besucht: Besuch in Taizé

Von Claudio Boning

 

Taizé: Name eines vermeintlich unscheinbaren Dorfes im Herzen Burgunds, das im Laufe der letzten Jahrzehnte für zahllose Menschen ein Ort des Vertrauens und der Hoffnung geworden ist. Aus aller Welt kommen sie dorthin, um die Communauté von Taizé zu besuchen, die Gemeinschaft mit etwa hundert Brüdern aus den unterschiedlichsten christlichen Konfessionen. Entstanden ist die Communauté de Taizé, als Frère Roger im Jahre 1940 die Schweiz verließ und nach Frankreich zog, um dort eine Vision zu verwirklichen, die ihn seit seiner Jugend nie verlassen hatte: eine Brüdergemeinschaft ins Leben zu rufen, die als ein Gleichnis in die Welt wirkt, dass Gott Liebe und nur Liebe ist.

Geschuldet den Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs, war ihm klar, dass er ohne zu zögern Menschen helfen müsste, die Bitteres erlitten. Er kaufte also mit seinem Erbe ein Haus in Taizé. Zu jener Zeit lag das beschauliche Dorf nicht weit von der Demarkationslinie, die Frankreich teilte. Mit fast nichts begann er nun, Menschen auf der Flucht aufzunehmen, und machte schon damals aus dem Gebet das Zentrum seines Lebens.So ist es auch noch heute das Herz dieser Gemeinschaft. Die Brüder von Taizé haben einen Ort geschaffen, wo nach Gott gesucht werden kann. Dreimal am Tag versammeln sich Brüder und Gäste in der Kirche der Versöhnung, um zu beten. Die Einfachheit, die sich dort im Alltag deutlich zeigt, sei es durch die schlichten Unterkünfte oder durch das einfache Essen, ist gerade im Gebetsleben der Gemeinschaft kennzeichnend: mantraartige Gesänge, kurze Lesungen, ein Moment in Stille.

Von vielen Jugendlichen habe ich in meiner Zeit als Freiwilliger in Taizé gehört, dass gerade diese Einfachheit der Gebete sie beeindrucke. Zu Hause bereiteten einige Jugendgottesdienste vor, und die Vorbereitungen dauerten Stunden. In Taizé erlebten sie, dass man auch in Gottes Gegenwart sein kann in großer Einfachheit.

Wenn man für eine Woche nach Taizé fährt, erlebt man natürlich auch die Internationalität der Treffen. Es ist nicht selten der Fall, dass Jugendliche sich in Taizé zum ersten Mal mit jemandem unterhalten, der von einem anderen Kontinent kommt. Die Universalität der Kirche macht sich spürbar in den Gebetszeiten und im Miteinander unter der Woche.

Die Communauté von Taizé hat auch einen Ort des Dialogs geschaffen. Sie steht mittendrin im Leben der Kirche und gleichzeitig an ihrer Peripherie. Sie ist ein Anziehungspunkt für suchende Menschen, für fragende, für ratlose. Durch die vielen Workshops, die an den Nachmittagen stattfinden, ist Taizé ebenso ein Ort, an dem die Herausforderungen unserer Zeit reflektiert werden können. Ein Ort, an dem Kontemplation und politisches Engagement sich gegenseitig befruchten.