Sie sind viel mehr als ein Treffpunkt für Gottesdienste, Kindergottesdienste, Konfirmand*innen oder für den Seniorenkreis: (Kirchen-)gemeinden und Kirchen sind Lehr- und Lernorte für Menschen. Die Kirche im Dorf oder im Stadtteil ist ein weithin sichtbarer Mittelpunkt, etwas, auf das man allein von der überragenden Höhe aufmerksam wird. Sie erzählt lebendige Geschichte aus Jahrhunderten. Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende finden hier Aufgaben, regen Menschen an, miteinander und füreinander ins Gespräch zu kommen und voneinander zu lernen. Wer erinnert sich nicht, als 2015 mit den vielen Geflüchteten die Gemeindehäuser Anlaufstellen für Hilfe aller Art wurden, nicht zuletzt sehr oft für Sprachkurse. Über religiöse Grenzen hinweg verbinden sie die Lebenserfahrungen verschiedener Generationen, Geschlechter und Kulturen.
Die folgenden Filmvorschläge befassen sich mit unterschiedlichen Aspekten von Gemeinschaft und des voneinander Lernens.
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Die Sprache des Herzens – Das Leben der Marie Heurtin
Jean-Pierre Améris, Frankreich 2015, Spielfilm, 90 Minuten, FSK 6
Der Film, der auf einer wahren Begebenheit beruht, erzählt die bewegende Geschichte der Marie Heurtin. Frankreich, Ende des 19. Jahrhunderts: Marie wird von ihrem Vater in ein Kloster gebracht, weil er sich nicht zu helfen weiß, denn Marie kann weder hören noch sehen. Aber damit überfordert sie bald auch die Nonnen – bis auf Schwester Marguerite. Langsam nähert sie sich dem Mädchen und öffnet vorsichtig ein Fenster zu einer Welt, die Marie vorher verschlossen war. Doch Marguerite weiß, dass sie nicht ewig Zeit hat, um Marie auf ein selbstbestimmtes Leben vorzubereiten, denn sie ist selbst schwer erkrankt.
Wie tickt ein Teenager, der nicht sehen, hören und sprechen kann? Noch dazu in einer Zeit, die keine elektronischen oder digitalen Hilfsmittel kannte? Dabei hatte Marie noch Glück in ihrem großen Unglück: Sie hatte liebevolle, um das Wohl der Tochter besorgte Eltern. Und in Larnay fand sie Nonnen, deren Menschenfreundlichkeit nicht geheuchelt war, die Maries Entwicklung mit großer Geduld begleiteten. Die Erfolge, die Marie schließlich erzielte, wären ohne diese Grundvoraussetzungen niemals möglich gewesen. Die Erziehung gesunder Kinder ist bereits eine Lebensaufgabe, an der heute mehr Menschen als früher zu scheitern scheinen. Marie aber war von Geburt an schwerstbehindert.
Die echte Marie Heurtin kam im März 1895 im Alter von zehn Jahren nach Larnay. Sie starb am 22. Juli 1921, 36 Jahre alt, an den Folgen einer Lungenentzündung. Ihre Darstellerin, Ariana Rivoire, ist selbst gehörlos, jedoch nicht blind.
Die deutsche Film- und Medienbewertungsstelle verlieh Jean-Pierre Améris‘ Film über Maries Leben das Prädikat „besonders wertvoll“. „Die Sprache des Herzens“ erhielt beim Festival in Locarno 2014 den Publikumspreis der Fachzeitschrift „Variety“, den „Variety Piazza Grande Award“. Das Kloster Larnay ist heute nicht mehr in kirchlicher Hand, aber immer noch ein Institut für taube und blinde Kinder. Die dort entwickelte Methode ist bis heute die Grundlage, auf der taubblinden Kindern die Möglichkeit für Beziehungsgestaltung und Kommunikation vermittelt wird. Auch Klöster waren und sind ein Ort der Bildung und des Lernens.
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Ein Dorf sieht schwarz
Julien Rambaldi, Frankreich 2017, Spielfilm, 90 Minuten, FSK 0
Seyolo Zantoko ist frisch diplomierter Arzt. Aufgewachsen in Zaire, dem heutigen Kongo, hat er gerade, 1975, sein Medizinstudium in Lille abgeschlossen. Als er einen Job in einem kleinen Dorf nördlich von Paris angeboten bekommt, beschließt er, mit seiner Familie nach Frankreich auszuwandern. Die Stelle als Leibarzt des Präsidenten in Zaire schlägt er aus, er möchte ein anderes Leben für sich und seine Familie. So macht sich die Familie auf, Pariser Stadtleben vor den Augen – und landet in der französischen Provinz. Bei Dorfbewohnern, die zum ersten Mal in ihrem Leben einem afrikanischen Arzt begegnen und alles tun, um dem „Exoten“ das Leben schwer zu machen. Aber wer mutig seine Heimat verlassen hat und einen Neuanfang in einem fremden Land wagt, lässt sich so leicht nicht unterkriegen. Und so wird, nach allerlei Hürden, das kleine französische Dorf schließlich eine echte Heimat für Seyolo und seine Familie.
Julien Rambaldis Film über einen aus Afrika stammenden Arzt, der 1975 eine Praxis in der französischen Provinz übernimmt, ist hochaktuell. Trotzdem erhebt der Regisseur nie den Zeigefinger. Sein Plädoyer für Toleranz besticht stattdessen durch eine heitere Leichtigkeit und eine feine Ironie.
Ein Dorf, das dringend einen Arzt braucht – ein farbiger Arzt, der mit seiner Familie nicht in seine von Diktatur gebeutelte Heimat zurück möchte – der in den Augen der Dorfbewohner ungebildete, unkultivierte, fremde Farbige und seine Familie – die tatsächlich intellektuell eher einfach gestrickten Dorfbewohner: Viele Klischees treffen in diesem Film aufeinander und trotzdem ist er ein leichtes und feinsinniges Plädoyer für eine Gemeinschaft über gesellschaftliche, kulturelle und politische Grenzen hinweg.
Auch wenn dieser Film keinen explizit kirchlichen Bezug hat, ist er eine Anregung, wie ein Miteinander in (Kirchen-)Gemeinden über soziale und kulturelle Grenzen hinweg gelingen kann. In Deutschland wird im Moment die Frage erörtert, ob und wie eine Arbeitsmigration den drohenden Fachkräftemangel stoppen kann. Neben Fragen der Qualifikation wird es auch um Fragen der Eingliederung dieser Menschen und ihrer Familien in die Gemeinschaft gehen. Kirchengemeinden können bereits seit 2015 zeigen, welchen wertvollen Beitrag sie zur Integration der Geflüchteten leisten. Diese Herausforderung weiter anzunehmen und auszubauen kann ein wesentlicher Beitrag der Kirchen für die Gesellschaft sein.
Die Kirche im Dorf
von Philipp Dietrich und Moritz Preißer, Deutschland 2007, Kurzspielfilm 13 Minuten, FSK: Lehrprogramm gemäß § 14 JuSchG, geeignet ab 12 Jahren
Ein evangelischer Dorfpfarrer in Nöten: „Seine“ Kirche soll verkauft werden! Auch wenn seine Gemeinde im Prinzip nur noch aus einer älteren Dame besteht, versucht doch der Pfarrer mit allen Mitteln, das Kirchengebäude zu retten. Doch weder seine Bemühungen um Denkmalschutz noch die versuchte Reaktivierung der Dorfjugend noch eine vermeintlich pressewirksame Kampagne helfen, den drohenden Verkauf abzuwenden. Als dann noch die ältere Dame angesichts des geplanten Umbaus der Kirche zur Moschee problemlos zum Islam übertritt, verlässt der Pfarrer schließlich sein Dorf und geht nach Afrika, wo Kirche noch lebendig zu sein scheint.
Der Kurzspielfilm spricht absichtlich überzeichnend und mit schwarzem Humor Fragen zum Selbstverständnis der Kirche, zur Rolle des Pfarrers und zur Zukunft von Kirche und Gemeinde an. Dies geschieht auf dem Hintergrund der aktuellen Problematik des Umgangs mit Kirchengebäuden in Deutschland angesichts sinkender Finanzierungsmöglichkeiten. So ist mit diesem Film ein wirkungsvoller Impulsgeber für die Auseinandersetzung mit Konzeption und Leitbild der Kirche entstanden.
Das umfangreiche didaktische Material ist geeignet, das Thema „Kirche und Gemeindeentwicklung“ im schulischen Bereich zu behandeln, aber auch im Rahmen der Gemeindearbeit mit Blick sowohl auf die gesamte Kirche als auch auf die konkrete Gemeinde im Sinne eines vor Ort erlebbaren Zusammenhangs. Dabei fordert der Film vom Zuschauer die gleiche Distanz, die er selber auf seine ironisierende, schwarzhumorige Art gegenüber dem Geschehen einnimmt. Wenn diese Distanzierung gelingt und eventuell ablehnende Erstreaktionen auf die ironisierende Machart des Films konstruktiv genutzt werden können, bietet der Film einen wertvollen Anstoß zu neuem und lebhaftem Einstieg in das Thema Gemeindeentwicklung und Zukunft.
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Gott und die Welt
Julia Ocker, Deutschland 2008, Kurzspielfilm/Animationsfilm, 4 Minuten, FSK ohne Altersbeschränkung
Zwei kleine Männchen reden über die Nichtigkeit des Lebens, als ihnen plötzlich Gott erscheint und zu ihnen spricht. Vollkommen begeistert gründen sie eine Kirche für Gott und sind glücklich, bis sie bemerken, dass sie unterschiedliche Bilder von Gott haben. Und schon beginnt der Streit.
„Gott und die Welt“ ist ein auf das Wesentliche gerichteter, minimalistischer Film mit feinen, ironischen Untertönen, der durch die einfachen Gestaltungsmittel der Legetechnik und der gestützten Phantasiesprache der beiden Kontrahenten besticht. Besonders prägnant kristallisiert sich die Aussage des Films auch durch die Reduzierung auf die Farben Schwarz und Weiß heraus. Aufgrund der nicht erkennbaren Sprache und der fehlenden musikalischen Umrahmung des kurzen Films regt er die Zuschauer an, sich selbst Gedanken zu der kleinen Geschichte zu machen, die inhaltlich ein breites Spektrum an Nachdenken über Glaube, Toleranz, Streit, Krieg und aktuelle Geschehnisse der Politik umfasst. Vom Kleinen bis zum Großen wird jeder etwas anderes in diesen gut gemachten Kurzfilm hinein interpretieren. So dient dieser Film als Impuls für Diskussionen über einen immer währenden Weltkonflikt vom Alltäglichen bis zum Globalen.
Ein Impulsfilm, der sich gut eignet, um eine Diskussion über das Trennende und das Verbindende der großen christlichen Kirchen anzuregen. Der dazu ermutigt, sich den Anfang des Glaubens und den erteilten Auftrag Gottes bewusst zu machen. Gerade für den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht, aber auch für das Fach Werte und Normen ist er damit gut geeignet.
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Offen für alle – Kirche und Gottesdienst
Silke Stürmer, Deutschland 2007, Dokumentarfilm mit Spielteilen, 20 Minuten, FSK: Lehrprogramm gemäß § 14 JuSchG
Zwei Mädchen flitzen auf ihren Cityrollern durch die Stadt. Johanna, die zu Besuch bei Klara weilt, wundert sich über die Architektur der Kirche, bei der zwei Türme durch eine Brücke verbunden sind. Die zwei beschließen, sich das Gotteshaus von innen anzuschauen. Stille empfängt sie drinnen. Dann aber hallen Orgelklänge durch den hohen Raum. Die Mädchen treffen auf den Kantor, der ihnen zeigt, wie dieses besondere Instrument Töne erzeugt.
Dann schauen sie sich weiter um. Es gibt so viel zu entdecken in einer alten Kirche wie dieser, den Altar, die Kanzel, das Kirchengestühl, Grabplatten, den Taufstein. Die Kamera begleitet die beiden, während die Kommentarstimme vermittelt, dass in diesem Haus, dem Haus Gottes, Menschen willkommen sind, die beten oder einfach ein bisschen nachdenken wollen.
Schließlich treffen Johanna und Klara auf den Kirchenführer, der seine Kirche in- und auswendig kennt. Er zeigt ihnen die Krypta und Reste der ursprünglichen Kirche, die hier vor 1300 errichtet wurde. Dabei bekommen sie ein wenig davon mit, wie sich die Geschichte der Kirchenbauten aus der des Christentums heraus entwickelte. Sie erkunden den Glockenturm und entdecken, auf welche biblischen Geschichten sich die vielteiligen Glasfenster der Kirche beziehen. In der Sakristei lernen sie die Pfarrerin kennen, die sich gerade für den Abendgottesdienst ihren Talar überstreift. Schließlich schwirrt den zwei Mädels der Kopf von all den Eindrücken und sie verabschieden sich. Der Zuschauer aber hat auf knapp gefasste und unterhaltsame Weise erfahren, was „Kirche“ eigentlich ausmacht.
Der Kurzfilm zeigt exemplarisch die ganze Bandbreite eines Kirchenbaus: Von der geschichtlichen Bauweise über die Gestaltung der Kirchenmusik und ihrer Instrumente bis hin zu den theologischen Handlungen und Gottesdiensten wird der „Raum Gottes“ für Schulkinder verständlich und leicht erklärt. Dieser Film eignet sich auch, um Schüler*innen anderer Religionen Christentum verständlich zu machen.
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Giganten der Gotik
Martin Papirowski, Deutschland 2011, Dokumentarfilm, 89 Minuten, INFO-Programm gemäß § 14 JuSchG
Nichts ist Zufall: kein Ornament, kein Stein, keine Säule, kein Bogen, kein Raum. Alles hat seinen Platz, seine Form und somit seinen Sinn und seine tiefe Symbolik. Der Kölner Dom ist ein steinernes Credo, der Bau ein Buch, das heute kaum jemand mehr lesen kann. Der Film versucht, die Symbole der Gotik im Kölner Dom, in der Abteikirche St. Denis bei Paris und in der Kathedrale von Chartres zu entschlüsseln. Er führt in die faszinierende Welt dieser einmaligen Bauten und dringt dabei in Bereiche vor, die dem normalen Besucher verschlossen bleiben.
Diese Dokumentation führt ein in die Geschichte des Kirchenbaus, die gleichzeitig auch immer exemplarisch eine Geschichte der Architektur ihrer Zeit ist. Religiöse Symbole wurden in Stein gemeißelt und für ihre Mitmenschen und die nachfolgenden Generationen sicht- und erfahrbar gemacht. Um diese Form raumbezogener religiöser Bildung in den Vordergrund zu stellen, ist dieser Film gut geeignet für die Arbeit im Religionsunterricht. Auch konfessionell übergreifend können Christen und Nichtchristen Symbole erkennen und deuten lernen.