Lehrermangel: Kultusminister in der Kritik

Nachricht 03. Februar 2022

Schulunterricht in Niedersachsen nur zu 97 Prozent sichergestellt

Nach neuesten Zahlen des niedersächsischen Kultusministeriums ist die Unterrichtsversorgung im Land auf einem neuen Tiefststand. Lehrerverbände und Oppositionsparteien üben scharfe Kritik.

Hannover (epd). Aufgrund des Lehrkräftemangels in Niedersachsen ist die Unterrichtsversorgung an den Schulen nach Angaben von Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) auf einem neuem Tiefstand angelangt. Zum Erhebungsstichtag im September 2021 fehlten in Niedersachsen mehr Lehrer als im Vorjahr, sagte Tonne am Mittwoch in Hannover. Mit dem vorhandenen Personal konnten rechnerisch lediglich 97,4 Prozent des nötigen Unterrichts sichergestellt werden.

Von niedersächsischen Lehrerverbänden, der Landtagsopposition und der CDU musste Tonne für diese Bilanz harte Kritik einstecken. Sie machten den Minister für den Missstand verantwortlich. Die Unterrichtsversorgung sei auf den niedrigsten Stand seit zwanzig Jahren gesunken, kritisierten sie übereinstimmend.

Die Zahlen seien „völlig unbefriedigend“, räumte Tonne ein. Das Land arbeite weiter daran, den Lehrerberuf attraktiver zu machen. Um neue Lehrkräfte zu gewinnen, habe er in seinem Ministerium eine Steuerungsgruppe eingesetzt. Ein langfristiges Ziel sei etwa, den Verdienst aller Lehrkräfte mindestens auf die Stufe A13 anzuheben. Zudem solle der Quereinstieg erleichtert und auf neue Personenkreise erweitert werden.

Die Lehrerverbände zeigten sich angesichts der Bilanz entsetzt. Die Unterrichtsversorgung sei an nicht-gymnasialen Schulformen im Durchschnitt sogar nur zu 94 Prozent sichergestellt, kritisierte Torsten Neumann vom Verband Niedersächsischer Lehrkräfte. Christian Hoffmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ergänzte: „Es bleibt unattraktiv, in Niedersachsen Lehrkraft zu werden.“ Besonders die Stellen an Haupt-, Real-, Ober- und Grundschulen schreckten junge Menschen ab, weil dort monatlich rund 400 Euro weniger verdient würden als an den anderen Schulformen.

Oppositionsführerin Julia Willie Hamburg (Grüne) warf dem Minister vor, die Lage schönzureden, wenn er sie etwa mit mehr Elternzeit bei den jungen Lehrkräften erkläre. Nötig sei eine Strategie, „wie übergangsweise mit diesem Mangel umzugehen ist, anstatt ihn erneut wegzudiskutieren“. Dazu gehörten kurzfristig eine Entlastung der Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben und mehr multiprofessionelle Teams.

CDU und FDP forderten größere Anstrengungen, um mehr Lehrkräfte zu gewinnen. Der kultuspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christian Fühner, begrüßte es, dass Tonne die Rahmenbedingungen für den Lehrerberuf verbessern wolle. Er frage sich jedoch, „warum der Minister damit erst jetzt, gut fünf Jahre nach Amtsantritt, anfängt“. Der bildungspolitische Sprechers der FDP, Björn Försterling, forderte die Anhebung der Besoldung auf A13 für alle Anwärter.