Initiativen sehen "Spendenzäune" für Wohnungslose kritisch - "Asphalt"-Redaktionsleiter: Dürften höchstens vorübergehende Notlösung sein

Nachricht 27. März 2020

Hannover (epd). Wohnungsloseninitiativen in Hannover sehen sogenannte "Spendenzäune" für Obdachlose kritisch. Sie dürften nur eine vorübergehende Notlösung sein, sagte der Redaktionsleiters des hannoverschen Straßenmagazins "Asphalt", Volker Macke, am Donnerstag. Gut gemeinte Lebensmittelspenden, die an irgendwelchen Zäunen aufgehängt werden, müssten letztlich wie Müll behandelt und entsorgt werden. Es bräuchte einen extra Zaun mit jemanden, der für Ordnung sorge. Im Prinzip lehne er solche Zäune jedoch als menschenunwürdig ab.

Auch der Verein "Obdachlosenhilfe Hannover" betonte: "In der momentanen Zeit der Krise sind wir der festen Überzeugung, dass es absolut kontraproduktiv ist, Lebensmittel, Kleidung und Dinge des täglichen Bedarfs ohne Aufsicht und geregelte Verteilung zur Verfügung zu stellen." Niemand könne sicherstellen, dass es an den Zäunen nicht zu Konflikten komme, teilte der Verein auf Facebook mit. "Die Bedürftigen sind momentan im Krisenmodus." Auch sei fraglich, ob bei verderblichen Lebensmittel die Kühlkette eingehalten werden könne.

Macke sagte, um echte Hilfe leisten zu können, müssten die Spender wissen, was tatsächlich benötigt wird. "Es braucht also Nähe, Gespräche, Augenhöhe. All das fehlt bei solchen Zäunen." Allerdings sei in der Corona-Krise alles anders. Nähe und Gespräche seien derzeit "nur mit Mut und Gottvertrauen" herzustellen. Darum könne ein "Spendenzaun" vorübergehend an einer zentralen und bekannten Stelle, etwa hinter dem Hauptbahnhof oder am Raschplatz in Hannover, sinnvoll sein. Nach der Krise müsse er aber wieder verschwinden.

Die Initiativen betonten, es sei besser, Spenden bei den Einrichtungen für Wohnungs- und Obdachlose abzugeben, die noch geöffnet haben. Dort seien die Helfer mit Mundschutz dicht dran an den Bedürftigen, erläuterte Macke. "Diesen Helfern genau das zu liefern, was sie bei ihren Verteilaktionen brauchen, ist auch in der Krise sicherlich die bessere, die menschenwürdigere Alternative." Auch von der Obdachlosenhilfe hieß es: "Wir nehmen all eure Spenden sehr gerne entgegen und sorgen damit täglich für eine faire und geregelte Ausgabe."

Macke rief zudem die Stadt Hannover auf, leerstehende Hotels anzumieten und die Massenunterkünfte für Wohnungslose zumindest für die gesundheitlich besonders gefährdeten Menschen zu entzerren. "Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was passiert, wenn beispielsweise im Alten Flughafen mit seinen zigfachen dicht an dicht stehenden Betten Corona ausbricht. Das gibt Tote. Das wäre vermeidbar."

Das 1994 gegründete Straßenmagazin "Asphalt" erscheint in Hannover und 14 weiteren niedersächsischen Städten in einer monatlichen Auflage von rund 22.500 Exemplaren. Es wird überwiegend von Wohnungslosen verkauft, die einen Anteil vom Erlös bekommen. Wegen der Corona-Krise ist der Verkauf jedoch derzeit eingestellt. Um den Verkäufern die entgangenen Einnahmen zu ersetzen, gibt "Asphalt" nach eigenen Angaben unter anderem Einkaufsgutscheine aus.

Der Verein "Obdachlosenhilfe Hannover" setzt sich aus Ehrenamtlichen zusammen, die in Hannover wohnungslose Menschen unterstützen.

epd lnb jön/mir
# epd-Service

## Info
Bankverbindung für Spenden: Asphalt-Magazin, IBAN: DE35520604100000602230, BIC: GENODEF1EK1, Evangelische Bank

## Internet
www.asphalt-magazin.de
www.facebook.com/Obdachlosenhilfehannover