Hannover (epd). Die niedersächsische Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) hat am Mittwoch im Landtag die Bedeutung des geplanten neuen Gesetzes für Kindertagesstätten hervorgehoben. „Der vorgelegte Gesetzentwurf trägt den konkreten Bedürfnissen der Praxis nach mehr Flexibilität in Kitas und in der Kindertagespflege Rechnung, ohne den Förderauftrag des achten Sozialgesetzbuches und unseren Qualitätsanspruch aus dem Blick zu verlieren“, sagte die Ministerin im Plenum. Der Entwurf folge dem Grundsatz: So viel Qualität wie möglich, so viel Flexibilität wie nötig, um verlässliche und hochwertige Bildung und Betreuung sicherzustellen.
Insbesondere hob die Ministerin die Regelungen hervor, die die Einsatzmöglichkeiten für berufserfahrene sozialpädagogische Assistenzkräfte erweitern. Sie sollen wie pädagogische Fachkräfte eingesetzt werden können, wenn sie an einer spezifischen Weiterbildung teilnehmen, die Ausbildungsinhalte der Erzieherinnenausbildung vermittelt. Auch würden in Zeiten, die über die Förderung in Kern- und Randzeiten hinausgehen, die Anforderungen an das einzusetzende Personal abgesenkt, damit diese Gruppen auch dann betrieben werden könnten, wenn auf dem Arbeitsmarkt hierfür keine Fachkräfte zur Verfügung stehen.
Die Möglichkeit der Krankheitsvertretung einer Fachkraft durch eine andere geeignete Person wird im neuen Gesetz von bisher drei auf fünf Tage pro Monat erweitert. Zwar bleibe auch künftig die Verpflichtung zum Einsatz einer dritten Kraft in Krippengruppen bestehen, betonte die Ministerin: „Wenn aber auf dem Arbeitsmarkt nicht genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen, muss die Gruppe nicht automatisch schließen.“ Generell will die rot-grüne Landesregierung mit der Neufassung des Kitagesetzes dem Fachkräftemangel begegnen. Ein Inkrafttreten ist zum 1. August geplant.
Für die Diakonie in Niedersachsen sagte Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke, Pragmatismus sei zwar gut, er dürfe aber nicht auf Kosten der frühkindlichen Bildung gehen. Die Regierung lasse bei der Novellierung des Gesetzes die Chance verstreichen, die frühkindliche Bildung durch Unterstützungsmöglichkeiten für Kita-Leitungen zu sichern. „Gerade die Kita-Leitungen stehen vor vielfältigen Herausforderungen, denen sie mit ihrem derzeitigen Zeitkontingent für Leitungsaufgaben kaum gerecht werden können.“ Die Diakonie halte daher eine Nachsteuerung für unabdingbar.
„Für Eltern sind die pragmatischen Ansätze des flexiblen Personalmanagements sicherlich gute Neuigkeiten, zumindest mit Blick auf die Verlässlichkeit der Betreuungszeiten“, sagte Lenke weiter. Kitas seien aber nicht nur Betreuungseinrichtungen, sondern Bildungsinstitutionen. „Leider setzt die Novellierung zu wenig dem schleichenden Verlust von frühkindlicher Bildung und Entwicklungsförderung aufgrund des Fachkräftemangels entgegen.“ Kinder wüchsen unter sehr unterschiedlichen Lebensbedingungen auf. „Ein hier ausgleichendes inklusives frühkindliches Bildungssystem, das die Entwicklungsförderung eines jeden Kindes in Niedersachsen im Blick hat, auch unter den aktuell schwierigen Bedingungen, muss das Ziel sein.“