Hameln/Hannover (epd). Die hannoversche Landeskirche hat das Arbeitsverhältnis mit einem Pastor aus dem Raum Hameln-Pyrmont fristlos gekündigt. Grund dafür sei der dringende Verdacht auf Grenzüberschreitungen gegenüber einem Jugendlichen, die als sexualisierte Gewalt zu bewerten seien, teilte die evangelische Landeskirche am Donnerstag in Hannover mit.
Die Hinweise darauf beziehen sich den Angaben zufolge auf einen länger zurückliegenden Zeitraum, in dem der Theologe bereits in der Kirche gearbeitet habe, aber noch nicht als Pastor tätig gewesen sei. Die mutmaßlichen Taten hätten sich auch nicht im Kirchenkreis Hameln-Pyrmont ereignet. Für die pfarramtlichen Aufgaben des unter Verdacht stehenden Mannes werde es zunächst eine Vertretungsregelung geben. Der Pastor ist angestellter Theologe und nicht verbeamtet.
Der Fall werde vom Landeskirchenamt in Hannover der zuständigen Staatsanwaltschaft übergeben, kündigte ein Sprecher an. Dieses Vorgehen entspreche den Grundsätzen der Landeskirche für die Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung in Fällen sexualisierter Gewalt. Die Landeskirche bat mögliche Betroffene oder Zeugen, sich bei nicht-kirchlichen Fachstellen, der Zentralen Anlaufstelle „help“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) oder bei der landeskirchlichen Fachstelle Sexualisierte Gewalt zu melden.
Auf die Frage, ob die mutmaßlichen Taten bereits verjährt seien, sagte der Kirchensprecher, dies müsse die Staatsanwaltschaft entscheiden. In der hannoverschen Landeskirche, der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland, sind bislang 137 Fälle von sexualisierter Gewalt aus der Nachkriegszeit oder entsprechende Verdachtsfälle registriert. 116 davon ereigneten sich in diakonischen Erziehungsheimen.
21 Fälle stehen in einem Bezug zu evangelischen Gemeinden. Zu den mutmaßlichen Tätern gehören unter anderem Pastoren, Diakone und Jugendleiter. Bei den Fällen aus jüngerer Zeit wurden viele Beschuldigte entlassen. In einigen Fällen wurden sie gerichtlich verurteilt. In anderen Fällen wurden die mutmaßlichen Taten erst nach langer Zeit bekannt. Vielfach waren sie verjährt, die mutmaßlichen Täter oft bereits gestorben. In zwölf Einzelfällen ging die Landeskirche in die Öffentlichkeit.