Auf vielen Feldern in Deutschland stehen derzeit grüne Kreuze - ein stiller Protest der Bauern gegen Maßnahmen der Bundesregierung für mehr Umwelt- und Tierschutz. Theologen und Politiker warnen vor einem Auseinanderdriften der Gesellschaft.
Verden/Oldenburg (epd). Der Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, hat Respekt und Wertschätzung für Landwirte gefordert. "Diejenigen, die für unser tägliches Brot sorgen und dabei oftmals um ihre berufliche Existenz ringen, verdienen unsere Achtung", sagte Meister am Sonntag in einem Gottesdienst zum niedersächsischen Landeserntedankfest im Dom von Verden bei Bremen. Zuvor hatte der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit in einem Gottesdienst in Oldenburg zum "tätigen Erntedank" und damit zur Unterstützung bedürftiger Menschen aufgerufen.
"Natürlich sollte man von den drängenden Veränderungen sprechen, die mit dem Klimawandel auf uns zurollen", sagte Meister. Mobilität, Industrie und auch Landwirtschaft trügen einen Teil dazu bei. "Doch die Debatten, die wir führen, verweisen viel zu schnell auf andere. Dabei spüren wir in den vergangenen Monaten stark: Die Zeigefinger haben immer mindestens drei Finger, die auf mich selbst zeigen. Niemand ist schuldlos." Keiner könne sich aus der Verantwortung nehmen.
"Die Welt kommt dem Schöpfungswillen Gottes nicht näher, in dem wir uns gering schätzen oder Misstrauen säen", mahnte Meister. Es komme darauf an, um die besten Lösungen zu ringen - "durchaus auch im guten Streit, als Gemeinschaft in Rücksicht und Ernsthaftigkeit".
Auch Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) warnte vor einer Polarisierung zwischen Landwirten einerseits und Verbrauchern andererseits. "Mich bewegt die Sorge, dass die Gesellschaft auseinanderfällt. Vieles wird nur noch in Gut oder Böse, Schwarz oder Weiß unterteilt", sagte die Ministerin im Verdener Dom. Nur wenn das Brötchen schmecke, verkaufe der Bauer seinen Weizen: "Es kann also nur um Annäherung gehen, nicht um Abgrenzung."
Bischof Adomeit sagte in seiner Predigt zum Erntedankfest, auch im reichen Deutschland lebten immer mehr Menschen an der Armutsgrenze. "Das darf so nicht bleiben, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht." Das gelte bundes- und auch weltweit. Die Dankbarkeit über den Reichtum müsse Folgen haben und zum Teilen und Schenken führen. Gebraucht würden Menschen, die Lücken schlössen und Wege bereiteten, damit Friede entstehe.
"Unsere Welt braucht eine christliche Kirche, die sie ermahnt und die selber Hand anlegt", fügte Adomeit hinzu. So werde die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gemeinsam mit starken Partnern ein Schiff ins Mittelmeer entsenden, um Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu bewahren.
Das Landeserntedankfest Niedersachsen ist eine gemeinsame Initiative der Konföderation evangelischer Kirchen und der Marketinggesellschaft der niedersächsischen Land- und Ernährungswirtschaft. Es wird jährlich von einer anderen evangelischen Landeskirche ausgerichtet.
Bundesweit feiern am ersten Sonntag im Oktober viele evangelische und katholische Christen Erntedank. Das Fest soll deutlich machen, dass der Mensch die Schöpfung Gottes nicht unter Kontrolle hat. Nach christlichem Verständnis gehören Danken und Teilen zusammen. Erntedank-Gottesdienste sind daher oft mit einer Solidaritätsaktion zugunsten notleidender Menschen verbunden.
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