Gewalt im Wahlkampf: Scholz fordert Zusammenstehen der Gesellschaft

Nachricht 12. Mai 2024

Hannover, Berlin (epd). Nach den gewaltsamen Attacken gegen Politiker hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum gesellschaftlichen Zusammenhalt aufgerufen. Gewalt bedrohe die Demokratie, sagte er am Samstag bei einer Veranstaltung der „RedaktionsNetzwerks Deutschland“ in Potsdam. „Deshalb müssen wir dagegen zusammenstehen als Bürgerinnen und Bürger und sagen, das lassen wir uns nicht gefallen.“

Bundeskanzler Scholz bezeichnete die Angriffe als „furchtbar“. Natürlich müssten auch die Sicherheitsorgane etwas tun: „Es geht nicht ohne Polizei und auch nicht ohne Nachrichtendienste“. Aber es gehe eben auch nicht „ohne uns“.

Anfang Mai war in Dresden der sächsische SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke niedergeschlagen und schwer verletzt worden, als er Plakate zur Europawahl aufhängte. Auch andernorts gab es Angriffe auf Wahlkämpfer. Am Dienstag wurde die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) bei einer Attacke in einer Stadtteilbibliothek leicht verletzt. Die Innenministerkonferenz plädierte in der vergangenen Woche für Verschärfungen des Strafrechts, um Angriffe konsequenter zu ahnden.

FDP-Chef Lindner sprach sich in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Samstag) gegen eine Verschärfung aus. „Experten sagen, dass der Strafrahmen ausreicht, aber die Handlungsfähigkeit der Justiz verbessert werden muss.“ Körperverletzung sei strafbar. „Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Opfer nun ein öffentliches Amt bekleidet oder nicht.“

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) erklärte, es komme darauf an, wie man einen solchen neuen Straftatbestand formuliere. Dabei dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass Sonderrechte für Politikerinnen und Politiker geschaffen werden, sagte er im „Tagesanbruch“-Podcast des Nachrichtenportals „t-online“ (Samstag). Solche Sonderrechte könnten im Gegenteil zu einer größeren Spaltung zwischen einer vermeintlichen politischen Elite und dem Rest des Wahlvolks führen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hob die Bedeutung verstärkter Polizeipräsenz hervor, um Gewalttaten zu verhindern. „Es ist gut, dass Schutzkonzepte der Polizei vielerorts hochgefahren, Streifen verstärkt und feste Ansprechstellen für bedrohte Kommunalpolitiker und Ehrenamtliche eingerichtet wurden“, sagte Faeser der „Welt am Sonntag“. „Ich habe zugesagt: Der Bund wird die Länder mit der Bundespolizei an anderen Stellen weiter stark entlasten.“

Ähnlich wie Scholz plädierte auch der Konfliktforscher Andreas Zick im Gespräch mit dem Evangelischen Pressdienst (epd) für mehr zivilgesellschaftliches Engagement, um der Verrohung entgegenzutreten. „Wenn Menschen, auch Politikerinnen und Politiker, verächtlich gemacht werden, ergreift niemand das Wort“, kritisierte der Wissenschaftler. Herabwürdigende Darstellungen würden verharmlost oder sogar als lustig empfunden.