Hannover (epd). Zum Erntedankfest in diesem Jahr (6. Oktober) sollten die Menschen nach Ansicht der hannoverschen Landwirtschaftspastorin Ricarda Rabe vor allem die örtlichen Erzeuger von Lebensmitteln unterstützen. "Wir haben einen riesengroßen Grund, den Land- und Viehwirten dankbar zu sein, dass sie sich nicht beirren lassen und noch immer diese anstrengende Arbeit machen", sagte Rabe im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zwar habe sich die wirtschaftliche Lage auf den meisten Höfen gegenüber dem Vorjahr leicht entspannt. Die Stimmung befinde sich vielerorts allerdings auf einem Tiefpunkt.
"Viele Landwirte fühlen sich von der europäischen Politik und auch von immer neuen Verordnungen aus deutschen Ministerien gegängelt", sagte die evangelische Theologin. Ein Beispiel auf Bundesebene sei aktuell das "Agrarpaket" von Forschungsministerin Anja Karliczek, Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (beide CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Darin zusammengefasst sind unter anderem Regelungen zum Insektenschutz, ein Tierwohlkennzeichen und Änderungen bei Direktzahlungen ab dem Jahr 2020.
Viele Betriebe fürchteten in der Folge massive Einschnitte, betonte die Theologin. "Landwirte protestieren bereits mit grünen Kreuzen an ihren Feldern. Sie sollen ausdrücken, dass die konventionelle Landwirtschaft zu Grabe getragen wird." Aus Sicht der Bauern sei es statt immer neuer Verordnungen dringend an der Zeit, gemeinsam Lösungen zu finden: "Die politischen Entscheider müssen endlich wieder intensiv das Potenzial derjenigen nutzen, die am Ende von der Landwirtschaft leben müssen."
So sei in der Land- und Viehwirtschaft enormes Fachwissen mit einem hohen Grad von Innovation vereint, sagte Rabe. "Alle Welt redet von Digitalisierung, aber kaum anderswo ist sie so weit fortgeschritten wie bei den Bauern." Es sei selbstverständlich, dass Traktoren per GPS nahezu autonom über Felder pflügten oder dass der Zustand von Milchvieh per Handy-App abgefragt werde.
Außerdem investierten Betriebe in Windkraft oder Photovoltaik, hielten Hofläden vor oder vermieteten Ferienquartiere. "Diesen Unternehmergeist sollten wir fördern", sagte Rabe. Den Landwirtinnen und Landwirten seien die Fragen von Klimaschutz und Nachhaltigkeit ebenso wichtig, "denn auch sie wollen ein gutes Leben für ihre Kinder und Enkelkinder und gesunde Böden an die nachfolgenden Generationen weitergeben".
Bei den Verbrauchern mahnte Rabe ein Umdenken bei ihren Konsumgewohnheiten an. Wer mehr Tierwohl in den Ställen und einen anderen Ackerbau wolle, müsse auch bereit sein, dafür angemessen zu zahlen, betonte die Theologin: "Aktuell sind die Bauern vom Insektensterben bis zur Klimakatastrophe gefühlt an allem Schuld, und zugleich kaufen die Leute überwiegend billig produziertes Essen. Das passt nicht zusammen."
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