Mit einem "Speed Dating" haben der evangelische Kirchenkreis Lüneburg und das Landwirtschaftliche Bildungszentrum Echem ein besonderes Format ausprobiert, um Kirche und Landwirtschaft miteinander ins Gespräch zu bringen.
Echem/Kr. Lüneburg (epd). Erster Gang: Feldsalat mit kandierten Walnüssen. Der kann zum Glück nicht kalt werden, denn bevor Pastorin Annegret Bettex einen Bissen nimmt, vergehen Minuten. Zu viel bisher Unbekanntes hat ihre Gesprächspartnerin Birgit Burmester am Tisch zu erzählen. Die Landwirtin aus Bleckede bei Lüneburg berichtet von der "Höfeordnung", nach der sich die Erbfolge richte. "Ich war eine Quotenfrau", sagt Burmester ohne Ironie. Die Milchquote vom Hof ihres Bruders habe sie mit in den Betrieb ihres Mannes eingebracht.
Mit einem "Speed Dating" wollen das Landwirtschaftliche Bildungszentrum in Echem bei Lüneburg und der evangelische Kirchenkreis Lüneburg am Freitagabend in Echem neun Pastorinnen und Pastoren mit neun Landwirtinnen und Landwirten ins Gespräch bringen - vier Gänge lang. Nach jedem Gericht wird im Speisesaal des Zentrums neu ausgelost, wer wem gegenübersitzt. Die Tische sind dafür mit Kerzen und Tulpen festlich eingedeckt. Miteinander statt übereinander zu reden, das sei die Idee, sagt Anne Zetl von dem Bildungszentrum der niedersächsischen Landwirtschaftskammer. Beide Berufsgruppen stünden in Zeiten des Strukturwandels gleichermaßen unter Druck.
Mit 25 Minuten pro Gang sind die Intervalle für ein "Speed Dating" recht lang bemessen. Als Zetl einen Gong anschlägt, erheben sich dennoch längst nicht alle sofort. Dann geht es weiter: Brote mit mediterranem Dipp. Pastor Axel Küster und Landwirtin Meike Rick sind versehentlich zum zweiten Mal zusammengelost worden. Doch der Gesprächsstoff geht ihnen nicht aus. Eines eint ihre Berufe, stellen sie fest. Unangefochten wie früher sind sie nicht mehr - in einer Zeit, in der Landwirte unter Druck stehen und die Kirchen Mitglieder verlieren.
"Ich mache mit bei Dorf- und Schützenfesten", sagt Pastor Küster. "Das verhilft einem schon zu einer gewissen Stellung." Und Landwirtin Rick beklagt ein Schubladendenken. "Wenn Leute zu mir kommen und sagen, du bist Bäuerin? Das sieht man ja gar nicht. Dann kann ich das nicht als Kompliment auffassen."
Dritter Gang: Bei Porree-Hack-Suppe sind Pastor Henning Hinrichs aus Reppenstedt und Milchbauer Christoph Burmester aus Hittbergen schon mittendrin in einem Thema, das den Landwirten derzeit auf den Nägeln brennt - die Düngeverordnung. Noch mehr polarisiert das, worüber Pastor Johannes Link aus Scharnebeck und Oliver Levedag diskutieren, der in Bleckede Milchschafe hält. Es geht um den Wolf - da ist der Birnen-Schoko-Auflauf zum Dinner-Abschluss Nebensache.
"Wir hatten im letzten Jahr drei Wolfsangriffe, einen direkt am Hof", erzählt der 36-Jährige. Im September sei dabei ein Lamm gerissen worden. "Aber erst letzte Woche haben wir die Bestätigung bekommen, dass es wirklich ein Wolf war und erst jetzt Entschädigung beantragen können", sagt er. "Wenn man Weidetierhaltung macht und Artenvielfalt fördert, ist man auf sich allein gestellt."
Ein leidiges Thema, fügt er an und schwenkt auf ein anderes um. Mit der Kirche habe er nicht viel zu tun, räumt er ein. Der Pastor zieht daraufhin einen Vergleich: In seinem Beruf sei es wie auf einem Bauerhof, es gebe immer etwas zu tun und immer jemanden, der etwas wolle. Dennoch liefen die "Schäfchen" der Kirche davon. Dann leitet er über zum Kampf gegen den Klimawandel, der ihm am Herzen liege. Kirche und Landwirte müssten sich gemeinsam engagieren, betont der 63-Jährige - auch für die folgenden Generationen. "Ich bin gerade Opa geworden."
Wieder läutet Zetl den Gong, diesmal zum Abschluss. Die meisten Gesprächs-Duos lassen sich davon nicht beeindrucken. Sie reden einfach weiter.
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