Bremen, Gütersloh (epd). Bundesweit haben im Jahr 2021 einer Studie zufolge 47.490 Jugendliche die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Gemessen an der Gesamtzahl der Gleichaltrigen betrug der Anteil 6,2 Prozent, wie die am Montag in Gütersloh veröffentlichte Analyse im Auftrag der Bertelsmann Studie ergab. Im Vergleich zum Jahr 2011 stagniere die Quote der Schulabbrecher auf hohem Niveau. Demnach lag der Anteil damals schon bei 6,1 Prozent - Bremen liegt deutlich darüber.
Die Auswertung des Essener Bildungsforschers Klaus Klemm umfasst bundesweit alle Jugendlichen, die zum Ende ihrer Pflichtschulzeit keinen Schulabschluss erhalten. Im Jahr 2021 befanden sich in dieser Gruppe mit 60 Prozent mehr Jungen als Mädchen, wie es hieß. Zudem seien junge Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft fast dreimal so oft vertreten gewesen wie gleichaltrige Deutsche (13,4 zu 4,6 Prozent). Jede und jeder zweite Jugendliche ohne Hauptschulabschluss habe eine Förderschule besucht.
Laut der Studie sind die Chancen auf einen Abschluss in Deutschland sehr unterschiedlich verteilt. Im Vergleich aller Länder variierte im Jahr 2021 der Anteil der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss zwischen 5,1 Prozent in Bayern und zehn Prozent in Bremen. Nordrhein-Westfalen lag mit 5,9 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt.
Im Zehn-Jahres-Verlauf zeigen sich Verschiebungen zwischen Ost- und Westdeutschland: Während die Quote in Bremen, Rheinland-Pfalz und im Saarland seit 2011 gestiegen ist, ging sie im selben Zeitraum in Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und am deutlichsten in Mecklenburg-Vorpommern (von 13,3 auf 8,1 Prozent) zurück.
„Trotz positiver Entwicklungen in einzelnen Bundesländern ist es in den vergangenen zehn Jahren insgesamt nicht gelungen, den Anteil junger Menschen ohne Schulabschluss zu reduzieren“, kritisierte Nicole Hollenbach-Biele, Schul-Expertin bei der Bertelsmann Stiftung. Das sei insbesondere deshalb ein Problem, weil die moderne Arbeitswelt immer komplexere Anforderungen stelle. Wer ohne Abschluss die Schule verlasse, habe ein höheres Risiko, in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu landen, warnte sie.
Die Stiftungs-Expertin empfiehlt den Schulen digitale Förderprogramme, um Lernrückstände von leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern früher zu erkennen. Außerdem schlägt sie vor, erlernte Kompetenzen über das klassische Abschlusszeugnis hinaus zu dokumentieren. „Auch Jugendliche ohne Abschluss erwerben im Laufe ihrer Schulzeit eine Vielzahl von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen, die überhaupt nicht sichtbar werden“, sagte Hollenbach-Biele. Diese Informationen sei aber wichtig, um deren Chancen auf eine Ausbildung zu verbessern.
Die Stiftung begrüßte die vom Bund geplante Ausbildungsgarantie. Ein weiteres gutes Instrument sieht sie in der „Schülerdatennorm“, die es den Ländern seit 2020 ermöglicht die Daten von Schülerinnen und Schülern ohne berufliche Anschlussperspektive an die zuständigen Jobcenter zu übermitteln. Bislang machen demnach aber nur die Stadtstaaten Hamburg und Bremen davon Gebrauch.