Hannover (epd). Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) hält eine gute frühkindliche Bildung in den Kitas für unabdingbar und setzt deshalb darauf, mehr Fachkräfte zu gewinnen. „Es darf nicht zur Debatte stehen, dass wir den Bildungsanspruch in den Kitas fallenlassen“, sagte Hamburg im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Schon jetzt sei zu beobachten, dass immer weniger Kinder nach der vierten Klasse lesen, schreiben oder rechnen könnten. „Das hängt natürlich mit der Frage zusammen, wie ein Kind überhaupt in der Grundschule ankommt und was davor passiert.“
Um dem Fachkräftemangel bei den Erzieherinnen und Sozialassistentinnen zu begegnen, habe das Kultusministerium in Hannover mehrere Initiativen gestartet, sagte Hamburg. Unter anderem könnten die Kitas jetzt ungelernte Zusatzkräfte einstellen. „Die haben dann dort die Möglichkeit, sich berufsbegleitend weiterqualifizieren zu lassen, wenn sie das möchten.“ Als Beispiel nannte sie eine Musikpädagogin, die als Quereinsteigerin in einer Kita arbeiten wolle. Eine solche Kraft bringe schon vieles mit, könne sich als Zusatzkraft aber gezielt für die Arbeit mit kleinen Kindern fortbilden lassen.
„Wenn wir mehr Fachkräfte gewinnen wollen, brauchen wir auch diejenigen, die vielleicht 30, 40 oder 50 Jahre alt sind und sich vorstellen können, mit Kindern zu arbeiten“, sagte die Ministerin. „Die sprechen wir mit diesem Modell an.“ Denn viele Menschen wechselten ihren Beruf, wenn sie älter würden. Und als Zusatzkraft in der Kita könnten sie gleich Geld verdienen. Bei der regulären Ausbildung zur Erzieherin oder Sozialassistentin habe das Land die Zahl der Ausbildungsplätze erhöht. „Wir haben mittlerweile etwa 14.000 Menschen in dieser Ausbildung. Davon träumen andere Berufsgruppen.“
Zudem gebe es jetzt die Möglichkeit einer bezahlten Teilzeit-Ausbildung von Erzieherinnen. „Da arbeitet man zwei Tage pro Woche in der Kita und hat drei Tage schulischen Unterricht.“ Wenn die Schule Ferien habe, werde voll gearbeitet. „Damit motivieren wir noch einmal Menschen, sich für diesen Beruf zu entscheiden.“ Die Erziehung von Vorschulkindern erfordere eine hoch qualifizierte Ausbildung, betonte Hamburg: „Kitas sind Bildungseinrichtungen. Deswegen haben wir zu Recht einen gewissen Anspruch an die Fachkräfte.“
Studien hätten ergeben, dass etwa ein Viertel der Erzieherinnen und Erzieher den Beruf nach einer gewissen Zeit wieder verlasse, erläuterte die Ministerin. Das sei eine relativ große Zahl, die den Bundesländern momentan sehr zu denken gebe. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Einrichtungen, die eine dritte Betreuungskraft in einer Gruppe einführen, Fachkräfte zurückgewinnen können“, sagte Hamburg. „Weil die Erzieherinnen und Erzieher sagen: Wenn wir zu dritt sind, kann ich mir wieder vorstellen, diesen Job auszuüben.“