Braunschweig, Hannover (epd). Der Beauftragte des Landes Niedersachsen gegen Antisemitismus, Gerhard Wegner, hat sich besorgt über den starken Anstieg antijüdischer Übergriffe gezeigt. „Nach dem Polizeibericht für 2023 gibt es in diesem Bereich eine Zunahme der Straftaten um 60 Prozent im letzten Jahr. Darunter sind so fürchterliche Sachen wie der Anschlag auf die Oldenburger Synagoge vor einiger Zeit“, sagte Wegner im Gespräch mit den „Evangelischen Perspektiven“, dem Magazin der braunschweigischen Landeskirche. Angesichts dessen, „was sich derzeit an den Universitäten zusammenbraut“, befürchte er sogar, dass sich die Lage noch weiter verschärfe, betonte der einstige Leiter des Sozialwissenschaftlichen Institutes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Nicht selten identifizierten sich Studierende „mit den Geknechteten, mit den Unterdrückten, Ausgebeuteten und politischen Opfern dieser Welt“, sagte Wegner. Das sei grundsätzlich in Ordnung, aber die Identifikation mit den Palästinensern gehe mitunter so weit, dass den Israelis das Existenzrecht bestritten werde. „Völlig ausgeblendet wird der Terror der Hamas, der diesen Konflikt ausgelöst hat. Und völlig ausgeblendet wird, dass die Israelis als Opfer der Judenverfolgung den Staat Israel aufgebaut haben, um ein Land zu haben, in dem sie nicht schutzlos anderen ausgeliefert sind“, unterstrich der Landesbeauftragte.
Wegner kritisierte, dass Antisemitismus aus dem politisch linken Spektrum lange unterschätzt worden sei, obwohl er eine lange Tradition habe. „Man muss nur an die Terroristen der RAF denken, die sich in den 1970er Jahren in palästinensischen Lagern an Waffen ausbilden ließen und Israel als angeblichen Agenten des Imperialismus betrachteten“, führte Wegner aus. Dieses Denken sei nie ganz verschwunden, sondern komme immer wieder hoch.