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Beim Namen gerufen – Namensgebung beziehungsweise Namenstag. Ideen für die Jahrgänge 11 - 13

Von Kirsten Rabe

 

Gesprächsanlässe zum Einstieg: Nach der Bedeutung des eigenen Namens fragen

Eine motivierende Einstiegsmöglichkeit zu diesem thematischen Schwerpunkt der Kampagne #beziehungsweise: jüdisch und christlich – näher als du denkst liegt auf der Hand: die Schüler*innen zu bitten, die Bedeutung des eigenen Namens zu recherchieren. Und nicht nur das – ergänzend kann man den Jugendlichen die Frage (an die eigenen Eltern) mit auf den Weg geben, ob es möglicherweise eine Geschichte dazu gibt, wie sie zu ihrem Namen gekommen sind. Erfahrungsgemäß bringen einzelne Schüler*innen solche Geschichten mit, die manchmal witzig sind, manchmal nachdenklich machen.

Im gemeinsamen Gespräch über die eigene Namensgebung kann deutlich werden, dass einzelne Jugendliche ganz bewusst nach einem besonderen Menschen benannt worden sind. Das kann die eigene Oma sein, das können biblische Figuren oder auch Heilige sein. Religionsprüfungskurse der gymnasialen Oberstufe werden häufig sowohl von evangelischen als auch katholischen Schüler*innen besucht. Den Namen eines*einer Heiligen zu tragen, wird zumindest den katholischen Jugendlichen vertraut sein. Biblische Namen finden sich durch alle Konfessionen und auch bei Menschen, die sich als nicht religiös verstehen und denen ein Name einfach gefällt. Besonders häufig lässt sich die bewusste Wahl eines biblischen Namens in evangelisch-freikirchlichen Familien beobachten. Diese Schüler*innen können im Unterricht meist erzählen, welche Person und welche biblische Erzählung hinter ihrem Namen stehen. Damit bringen die Teilnehmenden eines Religionskurses bereits von sich aus vielfältige Facetten des Themas mit ein und es stehen gleich mehrere Gesprächsanlässe im Raum, die Perspektive auf Namensgebung im weiteren Unterrichtsgeschehen zu vertiefen.


Wenn ich den Namen eines besonderen Menschen trage

In einem nächsten Baustein ließe sich mit Schüler*innen entdecken, welche Menschen und Geschichten hinter einzelnen Namen stehen. An dieser Stelle kann man auf Elemente biografischen Lernens zurückgreifen. Dabei bleiben die Beispiele exemplarisch und können je nach verfügbarer Zeit und Schwerpunktsetzung um weitere biblische Geschichten bzw. Heiligenerzählungen ergänzt werden.

Biblische Figuren

Aaron, Esther, Benjamin, Eva, Lea, Mirjam, Noemi, Noah und Jonah – die Reihe biblischer Namen, die sich auch auf den Namenslisten der eigenen Lerngruppen finden, ließe sich umfangreich fortsetzen. Dabei bieten Tenach und Neues Testament einen gleichermaßen reichen Schatz dieser Namen. Eine verstärkte Perspektive auf Beispiele aus dem Tenach bietet sich in diesem Unterrichtsbaustein allerdings aus zwei Gründen an: Vor allem richten Schüler*innen den Blick auf die jüdischen und christlichen Menschen gemeinsamen und verbindenden biblischen Erzählungen und Personen. Zweitens sei aus didaktischer Perspektive angemerkt, dass die narrativen Texte des Tenach für Schüler*innen oftmals eingängiger sind als es neu-testamentliche Texte sind.
Innerhalb der biblischen Erzählungen eignen sich einzelne in besonderer Weise für eine unterrichtliche Auseinandersetzung: Sie machen nicht nur die Namensgebung eines Menschen ausdrücklich zum Thema, sie erzählen auch von der engen Verbindung zwischen Gott und Mensch, die mit dieser Namensgebung einhergeht. Der Name stiftet hier eine Wirklichkeit und Identität, die die enge Gott-Mensch-Beziehung spiegeln. Gleich mehrere Beispiele finden sich in der umfangreichen Erzählung von Abraham in Gen 12-25. In Gen 17,1-27 wird die Namensgebung zum Zeichen des Bundes, den Gott mit Abraham schließt und des Segens, den er auf Abrahams Familie legt. Abram und Sarai bekommen neue Namen, die Segen und Bund als neue Wirklichkeit nach außen sichtbar machen, die Namen Ismaels und Isaaks tragen ihre Gottesbegegnungen in der Wüste bzw. in Mamre in sich:

Abraham – Vater vieler Völker,
Sara – Fürstin;
Ismael – Gott (er)hört
Isaak – Er lacht.

Auch Gen 32, 23-33 erzählt die Geschichte einer Namensveränderung, die mit dem Segen Gottes einhergeht. In der Nacht, bevor Jakob seinem um Erstgeburtsrecht und Segen betrogenen älteren Zwillingsbruder Esau wiederbegegnen soll, kämpft Jakob am Jabbok mit einem unbekannten Mann. Der*die Leser*in erkennt in diesem erbitterten Kampf eine Theophanie und das Ringen Jakobs um den göttlichen Segen: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Mit dem Segen bekommt Jakob von seinem Gegenüber den Namen „Israel“ (= Gotteskämpfer) zugesprochen und wird damit zum Erzvater des bereits Abraham verheißenen Volkes. Auch der Ort, an dem die Gottesbegegnung stattgefunden hat, bekommt hier durch Jakob/Israel einen Namen: Pnuël- „Angesicht Gottes“. Der Name des Ortes zeigt die Wirklichkeit auf, die sich hier ereignet hat.

Arbeitsteilig können die Schüler*innen sich mit einzelnen biblischen Erzählungen auseinandersetzen und sie den anderen vorstellen. Dabei können die Arbeitsaufträge je nach Interessenlage und auch nach Leistungsstärke differenziert werden:

1.    Wählen Sie einen biblischen Namen (aus dem Tenach). Lesen Sie die Geschichte nach, die von dieser Person erzählt wird. Stellen Sie den anderen die Person und die Geschichte hinter dem Namen vor. Wählen Sie dazu eine geeignete Präsentationsform.
2.    Vergleichen Sie, welche Ereignisse aus der Erzählung von Abraham sie bereits kennen. Lesen Sie in arbeitsteiliger Gruppenarbeit Gen 12-25. Erläutern Sie im Anschluss, in welchen Passagen Namen von besonderer Bedeutung für das Erzählte werden. Wählen Sie dazu eine geeignete Präsentationsform.
3.    Lesen Sie Gen 32. Zeigen Sie auf, welche Bedeutung der neue Name für Jakob hat. Wählen Sie dazu eine geeignete Präsentationsform.

Heilige als Namenspatron

Der Blick auf Heiligenfiguren, die zu Namenspatronen werden, ist zunächst eine Chance für den interkonfessionellen Dialog innerhalb der Lerngruppe. Mit dem für Schüler*innen der Sek II gut verständlichen Info-Text, der sich auf www.katholisch.de findet (M 1), lässt sich der vielfältige Begriff des*der Heiligen erschließen. Dabei kann den Jugendlichen deutlich werden, aus welchen Gründen Eltern für ihr Kind den Namen eines*einer Heiligen wählen bzw. dass hinter Namen wie beispielsweise Thea, Alexander, Amalia, Larissa, Karina, Tobias oder Kilian konkrete Menschen mit besonderen Eigenschaften und Lebensgeschichten stehen.
Zugleich wird in M 1 deutlich, dass nach biblischer Überzeugung Heiligkeit zunächst Gott vorbehalten ist und jede Auszeichnung eines Menschen mit diesem Attribut von Gott her zu denken ist. Die unterrichtliche Auseinandersetzung mit Heiligen als Namenspatronen geht folglich noch einen Schritt weiter und kann den Fokus auf folgendes Zitat aus dem Text legen: „Anderseits ist Gott heilig, weil er sich dem Menschen zuwendet. Ein Zeichen für seine Zuwendung ist der Bund mit dem Volk Israel im Alten Testament, im Neuen Testament zeigt sich das Heilsschaffen Gottes in der Geburt Jesu durch Maria und Jesu Tod am Kreuz.“ Insbesondere der Zusammenhang von Bund und Name lässt sich hier im Rückgriff auf die bereits gelesenen Passagen aus den Erzählungen von Abraham und Jakob vertiefen.

Der Name – Schlüssel zur Freiheit

Fulbert Steffensky setzt sich im Textauszug M 2 aus einer Bibelarbeit zu Jesaja 43 auf einem Evangelischen Kirchentag mit der Bedeutung des Namens für die Identität des Menschen auseinander. Dabei macht er deutlich, dass der Name eines Menschen immer zugleich eine Wirklichkeit widerspiegelt, die durch diese Namensgebung bereits entstanden ist oder entstehen wird.

Diesen Zusammenhang zeigt er an zwei authentischen Beispielen von Menschen auf, für die durch ihre Namensgebung eine lebensförderliche bzw. lebensfeindliche Wirklichkeit entstanden sei: Während das vietnamesische Mädchen Hoa („Blume“) von seinen Eltern einen Namen bekommen hat, der das hoffnungsvolle und positiv bejahte Leben dieses Kindes bereits anzeige und auf den Weg bringe, finde sich der 17-jährige farbige Junge aus Harlem durch die ihm zugeschriebenen Negativnamen („Nigger und Boy, Strichjunge und Unvollkommener“) in einer Leben zerstörenden Realität wieder. Dieser Junge, der nach seinem Namen fragt, bleibe ohne Identität, werde zu einem reinen Objekt der Zuschreibungen anderer. Die Interpretation der bekannten Bonhoeffer-Frage „Wer bin ich?“ zu „Was bin ich“, die der Junge – bewusst oder unbewusst – als Titel seines Textes gewählt hat, spiegelt diese Entpersönlichung.
Steffensky setzt das Zitat aus Jes 43,1 „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich bei deinem Namen gerufen“ gegen die menschenfeindliche Zuschreibung von Namen. Dieser Vers bestätigt beim Propheten Jesaja die Verheißung Gottes an sein bedrängtes Volk, das, ähnlich dem Jungen aus Harlem, droht, seinen Namen und seine Identität zu verlieren.

So heißt es in den Versen 2 bis 4 weiter:

„Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen. Denn ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland. Ich habe Ägypten für dich als Lösegeld gegeben, Kusch und Seba an deiner statt, weil du in meinen Augen so wert geachtet und auch herrlich bist und weil ich dich lieb habe.“

Eine Auseinandersetzung mit M 2 bindet das, was die Schüler*innen mit den beiden ersten Bausteinen erarbeitet haben, in die eigene Lebenswirklichkeit ein. Sie werden Steffenskys Beobachtungen mit großer Wahrscheinlichkeit anhand eigener Erfahrungen bestätigen können und werden angeregt, den (eigenen) Gebrauch von Sprache kritisch zu reflektieren. Mit der Interpretation von Jes 43 wird hier schließlich ein weiterer biblischer Bezug hergestellt, in dem dezidiert der Name eines Menschen im Gegenüber Gottes von Bedeutung ist.

Den Namen feiern: Namensgebung im Judentum: Ein Zeichen des Bundes

Mit dem Artikel aus der Jüdischen Allgemeinen vom 05. Dezember 2016 „Wie man dich nennt, so wirst du. Was es im Judentum mit der Namensgebung von Kindern auf sich hat“ von Oberrabbiner Raphael Evers (M 3) lässt sich im letzten Unterrichtsbaustein gut an die Aussagen des evangelischen (ehemals katholischen) Theologen Fulbert Steffensky anknüpfen. Insbesondere ihrer beider Überzeugung, dass sich mit dem Namen eines Menschen eine besondere und Leben spendende Wirklichkeit verbinden kann, lohnt sich hier zu vertiefen.

Der Artikel bietet Informationen über die unterschiedliche Feier der Namensgebung bei Mädchen und bei Jungen und zeigt außerdem auf, dass diese Feiern sich in den verschiedenen Strömungen sowie in unterschiedlichen religiösen Traditionen innerhalb des Judentums unterscheiden.

Mit M 4 schließlich wird die Brit Mila, die Feier der Beschneidung eines Jungen als Zeichen des Bundes sowie die Feier der Namensgebung, in den Fokus gesetzt. Grußkarten kennen die Schüler*innen u.a. zu Geburtstagen, zu bestandenen Prüfungen, zur Geburt bzw. Taufe eines Kindes. Über die Brit Mila müssen Sie sich an dieser Stelle – ausgehend von M 3 – konkreter informieren. Wer Freude an Gestaltungsaufgaben hat, könnte eine ähnliche Karte für die Feier der Namensgebung bei Mädchen gestalten. Und schließlich bietet es sich an, eine Brücke zu schlagen von der Feier der Namensgebung bei jüdischen Kindern hin zu christlichen Traditionen wie dem Zusammenhang von Namensgebung und Taufe oder auch der Feier von Namenstagen.

Anmerkungen:

  1. Möglicherweise entsteht im Kontext der Recherche in der Sek II eine Diskussion um die in Deutschland nicht unumstrittene Beschneidung von Säuglingen. Darauf sollte man dann als Lehrkraft entsprechend vorbereitet sein.