Die Besucher*innen erhalten am Eingang einen Lebkuchen oder eine kleine Tüte mit Lebkuchen unterschiedlicher Formen (Stern, Herz, Brezel).
Musik
Potpourri mit Anklängen aus „In der Weihnachtsbäckerei“
Begrüßung
Herzlich willkommen in diesem Jahr. Herzlich willkommen hier drei Tage vor Weihnachten zu der fast weihnachtlichen Campusandacht.
Viele Monate halten wir schon aus, warten wir schon, so kommt es uns manchmal vor. Leben war über weite Strecken ganz anders, wenig gemeinsam, viel auf Distanz mit Vorsicht und Sorgen, für manchen mit Ruhe. Der Raum unserer Herberge war und ist zeitweise wenig bewohnt, fühlt sich leer an und doch manchmal eng, anders.
Wir warten. Warten, dass es anders und besser kommt als erwartet.
Im Advent warten wir und gehen zugleich der Zeit und der Gestalt dessen entgegen, der versprochen hat: Siehe, ich mache alles neu, Wir erwarten das, was und den, der Heil und Leben mit sich bringt.
In diesem besonderen Jahr sind wir unter besonderen Bedingungen in dieser besonderen Kirche. Möge sie uns Raum und Herberge geben für Gedanken, Betrachtungen, Gebete und Vor-Freude. In diesem Jahr haben Sie ein Lebkuchenpäckchen für sich. Leb-Kuchen! Was mag der sein und bewirken? Während einigen vielleicht schon ein wenig Wasser im Munde zusammenläuft, halten wir Andacht – und gehen in Gedanken probeweise dem nach, was Leb-Kuchen Weihnachten sinnlich macht. Das tun wir gemeinsam auch mit Hören, Sprechen – Singen nicht, aber Lauschen, Mitsummen, wenn Sie mögen.
Allen, die an der Vorbereitung und Gestaltung der Andacht beteiligt sind, ganz herzlichen Dank.
Im Wochenspruch im Philipperbrief hört man Ermutigung: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich euch: Freuet euch! Der Herr ist nahe.”
Unsere Hilfe steht im Namen des Gottes, der da ist, der Leben schenkt. Lasst uns andenken und feiern im Namen dessen, der sein Kommen zusagt – der nahe ist.
Psalm (im Wechsel gesprochen)
Musik / Liedstrophe:
Macht hoch die Tür (EG 1)
Meditation: Zutaten des Lebkuchens
Was brauchen wir: in diesen Tagen vor Weihnachten, in dieser Zeit pandemischer Dunkelheit? Ich glaube: Energie, die uns Kraft gibt!
Die puren Power-Zutaten des Lebkuchens: Haselnüsse, Walnüsse, Mandeln, Honig oder Zucker; manchmal auch Marzipan, Eier und Mehl.
Dazu seine gepfefferte Würze: Zimt, Anis, Kardamon, Ingwer, Piment, Nelken, Muskat – je nach Rezept variiert.
Energiedichte, Kilokalorien und -joule: gut gegen den Hunger, gut in kraftlosen Zeiten; nicht gut fürs Hüftgold des Überflusses.
Würze: gut gegen Lieblosigkeit und inneren Rückzug, gut gegen Apathie.
In Belgien im 12. Jahrhundert erstmals gebacken: Als Gebäck für hungernde Menschen war der Leb-/Pfefferkuchen gedacht, insbesondere im Winter, wenn es an vielem fehlte; oft auch an allem.
Was brauchen wir: in diesen Tagen, in dieser Zeit? Ich glaube: Energie, die unsere Seele heil macht!
Die puren Power-Zutaten der geweihten Nacht, der Weihnacht: das Kind in der Krippe, in Windeln gewickelt – den Friede-Fürst und Wunder-Rat, das große Licht, das über denen hell scheint, die in der Finsternis wandeln; die Botschaft des Engels: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude. Euch ist der Heiland geboren; dazu die Würze der Vielheit bunter Bräuche: Melodien, Texte, Rezepte aus vielen Ländern und verschiedenen Zeiten, Adventskränze und -kerzen, Christbaum und Schmuck, Stollen und Lebkuchen …
Hoffnungs-Dichte der weihnachtlichen Botschaften: gut gegen den Hunger der Seele, gut in Zeiten pandemischer Kraftlosigkeit!
Würze der bunten Bräuche: gut gegen Lieblosigkeit und Inhaltsleere des puren Konsums, gut gegen emotionale Taubheit.
Lebkuchen und die Weihnacht: pure Power für Leib und Seele!
Musik / Liedstrophe:
Wie soll ich dich empfangen (EG 11)
Meditation: Form des Lebkuchens
Lebkuchen gibt es in verschiedenen Formen.
Die drei häufigsten Formen sind der Stern, das Herz und die Brezel.
Der Stern deutet hin auf den Stern von Bethlehem. Dieser Stern hat damals den Weisen aus dem Morgenland den Weg nach Bethlehem gezeigt. An diesem Stern konnten sie sich orientieren. Der Stern führte sie zum Kind in der Krippe.
Das Lebkuchen-Herz steht für die Liebe, und zwar für die Liebe Gottes zu den Menschen. Diese Liebe Gottes liegt in der Krippe. Gottes Liebe wird ein Mensch.
Die Brezelform steht für die Anbetung. Die Hirten und die Weisen aus dem Morgenland haben das Kind in der Krippe angebetet. Manche Mönche im Mittelalter haben beim Beten die Arme gekreuzt, indem sie ihre Hand auf die gegenüberliegende Schulter gelegt haben. So ist die Brezel ein Symbol für die Anbetung.
Im Kind in der Krippe kommt die Menschenliebe Gottes zu uns.
Und der Stern zeigt uns den Weg, damit auch wir es anbeten können.
Musik / Liedstrophe:
Ihr Kinderlein kommet (EG 43)
Meditation: Geschmack des Lebkuchens
Lebkuchen schmeckt nach Weihnachten.
Lebkuchen. Mmmh. (Die meisten aus dem Kaufhaus schmecken im August am besten – da sind sie frisch, jetzt manchmal schon etwas trockener.) Aber so ein echt ganz frischer Lebkuchen – mmmh. Der schmeckt.
Wie schmeckt uns das Leben? In diesem Jahr oft etwas fade, nicht so süß, wenig herzhaft, manchmal gar bitter. Diese Leere in der Zeit spüre ich auch manchmal innen – und bleibe hungrig.
Weihnachten – Verheißung, dass das Leben wieder schmecken wird. Eine Erinnerung und ein neuer Anfang dafür, Geschmack und Sinn des Lebens wiederzuentdecken.
In einem christlichen Song heißt es: „In ihm ist alles, was ich brauch – seine Fülle für meine Leere.” Der Lebkuchen – ein nahrhaftes Symbol für das Lebens-Mittel.
Da ist ein Lebkuchen genau das richtige zum schmackhaften Füllen des Leibes und Stillen des Hungers. Er hat so viele Geschmacksrichtungen in sich, die ich brauche. Zum Tee oder Kaffee ist Lebkuchen süß wie Honig – eine Grundenergie, das Süße, die Freude des Lebens lassen wir uns auf der Zunge zergehen.
Auf der Zunge und am Gaumen ist er einen Hauch salzig, aber vor allem ganz leicht scharf. Wo die Schärfe des Lebens zu schmecken ist, ist der Durst auf Leben besonders groß. Lebkuchen weckt den Durst und macht wach für Wasser des Lebens – das, was kommt, wach für den, der kommt.
Frisch schmeckt der Lebkuchen saftig – nach geballter Energie – so nahrhaft, dass sie das Leben anreichert, ihm Kraft und Saft gibt.
Lebkuchen schmeckt nach Weihnachten. Weihnachten – Verheißung und Gabe intensiven, schmackhaften Lebens.
Musik / Liedstrophe:
Wir sagen euch an den lieben Advent (EG 17)
Meditation: Dauer und Haltbarkeit des Lebkuchens
„Im Gegensatz zu knusprigem Weihnachtsgebäck schmecken Lebkuchen saftig am besten“, lese ich und begegne immer wieder ähnlichen Hinweisen: Es komme auf die richtige Aufbewahrung von Lebkuchen an, damit sie lange hervorragend schmecken. Der Lebkuchen sei eine „Dauerbackware“ und drei bis vier Monate haltbar. Doch wenn man sie nicht richtig aufbewahrt, werden sie hart.
All das lese ich und erinnere mich an ein Jahr, in dem ich Monate nach Weihnachten im Vorratsregal eine Packung Lebkuchen entdeckte.
Ich öffne die Packung – breche eine Scheibe ab – beiße hinein. Lebkuchen können hart werden!
Menschen können es auch. (Das dachte ich nicht beim ersten Bissen damals, sondern in diesen Tagen …) Und es gibt genügend Gründe dafür. Auch in diesem Jahr!
Manche tragen den Namen einer Krankheit. Manche nennen wir Sorgen. Oder Einsamkeit. Manchmal sind es die vielen kleinen, fast unauffälligen Stiche, im Dornengestrüpp der Vorwürfe, gegen die sich die Seele zu schützen versucht und hart wird.
Ich weiß noch, wie ich am Lebkuchen zu kauen hatte. Doch langsam kam der verborgene Geschmack wieder: Zimt, Kardamom, Nelken, Honig. Trotz der Härte. Monate nach dem Fest!
Was ist, frage ich mich, wenn unsere Hoffnung eher einer Dauerbackware gleicht, an der wir zu kauen haben? Was ist, wenn unser Hoffen eine Art Widerstand ist, all dem zum Trotz, was Menschen hart und starr werden lässt?
Eine Hoffnung auf deren Geschmack wir erst langsam wieder kommen, die uns wieder für sich gewinnt, wenn wir sie ausprobieren: „Ehre sei Gott in der Höhe, Frieden auf Erden, den Menschen sein Wohlgefallen“:
„Die Menschen sind unvernünftig, uneinsichtig und ichbezogen. Liebe sie trotzdem. Wenn du Gutes tust, wird man glauben, du hättest Hintergedanken. Tue trotzdem Gutes. Das Gute, das du heute tust, wird morgen vergessen sein. Tue trotzdem Gutes. Aufrichtigkeit und Freimütigkeit machen dich verwundbar. Sei trotzdem aufrichtig und freimütig.“1
(Wundern Sie sich nicht, wenn Sie am Ausgang etwas erhalten, um selbst den Geschmack der Hoffnung in eine persönliche Dauerbackware zu überführen.)
Musik / Liedstrophe:
Lobt Gott, ihr Christen (EG 27)
Fürbittengebet
nach einer Liturgie der Iona-Community (Schottland).
(Die Gebetsanliegen können durch einen Kyrie-Ruf unterbrochen werden.)
Eine*r: Lasst uns im Vertrauen vor Gott bringen.
Alle: Alle, die mit uns lachen und alle, die uns über uns selbst schmunzeln lassen.
Eine*r: Alle, um die wir weinen und alle, die aus Freude oder Trauer um uns weinen.
Alle: Alle, die sich sorgen, wir könnten einsam sein, und alle, die dafür sorgen, dass das nicht passiert.
Eine*r: Alle, die mit ihrem Leid kämpfen, die nicht aufgeben wollen und deinen Beistand suchen.
Alle: Alle, deren Kraft aufgebraucht ist und die auszubrennen drohen.
Eine*r: Alle, die auf der Flucht sind, vor Gewalt, vor Hunger, vor der Todesnähe.
Alle: Alle, die sich für andere einsetzen und dem Unrecht und der Resignation widerstehen.
Eine*r: Alle, die an ihrem Ort Wege suchen, nach deinem Willen zu leben.
Alle: Alle, für die wir heute beten wollen, und alle, die ungefragt für uns beten:
Vaterunser
Segen
Musik
Besucher*innen erhalten am Ausgang eine Tüte mit Lebkuchengewürz.
Anmerkungen:
- Kent M. Keith: Anyway: Die paradoxen Gebote – Den Sinn des Lebens finden in einer verrückten Welt. Die paradoxen Gebote anwenden für ein erfülltes Leben Übers. aus dem Amerikanischen von Hans Christian Meiser, München 2014.