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Lernen mit Kopf, Herz, Hand und Fuß Filmtipps aus der Medienarbeit im Haus kirchlicher Dienst

Anja Klinkott


Mit allen Sinnen die Welt erfassen und mit, von und an ihr lernen. Dafür gibt es viele pädagogische Ansätze. Schon lange ist Konsens, dass Wissen nicht ausschließlich kognitiv in die Köpfe von Kindern und Jugendlichen „eingetrichtert“ werden kann und soll. Auch Erwachsene müssen ihr Wissen laufend auffrischen und ergänzen; lebenslanges Lernen und Umdenken sind nicht erst in Zeiten von Krisen essenziell und überlebenswichtig geworden. Die hier vorgestellten Spiel- und Kurzfilme, Dokumentationen sowie Bilderbuchkinos zeigen, dass ganzheitliches Lernen analoge und digitale Ebenen einschließt und sowohl für sehr junge als auch für ältere Menschen ein wichtiges Thema ist.
Alle Medien und viele weitere finden Sie im Medienportal der Bücherei- und Medienarbeit im Haus kirchlicher Dienste unter www.medienarbeit.de.


Systemsprenger
Nora Fingscheidt
Deutschland 2019
Spielfilm, 120 Minuten
FKS 12, empfohlen ab 14 Jahren

Pflegefamilie, Wohngruppe, Sonderschule: Egal, wo Benni hinkommt, sie fliegt sofort wieder raus. Die wilde Neunjährige ist das, was man im Jugendamt einen „Systemsprenger“ nennt. Dabei will Benni nur wieder bei ihrer Mutter wohnen. Aber Bianca hat Angst vor ihrer unberechenbaren Tochter. Als es keinen Platz für Benni mehr zu geben scheint, versucht der Anti-Gewalt-Trainer Micha ihr zu helfen. In einer einsamen Hütte im Wald, weit weg von allen äußeren Reizen, soll das verstörte Mädchen zur Ruhe finden und einen Ausweg aus der Spirale aus Wut und Aggression.

Benni lernt in der Waldhütte ihres Betreuers, sich auf die Grundanforderungen des Lebens einzulassen und diese zu bewältigen. Lernen mit Herz, Mund und Hand.

Die Zuschauer*innen lernen ihrerseits, welche Beweggründe vermeintliche „Störenfriede“ in Klassen und Jugendgruppen haben können. Und wie sehr ganzheitliches Lernen bei der Bewältigung unterstützen kann.

Der Film eignet sich für Schüler*innen ab etwa 14 Jahren, für Erzieher*innen, Lehrkräfte sowie für alle in der Jugendarbeit tätigen Menschen zu den Themen Konfliktarbeit, Integration und Inklusion. Er kann in der Bücherei- und Medienarbeit mit umfangreichem Zusatzmaterial entliehen werden.


Alles, außer gewöhnlich
Eric Toledano, Olivier Nakache
Frankreich 2019
Spielfilm, 110 Minuten
FKS 6, empfohlen ab 14 Jahren

Joseph kann nicht alleine mit der Metro fahren; kurz vor der Brücke zieht er jedes Mal die Notbremse. Valentin trägt ganztags einen Helm, damit er sich nicht selbst verletzt … Bruno und Malik versuchen, autistischen Jugendlichen wie Joseph und Valentin eine Perspektive außerhalb des sonst üblichen Wegsperrens und Sedierens zu ermöglichen. Die Konzepte ihrer chronisch unterfinanzierten und von Schließung bedrohten Einrichtung sind dabei genauso ungewöhnlich wie die Betreuer*innen, die mit den Kindern arbeiten: Es sind junge Menschen ohne Schulabschluss und Ausbildung, häufig aus sozialen Brennpunkten von Paris.

Für die jungen Betreuer*innen bedeutet es zunächst einmal, pünktlich zu sein, schriftliche Berichte in ganzen Sätzen zu formulieren und sich auf die, häufig sehr spontanen, Bedürfnisse ihrer ungewöhnlichen Schützlinge einzustellen. Aber auch die Chance auf einen Job und bei viel Einsatz auf eine abgeschlossene Ausbildung. Ähnlich divers gestalten sich die Lernprozesse der autistischen Jugendlichen: Vom Schlittschuhlaufen, einer gemeinsamen Theateraufführung bis hin zu ersten Schritten in die Arbeitswelt werden sie individuell gefördert und begleitet.

Der Film ist eine Hommage an Stéphane Benhamou (Inspiration für die Figur des Bruno), der den Verein „Das Schweigen der Gerechten“ leitete, sowie Daoud Tatou (Inspiration für die Figur des Malik), Leiter des Vereins Le Relais IDF. Ihre Organisationen kümmern sich um autistische Kinder und Jugendliche, bemühen sich aber gleichermaßen um die soziale und berufliche Wiedereingliederung junger Menschen.
Der Film kann als DVD in der Bücherei- und Medienarbeit entliehen werden.


Mein Freund, die Giraffe
Dikkertje Dap
Niederlande 2017
Spielfilm, 71 Minuten
FSK 0 Jahre, empfohlen ab 5 Jahren

Der sechsjährige Dominik freut sich auf seine Einschulung, bis er enttäuscht feststellt, dass sein gleichaltriger bester Freund nicht mitkommen darf. Die Gründe dafür sind einfach: Raff ist ein Giraffenkalb aus dem nahegelegenen Zoo. Beide haben am gleichen Tag Geburtstag und sind unzertrennlich. Ihre Freundschaft wird durch die neuen Verpflichtungen Dominiks auf eine harte Probe gestellt. Vor allen Dingen, als der Junge auch in der Schule einen neuen Freund findet.

Die Einschulung ist für Kinder ein gewaltiger Meilenstein in ihrem Leben. Neue Regeln und Zeitabläufe strukturieren den Alltag. Manches vorher Liebgewonnene muss verändert werden. Das gilt auch für Beziehungen zu anderen Lebewesen. Der niederländische Jugendfilm zeigt am Beispiel einer fiktiven Tier-Mensch-Beziehung die Umbrüche im Leben eines Kindes bei diesem obligatorischen Schritt.

Der Film eignet sich, um Vor- und Grundschulkinder und ihre Eltern auf Veränderungen vorzubereiten, die mit der Einschulung entstehen können. Er kann aber auch im Bereich der Grundschulpädagogik eingesetzt werden, um die Perspektiven der Kinder näher zu beleuchten. Die im Film dargestellten niederländischen Lehrmethoden können als Vergleich zur deutschen Pädagogik herangezogen werden und erlauben eine Distanzierung der Zuschauenden von den Protagonisten. Der Spielfilm liegt als DVD vor und kann bei der Bücherei- und Medienarbeit entliehen werden.


Distanzunterricht.
Aus der Krise die Zukunft gestalten
Deutschland 2020
Dokumentarfilm, 26 Minuten
Infoprogramm gemäß §14 JSchG

Die Corona-Pandemie hat 2020 den Schulunterricht auf den Kopf gestellt. Zwar war bereits beschlossen, dass mit dem „DigitalPakt Schule“ vom 17. Mai 2019 verstärkt die digitale Entwicklung im Bildungsbereich gefördert werden sollte. Aber die Pandemie ließ mit den Schulschließungen dafür wenig Raum. In kürzester Zeit mussten Lehrkräfte Konzepte erstellen, um mit Schüler*innen auf Distanz in Kontakt zu bleiben, Lehrstoff zu vermitteln, Gelerntes zu überprüfen und überdies den Lernerfolg der Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen.

In der kurzen Dokumentation erzählen Bildungspolitiker*innen, Schuldirektor*innen, Lehrkräfte, Schüler*innen, aber auch Datenschutzbeauftragte von ihrer Sicht aufs Distanzlernen. In Interviews erläutern Expert*innen, wie Schulen Distanzunterricht effektiv gestalten können, welche technischen Voraussetzungen für digitale Lehr- und Lernformate erforderlich sind und wie Unterricht in der Zukunft digital gut gestaltet werden kann. Unstrittig ist bei all diesen Überlegungen, dass die erworbenen digitalen Kompetenzen auch zukünftig im Präsenzunterricht eingesetzt werden sollten.

Die Dokumentation steht bei der Bücherei- und Medienarbeit als Download zu Verfügung und eignet sich als Diskussionsgrundlage für Bildungspolitiker*innen, Schulleitungen, Lehrende sowie für den Austausch mit Eltern und Schüler*innen.


Kamishibai
Japanisches Erzähltheater
MedienLB (Starnberg)
Deutschland 2018
Dokumentarfilm 27 Minuten, Infoprogramm gemäß § 14 JSchG

Eigentlich war es ein Marketinginstrument: Süßwarenverkäufer*innen in Japan der 1920er-Jahre mussten ihre Waren mittels Fahrrad über Land transportieren und verkaufen. Um ihre (junge) Klientel zu erreichen, begannen sie, spannende Geschichten zu erzählen. Diese visualisierten sie mit Bildern auf Papier. Mangels anderer Werbemöglichkeiten war das leichte „Papiertheater“ (Kamishibai) eine gute Möglichkeit, die Kinder zum Kauf der Süßwaren zu animieren.

Die kurze Dokumentation zeigt nicht nur die Geschichte des Kamishibai, sondern auch die Vorzüge, die es bis heute insbesondere in der Elementarpädagogik hat. Das Bildtheater ist einfach in der Anwendung, leicht zu transportieren und auch selbst herzustellen. In der Grundschule lassen sich damit z. B. biblische Geschichten, aber auch Sachkundethemen vermitteln. Durch die einfache Handhabung können Kinder zu Schauspielern, Bühnenbildnerinnen und Erzählern werden. Sie erleben sich selbst als Handelnde und Kulturschaffende – ohne großen Aufwand oder Kosten.

Inzwischen ist es auch in digitaler Form (ekami) erhältlich.

Schließlich können Schüler*innen auch eigene Geschichten visualisieren und lernen auf diesem Weg erste Präsentationstechniken.

In der kurzen Dokumentation wird beispielhaft der Einsatz von Kamishibai in der KITA und in der Grundschule dargestellt. Die DVD, ein hölzernes Kamishibai-Theater sowie verschiedene Bildergeschichten können bei der Bücherei- und Medienarbeit entliehen werden.


Am Boden der Tatsachen
Monika Tenhündfeld
Deutschland 2017
Animationsfilm 4 Minuten
Empfohlen ab 10 Jahren
Lehrprogramm gemäß §14 JSchG

Nach Berechnungen des Wissenschaftlers Sainte-Laguë sei es physikalisch schlicht unmöglich, dass Hummeln fliegen können, so besagt es das Hummelparadoxon. Eine kleine Hummel, auf ihrer Suche nach Nahrung in einem Klassenzimmer gelandet, ist von dieser Erkenntnis so beeindruckt, dass ihre Flügel sie nicht mehr tragen wollen. Ratlos sitzt sie auf den Büchern. Als der Lehrer jedoch den Irrtum in den Berechnungen erläutert, kommen auch ihre Flugfähigkeiten zurück. Sie ist so überzeugt von ihrem Potenzial, dass ihr beinahe ein folgenschwerer Fehler unterläuft.

Wie stark selbsterfüllende Prophezeiungen den Lernerfolg von Schüler*innen beeinflussen können, wird Lehrenden und Lernenden in dieser kurzen Animation sehr bildlich nahegebracht. „Mädchen können kein Mathe“ und „Jungs lesen nicht gern“ sind wohl die bekanntesten Beispiele dafür. Ganzheitliches Lernen muss demzufolge nicht nur auf der kognitiven Ebene ansetzen, sondern gleichermaßen Unterbewusstes und Vorurteile mit in den Blick nehmen.

Die kurze Animation spielt aber nicht nur mit den Emotionen der Zuschauenden. Im Arbeitsmaterial finden sich auch Beispiele, wie die Flügelfläche und der Auftrieb des Insekts zu berechnen sind. So lässt sich der Film nicht nur im Religions- und Ethikunterricht zu den Themen „Eigen- und Fremdwahrnehmung“ sowie „Stärken und Schwächen“ einsetzen, sondern auch im Mathematik- und Biologieunterricht. Der Film steht im Download bei der Bücherei- und Medienarbeit bereit und kann auch per Link mit dem vorhandenen Arbeitsmaterial an Schüler*innen geschickt werden.


Matilda
Irene Iborra Rizo, Eduard Puertas Anfruns
Belgien / Frankreich / Spanien 2018
Animationsfilm, 7 Minuten
Empfohlen ab 6 Jahren
Lehrprogramm gemäß §14 JSchG

Welches Kind geht schon gerne früh schlafen? Matilda ist da keine Ausnahme: Mit Hilfe ihrer Taschenlampe entdeckt sie das verdunkelte Kinderzimmer neu. Licht und Schatten lassen aus scheinbar Vertrautem plötzlich Schreckensgestalten werden. Die Puppenanimation zeigt, wie das Mädchen durch ihr Spiel die Angst vor der Dunkelheit überwindet und der Kreativität freien Raum lässt.

Es gibt Dinge, die man selbst erleben muss und die sich nicht durch Erzählen vermitteln lassen. Die erste Nachtwanderung auf der Jugendfreizeit gehört genauso dazu wie der Sprung vom 3-Meter-Brett. Kinder lernen mit allen Sinnen, auch durch Versuch und Irrtum. Der Animationsfilm ermuntert Erwachsene, Kinder eigene Erfahrungen machen und in ihrem Tempo daran reifen und wachsen zu lassen. Er eignet sich gut für die Pädagogikausbildung sowie für Elternabende im Vor- und Grundschulbereich. Auch Kinder in der Vorschule, den ersten beiden Grundschuljahren und im Kindergottesdienst können über den Kurzfilm miteinander ins Gespräch kommen und über eigenes Erleben berichten. Der Film liegt in der Bücherei- und Medienarbeit als Download vor.


Wem gehört der Schnee?
Eine Ringparabel
Pei-Yu Chang, Antonie Schneider
Deutschland 2020
Bilderbuchkino, 5 Minuten
empfohlen ab 5 Jahren

Schnee ist selten in Jerusalem – und für die Kinder der Stadt besonders kostbar. Wenn es schneit, wollen alle möglichst viel davon besitzen. Aber wer hat den Schnee gemacht und wem gehört er? Drei Kinder gehen mit ihren Fragen und einer Handvoll Schnee zu ihren jeweiligen Glaubensvertretern: einem Rabbi, einem Priester und einem Imam. Aber als sie dort ankommen, ist der Schnee in ihren Taschen bereits geschmolzen.

Autorin Antonie Schneider behandelt dieses brisante Thema behutsam und erzählt eine Ringparabel in Anlehnung an Gotthold Ephraim Lessings Werk „Nathan der Weise“. Die Illustratorin Pei-Yu Chang entführt uns mit ihrer außergewöhnlichen Beobachtungsgabe in ein multikulturelles Jerusalem.

Lernen mit den Händen: Der Schnee schmilzt, wenn ich ihn in meine Taschen stopfe. Lernen mit Kopf und Mund: Wer ist mein Gott und wie heißt eigentlich deiner? Lernen mit dem Herzen: An vielen Dingen kann ich mich erfreuen, ohne sie zu besitzen? Für Kinder im Vor- und Grundschulalter kann diese interreligiöse Parabel eingesetzt werden im Religionsunterricht und Kindergottesdienst. Das Bilderbuchkino beinhaltet ein Bilderbuch zum Vorlesen, eine DVD mit einzelnen Bildern, einem kurzen Film und umfangreichem Arbeitsmaterial.

 

Systemsprenger
Alles ausser gewoehnlich
 Mein Freund die Giraffe
Distanzunterricht
Kamishibai
Am Boden der Tatsachen
Matilda
Wem gehoert der Schnee?