Hannover/Göttingen (epd). Der Göttinger Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann befürwortet den geplanten Einbau des umstrittenen "Reformationsfensters" in der Marktkirche in Hannover. "Ich glaube, dass es ein Gewinn sein wird", sagte Kaufmann dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das 13 Meter hohe Buntglasfenster, entworfen von dem Künstler Markus Lüpertz (78), zeigt eine Figur, die Martin Luther darstellen soll, sowie Motive mit Bezug zur Reformation. Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will es der Kirche schenken. Um das Kunstwerk ist ein juristischer Streit entbrannt. Ein Architekten-Erbe will den Einbau verhindern, weil er nicht zur Neugestaltung der spätgotischen Kirche in der Nachkriegszeit passe.
Kaufmann betonte, moderne Fenster in mittelalterlichen Kirche gebe es in Deutschland seit den 1950er Jahren. "Wir haben sehr eindrucksvolle, auch abstrakte Bilder in gotischen Bauten." Im Krieg habe es einen großen Verlust an Kirchenfenstern gegeben. Deshalb seien neue Fenster notwendig und selbstverständlich gewesen. "Kirchen sind keine Museen", sagte Kaufmann am Rande einer Vortragsveranstaltung in Hannover. "In der jeweiligen Gegenwart kommen immer neue Elemente hinzu."
Eine "interessante Chance" ist aus Sicht von Kaufmann die Darstellung von fünf Fliegen als Symbol für das Böse und die Vergänglichkeit auf dem Reformationsfenster. Die Fliegen spielten auf den Teufel als den "Herrn der Fliegen" an. Der Teufel sei ein zentrales Thema in Luthers Theologie. "In den letzten zwei Jahrhunderten wurde es aber eher unter den Tisch gekehrt", sagte der Historiker, der als einer der führenden Luther-Kenner in Deutschland gilt. Das Fenster böte hier Anlass für Rückfragen.
Altkanzler Gerhard Schröder, der mit dem Künstler Lüpertz befreundet ist, will der zentralen Marktkirche der Bild als Ehrenbürger von Hannover schenken. Zur Finanzierung will er Vortragshonorare von Verbänden und Unternehmen in Deutschland weitergeben. Allein die Kosten für Material, Herstellung und Einbau des Fensters werden auf rund 150.000 Euro geschätzt.
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