Hannover (epd). Der Leiter der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Jens-Christian Wagner, hat sich besorgt über das Aussetzen von Freiheits- und Persönlichkeitsrechten in der Corona-Krise geäußert. Angesichts der Gefahr einer Ausweitung der Pandemie seien diese Maßnahmen sicher berechtigt, sagte Wagner der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Montag): "Aber was mich erstaunt und auch mit etwas Sorge erfüllt hat, ist die Tatsache, wie schnell und wie weitgehend ohne Diskussion der vorübergehende Entzug von Freiheitsrechten gelaufen ist."
Er hoffe, dass die Gesundheitskrise irgendwann überstanden sein werde und die Grundrechte schnell wiederhergestellt würden, fügte Wagner hinzu. "Das, was wir in diesen Tagen erleben, darf keinesfalls zu einem Gewohnheitszustand werden."
Nachdem Anfang der 1930er Jahre in Deutschland Grundrechte wegen der Weltwirtschaftskrise eingeschränkt worden seien, hätten die Nationalsozialisten diese Instrumente nach ihrer Machtübernahme genutzt, sagte Wagner. "Da starb die Demokratie binnen weniger Wochen. Das ist ein warnendes Beispiel. Und da können wir durchaus mit Blick auf die Geschichte Aktualitätsbezüge herstellen. Wir müssen wachsam beobachten, was passiert."
Wagner sagte, er sei sehr froh gewesen, wie besonnen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagiert habe. Sie habe klar formuliert, dass die aktuellen Maßnahmen eine Ausnahme bleiben sollten. "Da gab es andere Politiker, etwa in Bayern, die offenbar in einen Wettlauf miteinander traten, wer der schärfste Hund sei." Bei den Forderungen nach rigiden Ausgangssperren seien auch autoritäre Fantasien mit im Spiel gewesen. "Das kann einem schon ernsthaft Sorgen machen."
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