Immer mehr Politiker und Amtsträger melden Bedrohungen. Auch Niedersachsens Migrationsbeauftragte Schröder-Köpf und Bundesagrarministerin Klöckner sind betroffen. Beide wollen sich nicht einschüchtern lassen.
Hannover/Osnabrück (epd). Erneut macht eine Politikerin schlimmste Bedrohungen gegen sich öffentlich. Die niedersächsische SPD-Landtagsabgeordnete Doris Schröder-Köpf (56) lebt nach eigener Aussage seit zwei Jahrzehnten mit regelmäßigen Beschimpfungen und Bedrohungen - real und in den sozialen Medien, sagte Schröder-Köpf der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" (Mittwoch). Sie habe schon alles in ihrem Briefkasten gehabt: "Blut, Exkremente, Schamhaare, Entführungsdrohungen gegen mich und meine Tochter Klara." Auch Bundes-Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) berichtete in einem Interview von Bedrohungen.
Schröder-Köpf sagte, als ihre Beziehung zum ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bekanntgeworden sei, habe sie die erste Morddrohung erhalten. Vor etwa drei Jahren sei "der rechtsradikale Shitstorm" hinzugekommen, sagte die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe. Vor allem wenn es um Geflüchtete gehe oder sie Frauen mit Kopftuch verteidige, "geht in den sozialen Medien richtig die Post ab".
Auch wenn sie nicht ängstlich sei, wolle sie anders als bisher ab sofort jedes Mal Anzeige erstatten, sagte Schröder-Köpf. Sie kenne kaum Landtagsabgeordnete, die nicht bedroht würden. "Wenn es so weitergeht, stirbt unsere Demokratie. Viele mit großem sozialen Herz werden aufhören sich zu engagieren." Schröder-Köpf forderte eine frühe Aufklärung und Prävention schon in den Schulen und eine konsequentere Strafverfolgung. Der Vorstoß der Bundesjustizministerin, die Anbieter von Plattformen bei strafbaren Inhalten zur Herausgabe der verwendeten IP-Adressen zu verpflichten, sei richtig.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat unterdessen Anlaufstellen für betroffene Kommunalpolitiker und deren Familien gefordert. Sie sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch), sie selbst erhalte Bedrohungen "aus der links- wie aus der rechtsextremen Ecke". Auch Klöckner betonte, sie habe keine Angst. Die zunehmende Radikalisierung dürfe nicht dazu führen, dass Politiker sich abschotteten: "Denn dann hätten diejenigen, die beleidigen, anfeinden und drohen, ja genau das erreicht, was sie wollten."
Erst zum Jahreswechsel war der Bürgermeister von Estorf im Kreis Nienburg, Arnd Focke (SPD), nach Beschimpfungen und nächtlichem Telefonterror zurückgetreten. Der Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme hat nach eigenen Aussage wegen Kritik an der AfD Morddrohungen erhalten. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Heinrich Bedford-Strohm, wurde wegen seines Engagements in der Seenotrettung mit dem Tod bedroht.
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