Hannover (epd). Nach einem Jahr "Fridays for Future"-Streiks verstärken die Jugendlichen ihren Appell an die Bundesregierung zum klimagerechten Handeln. Politiker lobten oft die Arbeit der Schülerinnen und Schüler für mehr Klimaschutz, sagte die Aktivistin Lou Töllner aus Hannover dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Sie sagen uns immer wieder, wie wichtig es sei, dass wir aktiv sind." Dabei streikten die Schüler aber nur, weil die Politik ihrer Aufgabe nicht nachkomme. "Stattdessen wird Verantwortung auf eine einzelne Generation abgeladen, die für die Klimakrise noch nicht einmal etwas kann." Diese Last auf den Schultern zu tragen, sei schwer und "unfassbar ungerecht".
Inzwischen seien die jungen Menschen auch schlicht erschöpft, sagte die 18-jährige Schülerin. "Alle paar Wochen große Demos zu organisieren und das neben der Schule, Studium oder Arbeit durchzuziehen, ist eine gigantische Belastung." Einige würfen den Jugendlichen vor, heuchlerisch zu sein, zum Beispiel weil sie auch Auto führen oder nicht immer die Lebensmittel aus der Region einkauften. Das sieht Töllner anders: "Wir sind Jugendliche, wir können nicht alles perfekt machen. Zwar mischen wir uns politisch ein, aber wir tragen diese Verantwortung nicht alleine. Dafür gibt es in Deutschland eine gewählte Regierung."
Die Bewegung ziehe mittlerweile eine gemischte Bilanz, erläuterte Töllner. "Auf der einer Seite ist uns klar, dass wir super viel erreicht haben." Auf der anderen Seite reiche es bei weitem nicht. "Die Zeit rennt uns davon." Zu den Errungenschaften zähle unter anderem, dass aktuell so viel über Klimaschutz gesprochen werde wie noch nie. Mit ihren Schulstreiks hätten die jungen Menschen dieses Thema jede Woche neu in die Öffentlichkeit gebracht. "Wir haben gezeigt, dass Klimaschutz nicht warten kann und bei allen anderen Entscheidungen mitgedacht werden muss."
Gleichzeitig seien die Jugendlichen enttäuscht darüber, wie schwerfällig die Politik reagiere. Obwohl Ende September mehr als eine Million Menschen in Deutschland für den Klimaschutz auf die Straße gegangen seien, habe die Bundesregierung ein Klimapaket verabschiedet, das nicht einmal diesen Namen verdiene, kritisierte Töllner. Damit habe sie sich bewusst vom Pariser Klimaabkommen verabschiedet. "Das ist respektlos gegenüber all den Menschen, die ihre Zukunft dadurch verlieren - oder jetzt schon unter der Klimakrise leiden."
In Hannover wollen die Schülerinnen und Schüler erstmals eine Auszeit nehmen. Der nächste Streik ist für den 17. Januar geplant.
epd lnb ina mig
# epd-Service