzen (verbunden mit Gesang und Saitenspiel) und auch Spotten. Letzteres ist eine Tätigkeit, die als verbales Wettkampfspiel auch für sich allein stehen kann, die aber ebenso zu allen anderen Spielen gehört, in denen die Gegner sich zunächst verspotten, um dann auch körperlich in einen Wettstreit zu treten.
Dass dies in blutigen Ernst münden kann, zeigt sich in 2. Samuel 22: Zwischen den Männern von Abner und Joab kommt es zum Kampf. Abner vertritt dabei den Saul-Nachfolger Isch-Boschet, während Joab für David in den Krieg zieht. Abner schlägt ein Kampfspiel vor (V. 14, שתֹק), und so kämpfen zunächst je zwölf junge Männer jeder Seite gegeneinander. Möglicherweise wäre denkbar gewesen, dass diese Männer stellvertretend für ihre ganzen Heere gekämpft hätten: Statt eines Kampfes der Häuptlinge3 hätte es dann einen Kampf der Zwölf gegeben, der wie ein Orakel darüber bestimmt hätte, welche Seite den Sieg zugesprochen bekommt.4 Da nun aber alle 24 Kämpfer gleichzeitig sterben, ist es doch nötig, die eigentliche Schlacht zu kämpfen, um eine Entscheidung herbeizuführen.
In Sprüche 8,30-31 spricht die Weisheit von sich selbst: Sie war bei Gott schon vor der Schöpfung und hat insofern die Schöpfung von Beginn an miterlebt. Sie sagt: „Ich war seine Lust täglich und spielte (שתֹק) vor ihm allezeit; ich spielte (שתֹק) auf seinem Erdkreis und hatte meine Lust an den Menschenkindern.“ Die doppelte Bedeutung von שתֹק kann hier aufgenommen werden, indem man den zweiten Satzteil übersetzt mit „Ich tanzte auf seinem Erdenkreis“.
In Vers 32 ff. fordert die Weisheit den Menschen auf, ihr nachzufolgen und weise zu werden. Davon ausgehend, dass Gott seine Lust an der Weisheit hatte, gerade weil sie spielte und tanzte, kann angenommen werden, dass die Weisheit ihrerseits ihre Lust an den Menschenkindern hatte, weil sie in Spiel und Tanz einstimmten. Dann wäre die Aufforderung, weise zu werden, auch dahingehend zu verstehen, dass der Mensch gefordert ist, wieder zum Spiel und zum Tanz zurückzukehren.
In der Heilsprophetie ist das Kinderspiel ein Bild für die zukünftige Welt, in der das Heil wiederhergestellt ist. So heißt es etwa, die Plätze der Stadt sollen voll sein von Knaben und Mädchen, die dort spielen (שתֹק) (Sach 8,5). Ein Säugling wird spielen (שעעֹ, wörtlich „sich vergnügen“) am Loch der Otter (Jes 11,8).
Die weiteren Begriffe für das Spielen im Alten Testament beziehen sich alle auf das musikalische Spiel.
• נגך meint das Rühren der Saiten.
• שֹמע kann die Bedeutung von „hören lassen“ bzw. „schallen lassen“ haben, was mit „singen“ oder „spielen“ übersetzt werden kann.
• שכֹל meint „Erfolg haben“ oder „Einsicht gewinnen“ und kann dann übertragen auch bedeuten „kunstvoll spielen und singen“. Hier könnte durchscheinen, dass Spiele oft Darstellungen und Werbung um die Gunst bzw. den Applaus des Publikums sind.
• זמר meint zunächst „ein Instrument spielen“, dann aber auch „Gott durch Gesang und Spiel verherrlichen“. Hier rücken Kult und Spiel in greifbare Nähe.
• Ähnliches lässt auch נצח erahnen, das zum einen „hervorragend sein, dirigieren, leiten“ bedeutet, zum anderen aber auch „spielen“ und „musizieren“ (im liturgischen Sinne)5.
Das Spielen eines Instrumentes scheint grundsätzlich positiv konnotiert zu sein. Man spielt zum Tanz auf, David muntert Saul mit dem Saitenspiel auf und man lobt Gott mit der Musik.
Als Hiob sein Unglück beklagt, wird ihm die „Harfe zur Trauer“ und die „Flöte zum Weinen“. Die positiv besetzen Musikinstrumente, deren Spiel normalerweise der Freude Ausdruck verleiht, haben sich in etwas verwandelt, das Trauer und Schmerz ausdrückt. Luther übersetzt folgerichtig: Mein Harfenspiel ist zur Klage geworden und mein Flötenspiel zum Trauerlied (Hiob 30,31).
Neues Testament
Im Altgriechischen gibt es kein Wort, das verschiedene Formen des Spiels zusammenfasst. Huizinga vermutet, dass die griechische Kultur so vom Spiel durchdrungen war, dass es keinen Sinn gemacht hätte, einen übergreifenden Begriff für einzelne spielerische Handlungen zu bilden: Wenn alle Handlungen eine spielerische Komponente haben, wird man nicht einzelne Handlungen als dem Spiel zugehörig zusammenfassen.6 Man kann davon ausgehen, dass „die hellenistische Gesellschaft in allen ihren Äußerungen so durch und durch »spielhaft« eingestellt war, da[ss] das Spielhafte kaum mehr als etwas Besonderes ins Bewusstsein trat“7.
Im Neuen Testament kommen verschiedene Handlungen vor, die dem Spiel zugeordnet werden können: Es gibt Wortspiele; es wird von Tänzen berichtet und natürlich vom Instrumentenspiel.
Das Wort παίζω beschränkt sich in seiner Bedeutung auf das kindliche, um nicht zu sagen kindische Spiel. Es wird daher nie auf die ernsthaften Spiele der Erwachsenen bezogen. Bezeichnenderweise kommt es im Neuen Testament auch nur in 1. Kor. 10,7 vor, wo es den Götzendienst beschreibt: Das Volk setzte sich nieder, um zu essen und zu trinken, und stand auf, um zu tanzen (wörtlich: um zu spielen). Der Tanz ums goldene Kalb: ein Kinder-Spiel!
Tanz kann aber auch positiv konnotiert sein. Jesus bringt ein Lied ins Spiel: Wir haben euch aufgespielt und ihr habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder gesungen und ihr habt nicht geweint (Mt. 11,17). Tanzspiele haben also durchaus ihren Ort und ihre Zeit. Man kann nicht immer tanzen, und gerade das macht den Tanz zum Spiel, denn ein Spiel braucht einen Spielplatz und zeitliche Begrenzung.
Interessant mag sein, dass verspottete bzw. geschmähte Christmenschen im Denken des NT gelegentlich als ein Schauspiel (Φέατρον) bezeichnet werden können.8 Die Narren und Närrinnen um Christi willen stehen demnach auf einer Bühne und führen ein besonderes Stück auf. Baulich umgesetzt findet sich dieser Gedanke in orthodoxen Kirchen, „wo die sogenannte Ikonostasis bis ins Detail dem Bühnenaufbau eines antiken Theaters entspricht.“9
Huizinga hält vor allem das Wettkampfspiel für die griechische Kultur für bedeutsam.10
Im Neuen Testament kommt das entsprechende Wort – α’γών – bzw. dessen Wortgruppe selten vor, vor allem begegnet sie im Corpus Paulinum. Meist wird der Begriff bildhaft und übertragen verwendet.
Theologische Früchte
Zehn Jahre nach Erscheinen des „Homo Ludens“ von Johan Huizinga, dem grundlegenden Werk zur Kultur des Spiels, hat der Jesuit Hugo Rahner versucht, daran anzuknüpfen und den spielenden Menschen theologisch zu fassen.
Konsequent beschreibt er die Liturgie als „göttliches Spiel“11, wobei er bewusst in der Schwebe lässt, wie das Wort „göttlich“ hier zu verstehen ist. Ist Liturgie also ein Spiel, das Menschen für bzw. vor Gott spielen, oder bildet sich in der Liturgie das Spiel Gottes ab? Beides ist gemeint, denn nach Rahner gilt: „[W] eil Gott ein Deus vere ludens ist, mu[ss] der Mensch ein homo ludens sein.“12 Rahner kann also auch Gott als einen Spieler beschreiben.
Hellsichtig rückt Rahner das Spiel in die Nähe des Humors.13 Spiel wie Humor sind nicht das Gegenteil von Ernst, aber sie helfen dem Menschen, den Ernst des Lebens zu bewältigen; sie verweisen auf etwas Transzendentes bzw. stellen es dar. Gerade von hier aus scheint es aber schwierig, auch Gott als Spieler zu beschreiben.
Rahner geht bei seinen Überlegungen zum spielenden Gott vor allem davon aus, dass Gottes Handeln in der Schöpfung „zwar ein göttliches sinnvolles, aber in keiner Weise für Gott notwendiges Tun darstellt“14 . Allein daraus zu schließen, dass Gottes Handeln Spiel sei, scheint mir aber zu kurz gegriffen. Es gehört zwar zu einem Spiel, dass es freiwillig gespielt wird, aber nicht jede freiwillige Handlung ist deshalb Spiel.
Man wird festhalten können, dass Gott dem Spiel nicht fernsteht. Die Weisheit spielt vor ihm, und auch die Engelschöre mögen vor Gott spielen. Dass Gott selbst aber spielt, trägt eine anthropomorphe Beschreibung an ihn heran, die sich so nicht halten lässt.
Ob Gott spielt, lässt sich ebenso wenig beantworten wie die Frage, ob Gott Humor hat. Beides – Humor und Spiel – sind menschliche Kategorien, die sich wohl nicht ohne weiteres auf Gott übertragen lassen. Vielleicht sind es sogar die beiden Kategorien, welche die Ebenbildlichkeit überschreiten: Der Mensch ist nach dem Bild Gottes geschaffen, aber als homo ludens unterscheidet er sich von Gott und ist eben ganz Mensch. Das wäre nicht verwunderlich: Wenn Humor und Spiel eben helfen, die Kontingenz des Lebens zu meistern, dann sind diese beiden Kategorien nur für den Menschen sinnvoll und notwendig, weil Gott sie nicht braucht.
Beide Kategorien sind der religiösen Sphäre zugeordnet, insofern Religion ganz allgemein dazu dient, Kontingenzen zu bewältigen. Die Fragen, ob Gott spielt oder ob Gott Humor hat, sind dann genauso unsinnig wie die Frage, ob Gott religiös ist. Damit zeigt sich eine Besonderheit, die zumindest den monotheistischen Religionen gemeinsam sein dürfte – dass sie Gott eben nicht als Spieler verstehen.
Es gehört nicht zur Definition einer Religion, dieses Gottesbild auszuschließen. Über Zeus kann man beispielsweise sagen: „Wenn man den größten Gott der Griechen nicht als Spieler sieht, kann man ihn nicht verstehen.“15 Über den Gott Abrahams lässt sich das m.E. nicht sagen.
Das mindert nicht Rahners Erkenntnis, dass die Schöpfung selbst spielerische Elemente hat, in der Gottes Freude am Spiel erkennbar wird. Das Spielerische in der Schöpfung scheint inzwischen selbst von den Naturwissenschaften gesehen zu werden. So passt es jedenfalls „zu dem Bild, das Physiker, Mathematiker und Komplexitätswissenschaftler [...] über die Bedeutung des Spiels als universelles Prinzip sich selbst organisierender Systeme entwickelt haben“.16 Wobei festzuhalten bleibt, dass Gene oder Moleküle nicht spielen können, schon weil sie keinen freien Willen haben. Der Mensch kann ihre Bewegungen und Veränderungen, ihre Interaktionen aber spielerisch deuten. Und dies ist auch für die Betrachtung der Handlungen Gottes legitim. Gottes Sein kann aber nicht als das eines Spielers gedeutet werden.
Wenn Gott aber den Menschen als homo ludens geschaffen hat, gilt es herauszufinden, wo das Spiel theologisch zu bedenken ist und inwieweit religiöses Handeln den Blick für das Spiel nicht aufgeben darf.
Ist es möglich, theologische Topoi vom Spiel her zu denken und dabei einen Erkenntnisgewinn davonzutragen?
Rahner versucht, das Spiel eschatologisch fruchtbar zu machen. „Der Himmel wird ein Spiel sein“17, schreibt er und führt diesen Gedanken unter der Überschrift „Das himmlische Tanzspiel“ aus.18 Dem wird hier widersprochen. Mir scheint der Gedanke treffender, dass gerade in der Ewigkeit kein Spiel mehr sein muss. Das Leben ist Spiel, natürlich nur insofern, als der Mensch aus freien Stücken die Wahl trifft, das Leben zu spielen. Das wäre dann eine religiöse Entscheidung, weil der Mensch damit seiner Bestimmung als homo ludens zustimmen würde. Das Bekenntnis zu Gott kann also als Zustimmung zum Spiel des Lebens verstanden werden. Dann ist das Leben Spiel. Es ist freiwillig, es hat Anfang und Ende, es kann unterbrochen werden, es stellt etwas dar, wird in Gemeinschaft gespielt usw.19
Doch wenn das Leben endet, endet auch das Spiel. Der Himmel ist eben kein Spiel, auch wenn sich dort spielerische Momente finden lassen. Der Himmel mag sich gerade darin vom Leben unterscheiden, dass er nicht Spiel ist. Im Jenseits bzw. in der Ewigkeit endet das Spiel und der Ernst des Daseins bei Gott beginnt. Weil das Spiel keinen Sinn mehr hat, nicht mal in sich selbst. Der geistliche Leib (1. Kor 15,44) kann und muss nicht mehr spielen. Geschicklichkeit, Wettkampf, Kult, Theater und Glück20 spielen im Himmel keine Rolle mehr.
Es scheint aber theologische Topoi zu geben, die sich vom Spiel her entfalten lassen. Am Beispiel der Begriffe Sünde und Schuld soll das kurz gezeigt werden. So kann der Begriff des Spielverderbens den Begriff der Sünde aufschließen.
Wer ein Spiel verdirbt, macht das ganze Spiel kaputt. Es nimmt Schaden. Weil alle anderen Spieler*innen jetzt Gefahr laufen, selber auch schuldig zu werden. Der Spielverderber verstrickt andere in das Verdorbene. Die Regeln sind nichts mehr wert.
Mitspielende erfahren sich als ohnmächtig, sie können das Spiel nicht mehr beherrschen, selbst wenn sie gut darin sind. Wenn einer das Spiel verdirbt, müssen alle anderen auch Regeln verletzen. Und sie müssen, statt das Spiel weiterzuspielen, erst einmal das Spiel retten. Das Verdorbene muss wieder aus dem Spiel raus. Das wird dann besonders schwierig, wenn man den Spielverderber nicht aus dem Spiel nehmen will oder kann.
Spielverderber klingt erst einmal banal, viel zu schlicht, nicht so groß wie das Wort Sünder, eben spielerisch. Aber bei genauerer Betrachtung sind Spielverderber ähnlich wirkmächtig wie Sünder. Verderbnis hat weitreichende Folgen, zieht andere mit hinein und ist nur schwer wieder aus der Welt zu schaffen. Sie macht das Spiel kaputt – und sie macht insofern überhaupt keinen Spaß. Rede von der Sünde als Spiel-verderben, schließt neu auf, was Sünde meint.
So gesehen wäre gewissermaßen jede Sünde ein Spielverderben, aber nicht jedes Spielverderben wäre eine Sünde. Wer beim Mensch-ärgere-dich-nicht lust- und sinnlos die eigenen Spielfiguren bewegt und absichtlich immer wieder am Ziel vorbeiläuft, verdirbt zwar das Spiel, kann sich aber trösten, deswegen noch längst nicht zu sündigen.
In ähnlicher Weise können andere theologische Topoi durch die Spiel-Brille betrachtet werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass die so betriebene Theologie in sich einen spielerischen Zug trägt. Das bedeutet, dass sich hier etwas zeigen kann, dass sich im Spiel aber auch nicht alles zeigt, weil zwar alles Spiel sein mag, aber das Spiel dann doch nicht alles ist. Kurz angespielt seien folgende Topoi:
• Christliche Anthropologie kann vom homo ludens her gedacht werden. Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt, das ist die eine Seite. „Um wirklich zu spielen, mu[ss] der Mensch, solange er spielt, wieder Kind sein“21, das ist die andere Seite. So könnte der homo ludens als Kind Gottes in den Blick kommen.
• Von Gnade und Rechtfertigung ließe sich spielerisch feststellen, dass sie sich auf den Spielplätzen immer wieder zeigen. Von Spiel zu Spiel werden keine Schulden mitgenommen, alle Sünden vergeben und die Spielenden wieder in den Zustand der neugeborenen Kinder versetzt. Eine Rote Karte mag Auswirkungen auf die nächste Spielrunde haben, aber beim nächsten Spiel gilt sie eben nicht mehr. Selbst dann, wenn der*die betreffende Spieler*in kein Einsehen darin hat, dass er sie zurecht erhielt. Es reicht aus, dass er*sie grundsätzlich bereit ist, das nächste Spiel wieder nach allen Regeln zu spielen.
• Die Liebe ist als ein ernstes Spiel zu begreifen, das nicht kindisch oder kindlich, sondern erwachsen gespielt wird, weil die Liebe sich selbst genügt und keinen versteckten Sinn oder Zweck hat.22
• Das Taufbekenntnis kann, wie bereits oben erwähnt, als freiwillige Zustimmung verstanden werden, sich auf das Spiel des Lebens einzulassen.
• Die Kirche ist nicht nur als Bauwerk ein Spielplatz, sie ist spielende Kirche.23 Das Spielerische mag auch ins Amtsverständnis, zumindest aber in die Beschreibung kirchlicher Berufe hineinspielen. Haupt- und Ehrenamtliche stellen etwas dar, zeigen etwas, legen Spielregeln fest und müssen sich zugleich an Spielregeln halten usw.
• Innerhalb der Christologie wäre die Menschwerdung vom Spiel her darstellbar. Gott wird eben dadurch wahrer Mensch, dass er spielt. Jesus erzählt Gleichnisse, auch Witze24, er spielt mit Worten25 oder er malt zweckfrei in den Sand26 .
• Kirchengeschichtliche Ereignisse lassen sich als Formen des Spiels begreifen, etwa das Religionsgespräch zwischen Luther und Zwingli im Jahr 152927 , das die Form der alten Sitte des Fragegesprächs folgt – einem Spiel also.
Manche theologischen Topoi entziehen sich dem Spiel. Eine spielerische bzw. Spiel-bezogene theologia crucis lässt sich kaum denken. Am Kreuz endet jedes Spiel. Damit lässt sich das Kreuzesgeschehen kaum noch vom Spiel her deuten, wenngleich auch der Opferkult, zu dem es hier ja Bezüge gibt, wie jeder Kult aus dem Spiel stammt. Es mag auch kein Zufall sein, dass die Soldaten um Jesu Mantel spielen.28 Trotzdem lässt sich das Kreuzesgeschehen kaum aus dem Spiel heraus deuten – so wie das Spiel ohnehin nie die ganze Wahrheit ans Tageslicht bringt.
Wenn das Spiel am Kreuz endet, so beginnt es doch am Ostermorgen erneut. In der Kirchengeschichte wurde dies ganz konkret, wenn am Ostertag mit Bällen getanzt wurde, welche die aufgehende Sonne und vor allem die Osterfreude zur Darstellung brachten.29 Von hier scheint der Brauch zu stammen, eine Tanzveranstaltung als Ball zu bezeichnen.
Letztlich würde es sich lohnen, den ganzen Gottesdienst inklusive der Sakramente mit ihrer darstellenden Funktion als Spiel zu betrachten, was aber den hier vorgegebenen Rahmen sprengt.
Anmerkungen:
- Vgl. Huizinga, 93.
- Vgl. dazu auch a.a.O., 52.
- Vgl. Hüther, Quarch, 147.
- Vgl. Huizinga, 104.
- Vgl. Psalmenüberschiften „Dem Sangmeister, Musikdirigenten“.
- Vgl. Huizinga, 39f.
- A.a.O., 159.
- Vgl. 1. Kor. 4,9 (Hebr. 10,33).
- Hüther, Quarch, 137.
- Vgl. Huizinga, 84 und passim.
- Rahner, 50.
- Rahner, 26.
- Vgl. im Folgenden Rahner, 29ff, besonders auch 335.
- Rahner, 15.
- Hüther, Quarch, 44.
- A.a.O., 40.
- Rahner, 56.
- Vgl. Rahner, 59ff.
- Der Mensch ist schließlich auch homo publicus! Vgl. Gerhardt, 203ff.
- Vgl. Hüther, Quarch, 125f.
- Huizinga, 215.
- Vgl. Hüther, Quarch, 180.
- Vgl. Rahner, 44 ff.
- Z.B. Lk 18,10-13.
- Z.B. Mk 4,9.
- Johannes 8,6.8.
- Vgl. Huizinga, 127.
- Joh 19,24.
- Vgl. Rahner, 73.
- Gerhardt, Volker: Humanität. Über den Geist der Menschheit, München 2019
- Hüther, Gerald/Quarch, Christoph: Rettet das Spiel! Weil Leben mehr als Funktionieren ist, München 2018
- Huizinga, Johan: Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel, 18. Aufl., Reinbek 2001
- Rahner, Hugo: Der spielende Mensch, 12. Aufl., Einsiedeln, Frankfurt 2016