Münster (epd). Der Kinder- und Jugendpsychiater Georg Romer hält es für falsch, bei Transkindern und -jugendlichen, die eine dauerhafte Geschlechtsinkongruenz verspürten, zu lange mit einer Behandlung zu warten. Die im Jugendalter fortschreitende und nicht mehr rückgängig zu machende Verweiblichung oder Vermännlichung des Körpers könne anhaltendes Leid erzeugen, sagte der Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Uniklinikums Münster im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Die hohe Rate psychiatrischer Erkrankungen bei erwachsenen Transpersonen zeugt davon.“
Da die Behandlungsentscheidungen in jedem Einzelfall aber sehr komplex sein könnten, bedürfe es fachlicher Standards für die erforderliche medizinische Sorgfalt. Romer erklärte: „Kann bei sorgfältiger Indikationsstellung eine solche Behandlung in der Jugend beginnen, gehen diese Menschen als Erwachsene überwiegend unbeschwert durchs Leben.“
Romer zählt zu den Autoren einer von 27 medizinischen und psychotherapeutischen Fachorganisationen und zwei Patientenvertretungsorganisationen erarbeiteten medizinischen Leitlinie zum Thema, die nach seinen Worten voraussichtlich im Sommer veröffentlicht wird. Darin würden die fachlichen Standards für die psychotherapeutische und medizinische Behandlung von Jugendlichen beschrieben, die an einer dauerhaft anhaltenden Geschlechtsdysphorie leiden - also an einer Inkongruenz zwischen den angeborenen Geschlechtsmerkmalen und der Geschlechtsidentität.
„Transidentität ist keine Krankheit“, betonte er. „Die Weltgesundheitsorganisation hat aber eine anhaltende Geschlechtsinkongruenz als einen Zustand definiert, bei dem anzuerkennen ist, dass viele dieser Menschen nur mit medizinischen Maßnahmen zur Angleichung ihres Körpers an ihr empfundenes Geschlecht dauerhaft psychisch gesund bleiben können.“ Alleinige Psychotherapie bleibe wirkungslos.