Gerechtigkeit - Filmtipps aus dem Haus kirchlicher Dienste

von Anja Klinkott

Filme zum Thema Gerechtigkeit

Wir alle wünschen uns, dass es auf der Welt gerecht(er) zugehen möge. Für gefühlte und tatsächliche Ungerechtigkeiten lassen sich viele Beispiele finden. Gerechtigkeit ist für eine Gesellschaft ein hohes Gut, denn nur mit dem Vertrauen auf gleiche und faire Behandlung aller, Schutz der Schwächeren und Sanktionen von Missbrauch lassen sich demokratische Werte wie Solidarität und Zusammenhalt erhalten und fördern.

Die nachfolgenden Spielfilme, Dokumentationen und Kurzfilme erzählen Geschichten über Geschlechter- und Generationengerechtigkeit, über soziale Teilhabe und ökologisches Handeln. Sie alle stehen auf der Medienplattform der Hannoverschen Landeskirche in der Bücherei- und Medienarbeit zur Verfügung und können unter www.medienzentralen.de/hannover heruntergeladen oder entliehen werden.


Die göttliche Ordnung
Petra Volpe
Schweiz 2016
Spielfilm 92 Minuten
empfohlen ab 14 Jahren

Die junge Hausfrau und Mutter Nora führt 1971 ein traditionelles Frauendasein in einem Schweizer Dorf. Mit Plänen für einen beruflichen Wiedereinstieg scheitert sie an Mann und Schwiegervater. Dann jedoch beginnt Nora, sich für das Frauenwahlrecht in ihrem Kanton einzusetzen. Mit dieser Entscheidung geraten das Familiengefüge und ihre Ehe erheblich ins Wanken. Doch von Noras politischen Ambitionen lassen sich auch weitere Frauen in der Umgebung anstecken, die nicht nur für gesellschaftliche und politische Gleichstellung kämpfen, sondern auch der bestehenden prüden Sexualmoral den Kampf ansagen.
Der humorvolle Spielfilm gibt einen Einblick in die Schweizer Frauenbewegung, die sich für eine politische und gesellschaftliche Gleichstellung einsetzt. Die Frage, ob tatsächlich eine „göttliche Ordnung“ hinter patriarchalen Strukturen und traditionellen Rollenbildern steht, kann ebenso thematisiert werden wie die für eine gerechtere Chancen-, Bildungs- und Ressourcenverteilung zwischen den Geschlechtern notwendigen gesellschaftlichen Strukturen.


Capernaum – Stadt der Hoffnung
Nadine Labaki
Frankreich/Libanon/USA 2018
Spielfilm 122 Minuten
empfohlen ab 14 Jahren

Vor einem Gericht in Beirut steht der erst zwölfjährige Zain als Ankläger. Er verklagt seine Eltern, weil sie ihn in eine Welt voll Vernachlässigung geboren haben. In Rückblenden wird von seiner Kindheit in einem Beiruter Armenviertel berichtet, von vielen Kindern auf zu wenig Raum, fehlenden Bildungsmöglichkeiten, früher Verantwortung und Perspektivlosigkeit. Zain will erreichen, dass der Richter seinen Eltern weitere Schwangerschaften verbietet.
Der unter anderem mit einem Oskar ausgezeichnete dokumentarisch anmutende Spielfilm der libanesischen Regisseurin Nadine Labaki widmet sich Fragen der Sozial- und Generationengerechtigkeit. Ihr Film gibt damit stellvertretend Menschen eine Stimme, die häufig übersehen werden und deren Anliegen auch bei globalen Entscheidungen keine Berücksichtigung finden.
Der Spielfilm eignet sich auch für den Einsatz im Sekundarbereich II in den Fächern Sozialkunde, Politik und Ethik. Er lädt dazu ein, über diverse Lebensperspektiven, Handlungsoptionen und Chancengleichheit zu philosophieren.


The Hate U Give
George Tillmann jr.
USA 2018
Spielfilm 128 Min
empfohlen ab 12 Jahren

Die junge farbige Starr Carter lebt mit ihrer Familie in einem Viertel von Afroamerikaner*innen, besucht aber eine Schule für fast ausschließlich reiche, weiße Schüler*innen. In beiden Lebensrealitäten ist sie gut integriert. Das ändert sich allerdings, als ihr farbiger Kindheitsfreund bei einer Polizeikontrolle vor ihren Augen erschossen wird. Starr soll als Zeugin vor Gericht für die Black-Lives-Matter-Bewegung aussagen und gerät zwischen alle Fronten. Nur mühsam findet sie heraus, wer sie sein will und wo sie steht.
Der Spielfilm nach dem gleichnamigen Roman von Angie Thomas zeigt Fragen zur sozialen Gerechtigkeit, Rassismus und dem Schutz vor Willkür staatlicher Institutionen konsequent aus der Perspektive der jungen Afroamerikanerin.
Das amerikanische Beispiel kann Jugendliche motivieren, über eigene Erfahrungen mit Alltagsrassismus in Deutschland nachzudenken. Auf Grundlage von Artikel 3 GG können Beobachtungen thematisiert werden, ob und in welcher Weise diese gesetzlichen Vorgaben im Alltag bei diversen sozialen Gruppen verzerrt oder verweigert werden.


Warum bin ich Hartz IV?
In: Aufstehen – Eine Filmreihe über Jugendarmut
Deutschland 2020
Dokumentation 10 Min.
empfohlen ab 12 Jahren

Sehr offen berichtet der 15-jährige Yannik-Pascal, was für ihn der Begriff „armutsbetroffen“ bedeutet. Seine Familie besteht aus acht Personen, und er lebt von „Hartz IV“ (heute „Bürgergel”). Der Teenager berichtet von Schikanen, aber auch von Freundschaften und von Menschen, mit denen er sich austauschen kann. Besonders berührend sind die Fürsorgegedanken gegenüber seinen Eltern.
Es erfordert großen Mut, das zu erzählen, was Yannik in knapp zehn Filmminuten aus seinem Leben preisgibt: Dass das Geld nicht immer reicht, auch nicht zum Sattwerden. Dass er die Eltern nicht mit eigenen Problemen „belasten“ mag.
Die 13 Filme der Reihe „Aufstehen“ des Wuppertaler Medienprojekts lassen Kinder und Jugendliche zu Wort kommen, die armutsbetroffen sind oder waren. Durch die Interviews und Beobachtungen geben die Filme Einblicke in die Welt dieser jungen Menschen, in die Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, und ihre Bemühungen, sich weder Würde noch Selbstachtung nehmen zu lassen.
Für Kinder und Jugendliche in Schule und Gemeinde bietet diese filmische Auseinandersetzung mit dem Thema die Gelegenheit, eigene Ansichten und Vorurteile zu hinterfragen. Zur Arbeit im Religionsunterricht bietet sich dazu das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16) an, in denen es um Leistungs- und Gerechtigkeitsprinzipien geht.


Zu gut für den Müll – Wie wir Essen retten können
WDR-Rundfunk
Deutschland 2019
Dokumentation 44 Min.
empfohlen ab 12 Jahren

Mai Thi Nguyen-Kim berichtet in der Folge „Zu gut für den Müll“ aus der Reihe „Quarks & Co“ über Lebensmittelvernichtung in Deutschland und die lokalen und globalen Auswirkungen. Die Folge beschäftigt sich mit Rechtsgrundlagen und Verbraucher*innenansprüchen, aber auch mit Beispielen, wie diese Lebensmittelverschwendung minimiert werden könnte.
Ist es gerecht, wenn Menschen nicht genug zu essen haben, während einwandfreie Lebensmittel aufgrund rechtlicher Vorgaben oder optischer Makel im Müll landen? Was kann jede*r Einzelne von uns tun, um den ökologischen Fußabdruck beim Kauf und Verzehr von Lebensmitteln so gering wie möglich zu halten? Anhand der kurzen Dokumentation lassen sich Verteilungs- und Sozialgerechtigkeit und der im Film präsentierten Lösungsvorschläge thematisieren. Eventuell bietet sich mit dem Film auch ein Schülerprojekt mit dem lokalen Supermarkt an.
Bis 22.10.2024 ist die Doku auch in der ARD-Mediathek unter https://kurzlinks.de/m5bq noch verfügbar.


Auge um Auge
Steve Bache, Mahyar Goudarzi, Louise Peter
Deutschland 2016
Animationsfilm 5 Min.
empfohlen ab 16 Jahren

Der Amerikaner Frederic Baer sitzt nach dem Mord an einer jungen Mutter und ihrer kleinen Tochter im Gefängnis und wartet seit über einem Jahrzehnt auf seine Hinrichtung. In der kurzen Animation berichtet er aus seinem Leben, seiner Kindheit und seinem Abgleiten in die Kriminalität. Sein eigenes Urteil betrachtet er emotionslos.
Der Kurzfilm beeindruckt – außer durch das authentische Gespräch mit dem verurteilten Straftäter – durch die Visualisierung mittels der sogenannten Rotoskopie. In diesem Fall wurden eigene Bilder und originale Filmaufnahmen von Hand nachgezeichnet. Beides zusammen fügt sich zu einem beklemmenden Filmdokument, das Täter und Opfer gleichermaßen ein Gesicht gibt. Für Jugendliche bietet der Film Gelegenheit, über Gerechtigkeit von Strafprozessurteilen, über Schuld und Sühne, Täter und Opfer und die Todesstrafe zu diskutieren.
Der Film ist online verfügbar unter https://stevebache.de/eye-for-an-eye.


Was ist gerecht?
in: Die großen Fragen des Lebens
Sebastian Freisleder
Deutschland 2015
Trickfilm 4 Min.
empfohlen ab 8 Jahren

Drei Kinder machen einen Ausflug und haben unterschiedlich großes Gepäck dabei. Eines von ihnen ist verletzt und ein Kind ist deutlich kleiner als die beiden anderen. Wer soll nun wieviel tragen? Mit dieser und anderen Alltagsfragen zur Gerechtigkeit beschäftigt sich der kurze Trickfilm und bietet damit schon Grundschüler*innen die Möglichkeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Der Film ist einer von fünf originellen Kurzfilmen, die dazu einladen, sich mit „großen” Fragen aus Philosophie und Ethik auseinanderzusetzen. Die Filme fordern auf spielerisch-kreative Weise zu eigenständigem Denken und zur Diskussion heraus. Ergänzende Arbeitsmaterialien  enthalten methodische Anregungen für ein gelingendes (philosophisches) Gespräch, den Austausch von Argumenten sowie den Umgang mit unterschiedlichen Meinungen.