Die Demonstrationen von "Fridays for Future" in Niedersachsen und Bremen sprengen alle Rekorde. Über 100.000 Teilnehmer versammelten sich an mehr als 70 Orten und forderten mehr Klimaschutz. Auch ein Bischof redete den Menschen ins Gewissen.
Hannover/Bremen (epd). Mehr als 100.000 Jugendliche und Erwachsene haben am Freitag in Niedersachsen und Bremen für den Klimaschutz demonstriert. An mehr als 70 Orten waren Menschen aller Altersgruppen auf den Beinen. Friedlich und laut forderten sie eine konsequente Klimaschutz-Politik, die schnell umgesetzt werden müsse. Allein in Bremen folgten rund 31.000 Teilnehmer einem Appell der Bewegung "Fridays for Future". In Hannover zählte die Polizei etwa 30.000 Teilnehmer. Dort war auch der evangelische Landesbischof Ralf Meister (57) unter den Demonstranten.
In einer kurzen Rede ermutigte Meister die Jugendlichen, weiter zu protestieren. "Eine von euch hat mir neulich gesagt: 'Du gehörst zu einer Generation, die es verkackt hat'", sagte er und stimmte der Kritik zu: Seine Generation habe zu lange ignoriert, was auf dem Spiel stehe. Meister lobte den Ideenreichtum der Jugendlichen. Sie hätten den Älteren gezeigt, dass sie heute von der jüngeren Generation lernen müssten. Die Proteste müssten allerdings gewaltfrei bleiben, mahnte der Theologe. Der Einsatz für das Klima brauche einen langen Atem.
Bremen erlebte mit dem Klimastreik eine der größten Demonstrationen seiner Nachkriegsgeschichte. Der Marktplatz und die umliegenden Straßen waren völlig überfüllt, es herrschte Festival-Stimmung. "Wir brauchen die grüne Null", rief die Aktivistin Frederike Oberheim der Menge zu und spielte damit auf den Beschluss der Großen Koalition an, Maßnahmen zum Klimaschutz ohne zusätzliche Schuldenaufnahme umzusetzen. "Wir brauchen dringend eine sozial-ökologische Wende, einen Systemwechsel", betonte die Studentin unter tosendem Beifall.
In Braunschweig kamen rund 7.000 Demonstrierende zusammen und zogen durch die Innenstadt. Schüler und Studenten, Eltern und auch etliche Senioren mischten sich mit selbst gebastelten Plakaten, Ansteckern und Fahnen unters Volk. Auch eine Kindergruppe der "Kita-for-Future-Bewegung" war dabei. "Kinderrechte beinhalten auch das Recht auf eine saubere Natur", sagte die Erzieherin Christine Engel (58).
In Oldenburg beteiligten sich 10.000 Teilnehmer, in Emden und Aurich jeweils bis zu 1.500. In Emden hatten Gastronomen Frühstücksgutscheine für die originellsten Banner ausgelobt. Den Auftakt im Nordwesten machte am Morgen die Nordseeinsel Spiekeroog. Dort versammelten sich rund 400 Schüler, Insulaner und Gäste am Hafen. Die Leiterin des Nationalparkhauses auf der Insel, Swantje Fock, sagte: "Bei einem Anstieg des Meeresspiegels sind das Wattenmeer und die Inseln als Lebensraum für Tausende Tiere und den Menschen bedroht."
In Osnabrück übergaben 4.500 Demonstranten eine Resolution mit Forderungen an die Stadt. Darin verlangen sie "drastische Veränderungen" für den Klimaschutz unter anderem bei Mobilität, Energie, Gebäude, Ernährung und Abfallwirtschaft.
In Göttingen versammelten sich laut Polizei 7.000 Menschen. Im Demonstrationszug rollten auch fünf geschmückte Traktoren der "Farmers for Future" mit. In Bremerhaven demonstrierten rund 4.000 Menschen, in Lüneburg 3.000.
"Fridays for Future" hatte erstmals Menschen aller Generationen zu den Protesten aufgerufen. Unterstützt wurden die Jugendlichen von Umweltverbänden, Kirchen, Gewerkschaften und Unternehmen. Landauf landab waren auf Plakaten Slogans zu lesen wie "Fällt Entscheidungen anstatt Bäume", "Oma, was ist ein Schneemann?" oder "Make love, not CO2".
In der Landeshauptstadt hatte sich auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (52, SPD) unter die Demonstranten gemischt. "Der Klimawandel treibt mich seit Jahren um", sagte er dem epd. Aber seit "Fridays for Future" für den Klimaschutz kämpfe, seien klimapolitische Ziele viel leichter durchsetzbar.
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