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Ran an die Kamera! Mit Konfis kreative Filmprojekte umsetzen

Von Christoph Martsch-Grunau


Einleitung

Technische Fortschritte machen es möglich: Jede*r kann einen Film drehen. Durch die Allgegenwärtigkeit von Smartphones und YouTube, Tiktok und Instagram ist die Filmproduktion wesentlich leichter geworden als noch vor zehn Jahren. Wo früher schwere Filmkameras und teure Mischpulte nötig waren, reichen heute wenige Klicks, um ein ansehnliches Video zu produzieren.

Und deswegen lohnt es sich, in der Arbeit mit Konfis mit dem Medium Film zu arbeiten. Die Filmproduktion ist eine vielseitige Methode, die alle vor und hinter der Kamera fordert und fördert. Es können neue Kompetenzen erworben werden: Schauspiel, Sprechen, Organisation, Teamwork, Effekte, Musik, Licht, Grafik, Kostüm usw. Jede*r Konfi kann sich hierbei mit den eigenen Gaben einbringen und neue entwickeln.

Filme bieten die Chance, komplexe Themen nachvollziehbar zu erschließen, denn das Medium motiviert zur Klarheit, wenn der Film in angemessener Zeit fertig werden soll. Darüber hinaus ist die Anzahl der Möglichkeiten immens, denn es gibt nicht die eine Methode „Marke Hollywood“. So können spontane Stegreif-Spiele die Barrieren senken, Auswendiglernerei vermeiden und neue Zugänge zu einem Thema bieten. Manchmal sind es eben auch (technische) Grenzen, die neue Kreativität hervorbringen.

Und nicht zuletzt: Die fertigen Ergebnisse lassen sich anderen zeigen und (mit Zustimmung der Beteiligten) weitergeben.


Rahmenbedingungen klären

Bevor es ran an die Kamera geht, sollten allerdings mit dem Vorbereitungsteam und streckenweise auch mit der Konfigruppe einige Rahmenbedingungen geklärt werden. Im Folgenden möchte ich einige Aspekte exemplarisch vorstellen.

Zunächst sollten die Konfis selbst in den Blick genommen werden (Subjekt- und Gabenorientierung): Wie ist die Gruppe zusammengesetzt? Welche Relevanz hat das Thema für das Leben der Jugendlichen? Welche Gaben bringen die Konfis mit? Wie können die Stärken (und Schwächen) der Konfis thematisiert werden? Wenn alle voneinander wissen, ist die Gruppenzusammenstellung einfacher. Introvertierte und extrovertierte Konfis können sich vor und hinter der Kamera sowie auf dem Set und in der Produktion sehr gut ergänzen, wenn sie ihre jeweiligen Fähigkeiten ausprobieren und einsetzen können.

Dann ist da die Rolle der Hauptamtlichen: Wieviel greifen sie in den Prozess ein? Es ist hilfreich, den Konfis als hauptamtliche*r „Produzent*in“ den Rücken freizuhalten sowie Rahmen und Orientierung zu bieten. „Regisseur*innen“ sollten hingegen die Jugendlichen selbst sein. Das können Hauptamtliche unterstützen, indem sie konstruktive Vorschläge zur Umsetzung anbieten, die das Ergebnis offenhalten. Filmprojekte bedeuten viel Arbeit; und der Wunsch nach einem „perfekten“ Ergebnis begleitet fast alle Mitwirkenden, sowohl Hauptamtliche als auch Konfis. Dabei sollten sich vor allem die Hauptamtlichen ihrer eigenen Ansprüche bewusst sein und sich von diesem Druck freimachen. Hilfreich ist, wenn die Konfis in ihren Kleingruppen definieren, wie für sie das gewünschte Ergebnis aussehen könnte.

Der Zeitaufwand hängt mit der Komplexität des Vorhabens zusammen. Grundsätzlich sind Videoprojekte zeitaufwändiger als andere Methoden. Durch das Medium Bild kommen viele neue Fragen auf, die sich bei einer Audioproduktion (z.B. Podcast oder Hörspiel) nicht stellen. Die Konfis sollten ein Drehbuch oder Skript vorbereiten, in dem die wichtigsten Fragen geklärt sind. Dann geht auch der Videodreh und -schnitt erheblich schneller. Die zum Einsatz kommende Technik beeinflusst ebenfalls den Zeitaufwand. Professionelles Kameraequipment setzt ebenso professionelle Schnittarbeit am PC voraus, die sehr viele Vorkenntnisse bedingt bzw. eine steile Lernkurve hat.

Filmprojekte kommen nicht ohne Technik aus. Was steht in der Gemeinde zur Verfügung? Für kleine Projekte zwischendurch muss keine Kamera gekauft werden. Die Smartphones der Konfis sind in der Regel ausreichend. Erst für hoch anspruchsvolle Projekte sind besondere Kameras nötig, die entweder gekauft oder ausgeliehen werden können. In den Fällen kann auch darüber nachgedacht werden, sich von Fachleuten unterstützen zu lassen.

Wenig Zeit und Technik müssen kein Hindernis darstellen. Ein gutes Video braucht nicht zwingend viele Schnitte oder gar Effekte. Die Konfis können eine Geschichte auch ohne Darsteller*innen, anstatt dessen mit Zeichnungen oder Knetfiguren erzählen. Weniger ist mehr!

Ich bin überzeugt, dass Konfis als Techniker*innen ihrer eigenen Filme arbeiten können. Der soziale Hintergrund beschränkt die technischen Möglichkeiten von Jugendlichen. Auch für einfache Smartphones gibt es aber viele Apps, mit denen sich erste Projekte ausprobieren lassen. Erst bei umfangreichen Projekten sollte ihnen ein PC/Mac mit Videoschnittsoftware angeboten werden. Auch hier muss nicht gleich der*die Hauptamtliche zur Maus greifen. Oft gibt es einzelne Konfis, die viel Erfahrung mitbringen oder zumindest das Interesse, sich das Wichtigste zeigen zu lassen. Bei sehr großen Projekten kann ein externes Filmteam die Gruppe unterstützen. Auch hier können sehr gut die Konfis eingebunden werden: Die Zusammenarbeit mit den Profis kann für sie eine schöne Erfahrung werden.

Last but not least müssen unbedingt die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Die Jugendlichen sind sowohl Urheber*innen ihres Werkes als auch Besitzer*innen des Rechts am eigenen Bild. Mustereinwilligungen finden sich häufig auf Webseiten der Landeskirchen. Am besten klären die Konfis innerhalb ihrer Gruppe, wie mit dem Ergebnis umgegangen wird.


Plädoyer für fröhliche Filmprojekte

Der Schwerpunkt liegt auf den konkreten Inhalten und den Zielsetzungen des Films. Was soll erzählt werden? Welche Botschaft soll vermittelt werden? Film und Thema beeinflussen sich hierbei gegenseitig. Eine gute Geschichte beeindruckt mehr als ein technisch perfektes Video. Es sollte mit kleinen Aufgaben losgehen. So können z.B. Teilgruppen jeweils einzelne Aspekte einer Bibelgeschichte bearbeiten oder den Fokus auf eine kleine Gruppe von Figuren legen. Die Arbeit aller Teilgruppen kann dann in einem Gesamtfilm zusammengesetzt oder moderiert vorgeführt werden.

•    Am besten nach dem KISS-Prinzip arbeiten: Keep it simple and stupid. Es gibt immer wieder Konfis, die dazu neigen, das „perfekte“ Ergebnis anzustreben. Andere Konfis demotiviert dieser Anspruch. In der Vorbereitung kann eine Reflexion über die eigenen Erwartungen an das Projekt Druck und Spannung aus der Gruppe nehmen. Lieber starten die Teams mit einfachen Mitteln und verfeinern diese im Verlauf des Projektes, als wenn sie sich gleich am Anfang in Details verlieren und gar kein Ergebnis erzielen.
•    Ganz viel Raum für freie Kreativität geben. Einerseits ist die Erstellung eines Drehbuches/Skriptes für den zügigen und sicheren Abschluss eines Videos wichtig, gerade für den Schnitt. Andererseits sollte den Konfis bei diesem wichtigen Element der Filmarbeit viel Freiheit gelassen werden. Das Drehbuch muss nicht von dem*der Hauptamtlichen vorgegeben werden (ggf. kann eine grobe Struktur vorgeschlagen werden). Gerade der*die Hauptamtliche muss sich kritisch die Frage stellen: Wieviel Freiheit lasse ich? Wie gehe ich mit den Entscheidungen um? Muss es unbedingt ein Produkt geben (Ergebniszwang)? Wenn sich abzeichnen sollte, dass das Projekt nicht fertig wird, sollten alle Beteiligten gemeinsam entscheiden, wie es mit dem bereits Erarbeiteten weitergehen soll.
•    Teamer*innen motivieren. Diese lassen sich gerne für konkrete Kreativprojekte begeistern. Häufig bringen sie aufgrund schulischer oder privater Vorerfahrungen bereits technische Kenntnisse mit und können diese authentisch an die Konfis weitergeben. Und wie wäre es, wenn Teamer*innen ihrerseits einen filmischen Beitrag hinzufügen?
•    Mit Sehgewohnheiten der Jugendlichen das Projekt bereichern. Viele Konfis sind mit den typischen schnellen Schnitten (sog. „Jump Cuts“) auf Plattformen wie YouTube gut vertraut. Ohne es unbedingt bewusst zu reflektieren, erleben die Konfis in ihrem alltäglichen Medienkonsum eine große Vielzahl von filmischen Mitteln. Videoakteur*innen auf YouTube, Tiktok und Instagram überbieten sich geradezu mit Themen, Ideen und Effekten. Nur so können sie im heiß umkämpften Influencermarkt auffallen. Aus diesem Reichtum können sich Konfis bedienen. Virale Videos können bspw. Inspirationen für die konkrete Umsetzung des Team-Videos geben.
•    Überlegen, ob es unbedingt ein Film sein muss. Gerade wenn größere Zweifel an der Umsetzungsfähigkeit des Projektes aufkommen, sollten in der Vorbereitung der Einheit auch andere Medien und Methoden geprüft werden. Statt einer aufwändigen Filmeinstellung kann auch eine Fotostory oder ein Fotobuch das visuelle Element aufgreifen. Das szenische Spiel ist als Liveaufführung im Gottesdienst (die ggf. gefilmt wird) technisch weniger komplex. Kommt es darauf an, eine längere Geschichte in der Einheit zu behandeln, sei davor gewarnt, dass gerade der Videoschnitt und die Produktion nach den Dreharbeiten umso länger dauern werden. Ein Podcast oder ein Hörspiel ist vom Ergebnis her nicht weniger wirkungsvoll, aber zeitlich erheblich schneller zu realisieren.


Einige konkrete Formatideen

•    Für den Beginn des Gottesdienstes ein kurzes Video produzieren (Gottesdienstportal)
•    Mit Menschen in der Gemeinde Interviews führen
•    Kurze Statements einsprechen
•    Standbilder abfilmen und zusammenstellen (Der Übergang zwischen den Standbildern kann durch Perspektivwechsel und Kamerafahrten noch interessanter werden.)
•    Eine Geschichte nicht (nur) aus „historischer“ Sicht nachspielen, sondern in eine moderne Situation übertragen (oder beide Sichtweisen ausprobieren; das sorgt bei der Präsentation für einen schönen Kontrast.)
•    Zeitrafferaufnahmen aus vielen Einzelfotos generieren (Kamera-Apps bringen diese Funktion häufig mit.)
•    Stummfilme mit Texteinblendungen und Hintergrundmusik produzieren (in Farbe oder in Schwarz-Weiß)
•    Eine Geschichte über Screenshots aus einem Chatprogramm erzählen (z.B. einen fiktiven WhatsApp-Chat zwischen Jesus und seinen Jüngern erstellen)
•    Stop-Motion-Aufnahmen mit Zeichnungen, Zetteln, Post Its oder mit Gegenständen oder Knetfiguren (Das erleichtert eine App wie Stop Motion Studio/Android.)
•    Simple-Show/Legetechniken: Es braucht nur ein Stativ, ein Smartphone, einen Tisch, Papier und Stifte.1 
•    Virtuelle Filmsets in Computerspielen wie Minecraft bauen (Anschließend wird die Geschichte mit den Spielfiguren dargestellt und das Video mitgeschnitten. Zum Abschluss wird der Film mit Sprecher*innen synchronisiert.)
•    Einen Videogottesdienst vorbereiten (Dazu entscheiden sich die Konfis in kleinen Gruppen für liturgische Stücke, die sie gestalten wollen. In Einzelteilen eignet sich das auch gut für Vorstellungsgottesdienste.)
•    Vorbereitung einer Mitmachaktion durch Konfis (Sie bitten z.B. Freund*innen oder Familienmitglieder, ihnen Videobotschaften zuzusenden. Die Aufgabe besteht darin, diese Botschaften anzuordnen und ggf. mit weiterem Material anzureichern.)
•    Abends auf Konfi-Fahrten und Freizeiten eine „Tagesschau“ mit den schönsten Erinnerungen vom Tag anbieten


Noch ein paar Tipps aus der Praxis

Damit die Konfis nicht ihr wertvolles mobiles Datenvolumen aufbrauchen, sollte ein freier WLAN-Internetzugang im Gemeindehaus oder in der Kirche angeboten werden.

Stative sorgen für gute Bildqualität und müssen nicht teuer sein. Spezielle Halterungen für Smartphones kosten nicht viel und lassen sich mit dem passenden Adapter an bestehende Fotostative oder Mikroständer montieren.

Ein einfacher Weg zum Dateiaustausch ist, die im Smartphone aufgezeichneten Videos per Chat-App an die Techniker*innen zu schicken. Darunter leiden zwar die Auflösung und die Bitrate der Dateien. Man erspart sich aber viel Zeit beim Einsammeln der Dateien. Für viele Chat-Apps wie WhatsApp oder Signal gibt es auch PC-Anwendungen. Mit diesen landen die Szenen schnell im Videoschnittprogramm.

Geeignete Videoschnittprogramme für größere Projekte sind z.B. Adobe Premiere Pro (relativ teuer) oder OpenShot (OpenSource, kostenfrei). Aber auch auf dem PC mitgelieferte Programme reichen am Anfang aus, wie z.B. die Foto-App auf Windows 10 oder iMovie auf Apple. Als Hauptamtliche*r sollte man sich mit der Software vertraut machen, um Anwendungsfragen beantworten zu können.

Webseiten für Arbeitsmaterial (im Einzelfall Lizenzrechte prüfen):
•    Fotos: unsplash.com, pixabay.com
•    Geräusche: freesound.org
•    Filmmusik: freepd.com

Einen tollen Einstieg in die Planung einer Einheit sowie viele weitere wertvolle Hinweise bietet Christian Nickel.2


Fazit

Filmprojekte mit Konfis machen Spaß! Noch nie waren Konfis so gut mit Videotechnik im Smartphone ausgestattet und der Einstieg in das Medium so leicht wie heute. Es gibt unzählige Wege, Bilder und Geschichten in Bewegung zu bringen. Das Internet und Ihre Konfis sind voller Ideen.

Daher mein letztes Plädoyer: Einfach ausprobieren, sich gemeinsam mit den Konfis auf den Weg machen und sich mit Kolleg*innen, Filmteams und Akteur*innen in Ihrer Gemeinde vernetzen! Die ersten Schritte können etwas holprig sein, aber es lohnt sich. Mit der geeigneten Methode lassen sich schnell und unkompliziert erste Ergebnisse erzielen. Deshalb: Nichts wie ran an die Kamera!

 

Anmerkungen

  1. Hier gibt Steffen Weusten, EKM, eine kleine Einführung: https://blogs.rpi-virtuell.de/praxiskonfirmandenarbeit/ 2018/05/16/die-simple-show-fuer-konfis.
  2. Christian Nickel, „Was ist dein Wunder? – Film-Projekte mit Konfirmand*innen”, in: Loccumer Pelikan, Heft 1/2019, www.rpi-loccum.de/material/pelikan/pel1-19/1-19_nickel sowie Thomas Ebinger in seinem Blog: https://thomas-ebinger.de/2018/06/filme-erstellen-mit-konfis.