Da das Thema „Vision Zukunft“ in vielen Kerncurricula in Niedersachsen verankert ist, sollen im Folgenden Filme vorgestellt werden, die sich dieser Frage auf verschiedene Weise nähern: Spielfilme, die sich mit künftigen Gesellschaftsordnungen (z. B. Dystopien) auseinandersetzen, Dokumentationen, die sich mit dem Fortschritt in Wissenschaft und Technik (u.a. Künstliche Intelligenz) befassen oder Visionen zu unterschiedlichen Zukunftsaspekten des Lebens auf unserem Planeten aufzeigen.
1984 (Nineteen Eighty-Four)
Michael Radford, Großbritanien 1984
106 Min., Spielfilm, FSK 16
Geeignet ab 16 Jahren
Nach einem verheerenden Atomkrieg ist die Welt des Jahres 1984 dreigeteilt. Das Reich Ozeanien befindet sich ständig im Krieg mit Ostasien oder Eurasien und wird von der totalitären „Partei” beherrscht, die unter Führung des omnipräsenten „Großen Bruders” jede Bewegung ihrer Untertanen verfolgt. Gefühle sind verboten, intensive zwischenmenschliche Kontakte strengstens untersagt. Winston Smith ist Teil dieser tristen, farblosen Welt. Als Mitglied der Äußeren Partei ist er ein treuer Gefolgsmann des „Großen Bruders”. Eines Tages jedoch beginnt er, am System zu zweifeln. In der Parteigenossin Julia findet er eine Gleichgesinnte. Obwohl beide sich bemühen, ihre Affäre geheim zu halten, bleibt der Regelverstoß der Gedankenpolizei nicht lange verborgen.
Der Film ist eine Literaturadaption des gleichnamigen Romans von George Orwell. Er verfasste diese Dystopie zwischen 1946 und 1948 und beschreibt darin einen totalitären Überwachungsstaat im Jahr 1984. Der Titel enthält den Zifferndreher der Jahreszahl 1948 zu 1984 als Anspielung auf eine zwar damals noch fern erscheinende, aber doch eng mit der damaligen Gegenwart verknüpfte Zukunft. Der Roman wird oft dann zitiert bzw. sein Titel oder der Name „Orwell” genannt, wenn es darum geht, staatliche Überwachungsmaßnahmen kritisch zu kommentieren oder auf Tendenzen zu einem Überwachungsstaat hinzuweisen. „Big Brother Is Watching You“.
Im „Orwell-Jahr” 1984 verfilmte der Brite Michael Radford den brisanten Stoff. Er hält sich dabei exakt an die Vorlage. Der Film spiegelt keine moderne Science-Fiction-Welt wider, sondern zeigt die Vorstellungen, die Orwell 1948 von einem künftigen Überwachungsstaat hatte. Bei Filmtipps zum Thema „Zukunft“ kommt man an diesem Klassiker nicht vorbei.
Hüter der Erinnerung – The Giver
Phillip Noyce, USA 2014
93 Min., Spielfilm, FSK 12
Geeignet ab 14 Jahren
Jonas lebt in einer scheinbar idealen Welt ohne Kriege, ohne Armut und ohne Gewalt. Doch der Preis, den die Menschen zahlen, ist hoch: Sie kennen weder Freude noch Liebe, in ihrer Gemeinschaft ist alles gleich und grau. Jonas wird von der Vorsitzenden des Ältestenrates zum neuen „Hüter der Erinnerung” ernannt. Das Wissen, das er stellvertretend für die gesamte Menschheit bewahren soll, lehrt ihn sein Amtsvorgänger. Dadurch erfährt Jonas von einer Welt der Unvollkommenheit und Aggressionen, aber auch der Liebe und Solidarität. Als er merkt, dass die neue schöne Welt der Gemeinschaft nur auf Lügen basiert, will Jonas die Menschen, die er liebt, retten.
Bei dem Spielfilm handelt es sich um eine Literaturadaption des 1993 veröffentlichten gleichnamigen Romans von Lois Lowry. Die literarische Vorlage ist stark beeinflusst von den antitotalitären Dystopien früherer Jahre, wie zum Beispiel die Konsumgesellschaft in „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley oder der Überwachungsstaat in „1984“ von George Orwell. Auch die Verfilmung versteht sich als ein vehementes Plädoyer für die Freiheit des Individuums, erzählt von der Selbstbehauptung eines Einzelnen, die eine ganze Gesellschaft verändern wird. Der Film behandelt Aspekte wie Freiheit, Individualität, Gerechtigkeit, freier Wille und Gefühle, sodass sich Jugendliche des Ausmaßes der Gründe und der Folgen einer totalitären Kontrolle in einer Gemeinschaft bewusst werden können.
Der Film ist schulartübergreifend sowohl im Unterricht der Sekundarbereiche I und II einsetzbar, als auch in der außerschulischen Bildungsarbeit. Er bietet sich auch für eine Konfirmandenfreizeit an.
Die Bestimmung – Divergent
Neil Burger, USA 2014
135 Minuten, Spielfilm, FSK 12
Geeignet ab 14 Jahren
Nach einem nicht näher spezifizierten Krieg hat sich das Chicago der Zukunft durch einen hohen Zaun vom Rest der verwüsteten Welt abgeschottet. Um den Frieden in der Überlebensgemeinschaft zu sichern, werden die Menschen auf der Basis ihrer charakterlichen Eignung in fünf Fraktionen eingeteilt. Jede Fraktion hat eine andere Bestimmung: Altruan = Selbstlosigkeit, Amite = Friedfertigkeit, Candor = Freimütigkeit, Ken = Gelehrtheit, Ferox = Furchtlosigkeit. Bis zum 16. Lebensjahr gehört man der gesellschaftlichen Gruppe der eigenen Familie an, dann muss man sich einem Eignungstest unterziehen und bekommt den passenden Platz in der Gesellschaft zugeteilt.
Die 16-jährige Tris Prior gehört zu den Jugendlichen, die sich bald für eine Kaste entscheiden müssen. Doch sie hat ein dunkles Geheimnis: Sie ist ein sogenannter „Divergent”, eine Unbestimmte. Das bedeutet, sie ist keiner der vorgesehenen Gruppen eindeutig zuzuordnen. Tris will ihre eigene Identität ergründen und sich den Fesseln dieser einheitlichen Gesellschaft entziehen. Doch eine Verschwörung ist bereits im Gange, die alle Divergents vernichten will, da sie eine Gefahr für den Zusammenhalt der Gesellschaft darstellen. Tris stürzt sich in ein Abenteuer, um die Verschwörung aufzuhalten.
Nach dem ersten Band der gleichnamigen Jugendromantrilogie von Veronika Roth. Der Film ist ein spannungsgeladenes Abenteuer in einer dystopischen Zukunft über die Eroberung von Individualität und Freiheit in einer streng reglementierten Gesellschaft. Er erinnert ein wenig an „Die Tribute von Panem“, hier ist es aber kein diktatorisches Regime, mit dem die Heldin in Konflikt gerät, sondern die subtile, strukturelle Gewalt einer Gesellschaft, die vom Individuum eine Gruppenzuordnung einfordert – eine Vision, die sehr nah an die kollektiven Zwänge jugendlicher Erlebniswelten herangebaut ist.
Der Film ist auf die Sehgewohnheiten junger Menschen ausgerichtet und wird sie auch mit seinen Themen ansprechen. Nachteilig für den unterrichtlichen Einsatz ist die Länge von 135 Minuten. Die beste Einsatzmöglichkeit besteht in der außerschulischen Jugendarbeit und während einer Konfirmandenfreizeit bzw. eines Konfirmandentages.
Zu diesem Film ist im »Pelikan« 1/2018 eine Arbeitshilfe von Kirsten Rabe erschienen.
FARD – Das zweite Gesicht
David Alapont / Luis Briceno, Frankreich 2009
Animationsfilm, 12 Min.,
FSK Lehrprogramm gemäß § 14 JuSchG
Geeignet ab 14 Jahren
Zwei Tage im Leben von Oscar, einem Büroangestellten in einer futuristischen Welt, die mit ihren glatten und runden Formen an Modelle des Designers Colani erinnert. In der Zukunft ist alles – Menschen wie Gegenstände – weiß. Auch Oscar kennt keine anderen Farben. Durch einen Zufall gerät er in den Besitz einer mysteriösen Taschenlampe, die die wahren Farben und Gesichter zeigt und Oscars Schminkschicht zerstört. Nunmehr unterscheidbar geworden, wird er von Sicherheitskräften gejagt und schließlich gestellt. Roboter stellen ihn wieder her, überdecken sein „wahres Gesicht” erneut mit der Maske seines zweiten Gesichts. Am Ende des Films sitzt Oscar wieder an seinem Arbeitsplatz.
Dieser Kurzfilm mit seinem Szenario erinnert an Science-Fiction Klassiker wie „1984“ und „Schöne neue Welt“. Ähnlich wie seine großen Vorbilder entführt FARD – Das zweite Gesicht aber nicht nur in eine Zukunftswelt, sondern übt damit gleichnishaft Kritik an technischen, gesellschaftlichen, sozialen und politischen Tendenzen und Entwicklungen der heutigen Zeit, die zu einer Instrumentalisierung des Einzelnen für die nicht zu durchschauenden Zwecke einer totalitären Gemeinschaft führen können.
Der Roman wird häufig im Deutschunterricht behandelt; dazu gibt es mehrere ausgearbeitete Unterrichtsentwürfe, die auch Anregungen für die Arbeit mit dem Film geben. Möglich wäre auch ein Vergleich zwischen der literarischen Vorlage und der Filmadaption.
Der Animationsfilm bietet viele Gesprächsanlässe, um existenzielle Grundfragen des Menschseins zu entdecken. Er ist sowohl in der schulischen (ab Sekundarbereich I) als auch in der außerschulischen Jugendarbeit gut einsetzbar. Er eignet sich auch als klassischer Vorfilm zu „1984“, „Schöne neue Welt“ oder „Hüter der Erinnerung“.
Plug & Pray
Von Computern und anderen Menschen
Jens Schanze, Deutschland/Österreich 2010
91 Minuten, Dokumentarfilm,
FSK LEHR-Programm gemäß § 14 JuSchG
Der Dokumentarfilm Plug & Pray präsentiert Errungenschaften der Robotik und wirft gleichzeitig grundsätzliche Fragen zur Ethik dieser Wissenschaft auf. Er öffnet die Tür zu den geheimen Laboratorien der künstlichen Intelligenz, taucht ein in eine Welt, in der Computertechnologie, Robotik, Biologie, Neurowissenschaft und Entwicklungspsychologie verschmelzen. Joseph Weizenbaum, Computerpionier und Kritiker der technologischen Grenzenlosigkeit, tritt an zu einem philosophischen Duell mit den Männern, die das nächste Produkt der digitalen Revolution entwickeln: den Roboter, der den Menschen ersetzen soll.
In Plug & Pray eröffnet Regisseur und Grimmepreisträger Jens Schanze einen Dialog zwischen den euphorischen Forschern und dem altersweisen Professor über die Frage, worin Menschsein eigentlich besteht. Dieser Dialog mündet schließlich in ein eindringliches Plädoyer für Humanität und die Ehrfurcht vor dem natürlichen Mysterium von Leben und Tod. Die Dokumentation zeigt ein vielschichtiges Stimmungsbild zur Technik- und Roboterforschung, wie auch eine nachhaltige Reflexion über moralische Werte und die Zerbrechlichkeit der Natur des Menschen.
Durch die humorvollen und geistreichen Kommentare des Computerpioniers Joseph Weizenbaum regt der Film zum Nachdenken über den Sinn von künstlichen Intelligenzen an und motiviert die Zuschauer*innen, Probleme der Mensch-Maschine-Kommunikation zu bewerten und die Grenzen des Einsatzes von Informatiksystemen zu beurteilen.
Der Film beschäftigt sich u.a. mit den Aspekten Menschlichkeit, Forschung und Ethik, Wissenschaft und Verantwortung, Tod und Sterben und Lebensgestaltung. Er ist schulformübergreifend einsetzbar im Religionsunterricht beider Sekundarbereiche (ab 9. Schuljahr) sowie in der außerschulischen Bildungsarbeit.
Was essen wir morgen?
Guilhem Rondot / Jean Baptiste Erreca,
Kanada 2017
129 Min., Dokumentarfilm,
FSK LEHR-Programm gemäß § 14 JuSchG
Geeignet ab 14 Jahren
Im Jahr 2050 leben knapp zehn Milliarden Menschen auf der Erde. Eine nie dagewesene Bevölkerungsdichte, die uns vor mancherlei Herausforderung stellt. Die Dokumentation widmet sich der zentralen Frage: Wie werden alle satt, ohne die Erde und ihre Lebewesen noch stärker auszubeuten? Besonders die steigende Fleischnachfrage stellt ein immenses Problem dar, denn mit ihr geht eine Steigerung der Umweltbelastung durch die Fleischindustrie einher. Für die Ernährung von morgen sind bereits heute neue Wege in Sicht. Neben Obst, Gemüse, Getreide und Fleisch gibt es Essen aus Maden und Insekten, gezüchtete Lebensmittel aus dem Labor, Pillen oder Algenfarmen unter Wasser. Forscher aus aller Welt beschäftigen sich mit den Problemen der Nahrungsbereitstellung und den damit verbundenen Umweltrisiken.
Zentrale Frage dieser Dokumentation ist: Wie können neu entdeckte Lebensmittel, Fleisch aus dem Labor oder eine ökologische Landwirtschaft helfen, Nahrungsproduktion und Umweltschutz zu verbinden? Ein interessanter und lehrreicher Film, der viele neue Einsichten in die künftige Nahrungsmittelproduktion bietet und junge Menschen motiviert, sich mit einer zentralen Frage der Zukunft auseinanderzusetzen.
Die DVD ist fraktioniert, sodass einzelne Episoden gezielt angesteuert werden können.
Ab in die Zukunft
Frankreich 2015
Drei DVDs mit insg. zehn Episoden á 51 Minuten, Dokumentarfilme,
FSK INFO-Programm gemäß § 14 JuSchG
Geeignet ab 14 Jahren
Ab in die Zukunft versucht einen Ausblick zu geben, wie das Leben auf der Erde im Jahr 2050 aussehen könnte. Die Welt verändert sich. Technologie und Wissenschaft beeinflussen unser Leben mit oft verwirrender Geschwindigkeit. Die Dokumentarreihe stellt kreative Menschen vor, die mit ihren Ideen und Visionen neue Lösungen für die Zukunft schaffen und die Tür zu einer Ära außergewöhnlicher Möglichkeiten aufstoßen können.
Die Themen der Episoden sind: Transport, Sport, Ernährung und Mode von Morgen (DVD 1), Schule, Medizin und Musik von Morgen (DVD 2), Liebe und Sex, Energie sowie Wohnen von Morgen (DVD 3).
Die Dokumentationen geben ungewöhnliche Einblicke in diverse Möglichkeiten, die Welt von morgen zu gestalten. Einsetzbar im Unterricht ab dem 10. Jahrgang – vor allem im Sekundarbereich II – sowie in der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung.
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Hinweisen möchte ich auch auf die Dokumentation TOMORROW – Die Welt ist voller Lösungen von Cyril Dion, Mélanie Laurent (Frankreich 2015; bereits vorgestellt im Pelikan 4/2017) und auf den Spielfilm Jugend ohne Gott von Alain Gsponer (Deutschland 2017; bereits vorgestellt im Pelikan 3/2018). Beide Filme passen hervorragend in die Zukunftsthematik.
Alle hier beschriebenen Filme können in der Medienarbeit in Haus kirchlicher Dienste (Tel.: 0 511 / 12 41 - 5 01 und -4 03) entliehen werden. Für einige gibt es auch eine Downloadfunktion. Recherche und Download sind möglich unter www.medienzentralen.de.
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Marion Wiemann ist Referentin für Bücherei- und Medienarbeit im Haus kirchlicher Dienste, Hannover.