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Herbert Gruhl
Ein Planet wird geplündert. Die Schreckensbilanz unserer Politik
S. Fischer Verlag, Frankfurt/M. 1975, ISBN-10: 3100286014, 376 Seiten. Nur noch antiquarisch erhältlich. Weitere Informationen: http://herbert-gruhl.de.

 

Vor knapp 45 Jahren, 1975, erschien das Buch „Ein Planet wird geplündert“. Verfasser ist der damalige Bundestagsabgeordnete Herbert Gruhl. Er gehörte damals nicht nur der Arbeitsgruppe Reaktorsicherheit des Innenausschusses des Deutschen Bundestages an, sondern war auch Vorsitzender der Arbeitsgruppe Umweltvorsorge in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

In seinem Buch bilanziert Gruhl die ökologische „Schreckensbilanz unserer Politik“, die er mit Begriffen wie „Raubbau” und „Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen” beschreibt. Er plädiert schon 1975 dafür, das wirtschaftliche Handeln des Menschen an die begrenzten Ressourcen der Erde anzupassen und unterscheidet zwischen „reversibler und irreversibler Umweltverderbnis“:


Irreversibel ist die Ausrottung von Tier- und Pflanzenarten. Diese Bedrohung sagt einem heutigen Leser wahrscheinlich wenig, wenn er zur Natur und ihrer Vielfalt kaum eine Beziehung hat. Wir können aber an sein ökonomisches Denken appellieren: Aus den wildlebenden Tieren und Pflanzen sind unsere nutzbaren Arten gezüchtet worden und durch neue Kreuzungen finden immer weitere Verbesserungen satt. […]

Nahezu irreversibel ist die Betonierung des Bodens, fast immer fruchtbaren Bodens, durch Wohnbauten, öffentliche Gebäude, durch Industrieanlagen und Autostraßen. Diese Bauten lassen sich zwar auch wieder beseitigen, wenn sie ihren Zweck verloren haben, aber mit einem viel zu hohen Aufwand, als dass diese Chance Aussicht hätte, realisiert zu werden. Auch wäre meist nur die Raumfläche, in den seltensten Fällen noch der fruchtbare Boden darunter, wieder zu gewinnen. Nach Ernst Basler entspricht die Zunahme des Bauvolumens in Prozent fast genau der Zunahme des Bruttosozialprodukts in Prozent.

Irreversibel kann die Vergiftung von Binnenseen und sogar der Weltmeere werden. Vor allem, wenn diese weiterhin als Abladeplatz für giftigen und radioaktiven Mülle dienen, mit Öl verseucht werden, und wenn durch die Flüsse statt Frischwasser nur noch Abwässer zugeführt werden. Eine Wiederbelebung wäre insbesondere bei stehenden Gewässern eine Jahrzehnte währende Angelegenheit.

Bei chemischer und radioaktiver Verseuchung des ökologischen Kreislaufs liegen die Verhältnisse ähnlich wie beim Wasser.

Am wenigsten nachhaltig wäre eine Vergiftung der Luft – es sei denn, sie wäre radioaktiv verseucht. Normalerweise wird sich die Luft erneuern, solange die Pflanzen-, insbesondere die Waldbestände der Erde in großem Ausmaß erhalten bleiben. Diese sind aber […] höchst gefährdet. Wie schwer einmal verkarstete Flächen wieder bewaldet werden können, das zeigen die vielen traurigen Beispiele der Geschichte. Auch eine so starke Verunreinigung der Weltmeere, dass ihre Sauerstoffproduktion zum Erliegen käme, wäre eine tödliche Gefahr für die Atmosphäre; denn die Weltmeere produzieren schätzungsweise 70 Prozent des Sauerstoffs.

Der Lärm hat den Vorteil, dass er notfalls auf der Stelle beendet werden kann. […] Lärm ist eben nur in den gesundheitlichen Schäden, die er hinterlässt, irreversibel; seine Quelle kann abgestellt werden oder fast immer herabgesetzt werden.

Übrig bleiben schließlich die beiden Faktoren, die kaum eintreten werden, weil längst vorher die anderen Kräfte zur Katastrophe geführt haben. Die Abwärme wäre sicher dann irreversibel, wenn man die Energieproduktion rücksichtslos soweit vorantriebe, bis die praktischen Folgen nicht mehr zu stoppen wären. Der absolute Höhepunkt der Veränderung des Weltklimas würde nämlich erst mit einigen Jahren Verzögerung eintreten. Die unerträgliche Raumenge würde sich wahrscheinlich in unablässigen Ausrottungskriegen äußern und wäre damit prinzipiell reversibel.

Oliver Friedrich