Hannover/Kreisau (epd). Der Kreisauer Kreis gehört zu den wichtigsten Gruppen im deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Er vereinte unter anderen Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Konservative und Theologen, die Pläne für ein Deutschland nach Ende des NS-Staates entwickelten. Zentrum der Gruppe war das Gut Kreisau (heute Krzyzowa) in Niederschlesien im heutigen Polen. Gutsbesitzer Helmuth James von Moltke (1907-1945) und sein Freund Peter Yorck von Wartenburg (1904-1944) waren ihre führenden Köpfe.
Zum bürgerlich-zivilen Widerstand des Kreisauer Kreis gehörten auch die Sozialdemokraten Carlo Mierendorff, Adolf Reichwein und Julius Leber, der Jesuitenpater Alfred Delp, der Diplomat Adam von Trott zu Solz und der evangelische Theologe und spätere Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier. Insgesamt umfasste die Gruppe rund 20 Personen und ebenso viele Sympathisanten und Mitwisser. Sie hofften auf einen Staatsstreich des Militärs oder fassten bereits die Niederlage Deutschlands im Krieg ins Auge. Einige Mitglieder wie Moltke lehnten ein Attentat auf Hitler ab. Andere unterhielten Verbindungen zur Widerstandsgruppe des 20. Juli um Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907-1944).
Von 1941 bis 1943 kam der Kreisauer Kreis zu drei zentralen Tagungen auf Gut Kreisau zusammen. Seine Grundideen waren ein Ende nationaler Machtpolitik, ein geeintes Europa, Grundrechte für jeden Einzelnen und eine Neubegründung der Moral im Geiste des Christentums. Eine enge Verbindung von Staat und Kirche war Teil der Pläne. Nach der Verhaftung Moltkes im Januar 1944 löste sich die Gruppe praktisch auf. Einige ihrer Mitglieder wie Yorck, Wartenburg, Trott zu Solz, Leber und Delp wurden vom NS-Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Andere kamen mit dem Leben davon oder blieben unentdeckt.