Wolfenbüttel/Bielefeld (epd). Die evangelischen Landesbischöfe von Hannover und Braunschweig, Ralf Meister und Christoph Meyns, haben der zurückgetretenen früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, ihren Respekt gezollt. „Sie hat Verantwortung übernommen, damit der Weg, den wir als evangelische Kirche in der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in den letzten Jahren gegangen sind, fortgesetzt werden kann“, sagte Meister am Montag in Hannover. Das gelte besonders für die Zusammenarbeit mit den Betroffenen.
„Wir müssen hier konsequent umsetzen, was wir uns als Kirche vorgenommen haben“, sagte Meister, der auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) ist. „Diese Zusammenarbeit und das Bemühen um Vertrauen sind entscheidend dafür, dass Aufarbeitung gelingt.“ Für ihn persönlich sei die Aufrichtigkeit von Annette Kurschus nicht infrage gestellt, betonte Meister.
Meyns sagte, der Rücktritt von Annette Kurschus, sei „ein starkes Signal“, dass die evangelische Kirche die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt mit aller Konsequenz betreibe. Kurschus stelle unmissverständlich klar, dass es dabei keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit leitender Geistlicher geben dürfe. Zugleich bedauere er den Rücktritt, sagte Meyns. Er schätze Annette Kurschus als integre Persönlichkeit, profilierte Theologin und sprachmächtige Predigerin.
Meyns betonte, dass ein konkretes Fehlverhalten der früheren Ratsvorsitzenden bislang nicht erwiesen sei. Die Ermittlungen zu Vorgängen aus den 1990er-Jahren dauerten an. Vorverurteilungen seien deswegen unangemessen. Meyns war seit 2018 Mitglied im Beauftragtenrat der EKD zum Schutz vor sexualisierter Gewalt und von 2020 bis 2022 dessen Sprecher. Seit Sommer 2022 ist er als einer von fünf Beauftragten des Rates der EKD Mitglied im Beteiligungsforum sexualisierte Gewalt, in dem Betroffene und Beauftragte gemeinsam Entscheidungen zum Umgang mit sexualisierter Gewalt treffen.
Kurschus hatte am Montag in Bielefeld ihren Rücktritt vom Amt der EKD-Ratsvorsitzenden erklärt. Die 60-Jährige legt auch ihr Amt als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen nieder. Grund sind staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen mutmaßlichen Missbrauchs gegen einen ehemaligen Kirchenmitarbeiter, den Kurschus aus früheren Tätigkeiten kennt. Der Beschuldigte soll über Jahre hinweg junge Männer sexuell bedrängt haben.