Jugendliche hören nicht nur viel Musik, sie singen auch sehr gern. Es kommt allerdings darauf an, was man ihnen zum Singen anbietet. Am besten gelingt es mit Popmusik. Dabei ist es ziemlich egal, ob man Oldies oder aktuelle Hits singt. Begeistert sind die Jugendlichen, wenn sie die angebotene Musik aus dem Radio kennen. Ich habe in meiner langen Praxis als Musiklehrer an einer allgemeinbildenden Schule diese Erfahrung immer wieder gemacht. Singen stand immer an erster Stelle. Selbst attraktive Musik-Videos wurden verschmäht, wenn die Alternative ‘Singen’ hieß. Deswegen sollte man auch im Konfirmandenunterricht den Mut zum Singen haben. Dabei muss man sich nicht gleich mit den Neuen Geistlichen Liedern oder Chorälen aus dem Gesangbuch abmühen. Wichtiger ist es, erst einmal die Lust am Singen und Musizieren überhaupt zu wecken und über das gemeinsame Singen eine gelöste, vertraute Atmosphäre herzustellen. Wenn die Gruppe sich singend aneinander gewöhnt hat, dann wage man sich ruhig an die Lieder aus dem kirchlichen Umfeld.
Anleitungsverhalten
Worauf kommt es an, wenn man Jugendliche zum Singen anleiten will? Neben der geschickten Lied-Auswahl ist eine möglichst stilgerechte Begleitung notwendig. Ideal ist dabei eine Gitarre oder ein Klavier als rhythmische und harmonische Stütze. Wer eines dieser Instrumente spielt, hat beste Voraussetzungen.
Weiterhin darf man die Ausstrahlung der/des Anleitenden nicht unterschätzen. Eigene Unsicherheiten übertragen sich sofort auf die Gruppe. Deshalb ist es am besten, wenn man sich das ausgewählte Lied vorher gut angesehen und eingeprägt hat und dadurch die Sache gelassen und selbstsicher angehen kann.
Achten Sie bitte unbedingt auch auf den Tonhöhenumfang des Liedes. Lieder aus dem Bereich der Popmusik sind für normale Stimmen häufig zu hoch gesetzt. Über das zweigestrichene c (c’’, das ist das zweite c rechts vom Schlüsselloch auf dem Klavier) sollte die Melodie nicht hinausgehen. Notfalls müssen Sie das Lied tiefer spielen. Neben einer sicheren, kräftigen Stimme ist auch ein klarer, zwingender Einsatz zum gemeinsamen Beginn des Liedes notwendig. Fangen Sie also nicht einfach an und hoffen, dass alle schon nach und nach dazukommen. Wenn man eine Hand frei hat, hebt man die Hand zum Einsatz. Wichtiger ist allerdings noch dabei das deutlich hörbare, suggestive Einatmen, evtl. mit leichtem Anheben des Kopfes. Das muss man vor dem Spiegel ein paar mal "trocken" üben. So kann ein klarer Einsatz zum Singen gelingen und alle Mitsängerinnen und -sänger werden gleich von Anfang an "mitgenommen". Und das ist dann eigentlich schon alles, was Sie bedenken müssen. So kann das gemeinsame Lied gelingen.
Playback
Wer kein Instrument spielt und trotzdem im Konfirmandenunterricht singen will, der sollte es einmal mit dem Playback probieren. Mittels einer Kassette oder CD wird der Begleitsound des Liedes eingespielt und man singt dazu. Gleichzeitig kann man aber auch noch den Sound mit dazugespielten Rhythmusinstrumenten erweitern. Hierzu muss man sich vorher das Playback genau anhören, um festzustellen, wie lange das Vorspiel dauert und wann die Melodie anfängt. Gelegentlich finden sich auch instrumentale Zwischenspiele, die einen nicht überraschen dürfen. Häufig wird auf den Playbacks die Melodie mit einem Instrument zur Orientierung leise mitgespielt.
Der Vorteil, wenn man mit Playback arbeitet: Man hat einen relativ authentischen Sound zur Begleitung der Lieder. Nachteil: Man ist auf das Funktionieren des Tonträgers angewiesen und muss sich dem vorgegebenen Tempo und Lied-Ablauf beugen. Aber es klappt in der Praxis häufig viel besser, als zuvor gedacht und kann das lebendige Singen sehr gut stützen.
Wer hierzu Material sucht, der findet viel Brauchbares in den jährlich erscheinenden Heften Popmusik und Religion (PuR)1, ebenso in den inzwischen 5 Heften "Pop und Rock singen und spielen" des Institutes für Didaktik der Populären Musik2, allesamt mit Playback-CDs ausgestattet.
Rhythmus-Instrumente
Was macht man mit den Jungen in der Gruppe, die gerade im Stimmbruch sind?
Ich lasse sie mitsingen, wenn sie das selber wollen. Wenn die Stimme aber zu sehr "kiekst", dann gebe ich ihnen Rhythmusinstrumente in die Hand. Empfehlenswert sind Instrumente, die nicht zu laut und zu dominant sind, wie z. B. Chicken-Eggs, kleine Rassel-Eier, die man für etwa DM 6,00 das Stück bekommt. Ebenso eignet sich eine Cabasa, ein mit Perlenketten bespannter Zylinder bzw. Kürbis. Dies sind alles Instrumente, die schon bei ihrem Anblick zum Spielen reizen. Orff-Instrumentarium kann man natürlich auch einsetzen. Es ist bei den Jugendlichen aber häufig mit Erfahrungen aus Kindergarten und Grundschule belastet. Reizvoll für Jugendliche sind in besonderer Weise die Fell-Instrumente. In Frage kommen hier Bongos (fellbespannte Handtrommeln, als Paar miteinander verbunden). Sie sollten relativ hoch gestimmt sein. Auch stellt man sie am besten auf einen Bongo-Ständer, damit man sie im Stehen spielen kann.
Sehr motivierend sind auch die afrikanischen Trommeln, die man in "Eine-Welt-Läden" gut erstehen kann.
Man kann den Jugendlichen dazu einen Rhythmus vorgeben, etwa eine aus der Melodie abgeleitete Folge, genauso kann man ohne weiteres darauf vertrauen, dass sie nach einer Phase des Probierens selbst einen Rhythmus finden, der passt. Es geht ja hierbei nicht um ein ausgefeiltes Pop-Arrangement, sondern um fröhliches, befreites Singen, was einfach gut tun soll. Man muss also nicht alles anleiten! Vieles findet sich wie von selbst, wenn man Probierphasen zulässt.
Body-Percussion
Spaß macht es auch, einen Vocal-Rhythmus zu der gesungenen Melodie dazuzusprechen. Hier ein Beispiel für einen ganz einfachen Standard-Rhythmus, der eigentlich immer passt:
Man spricht den Rhythmus vor und lässt ihn dann lange wiederholen. Er lässt sich auch gut auf den Knien mit linker (L) und rechter (R) Hand klatschen.
Wenn man auch noch das "Crash-Becken" hörbar machen will, erweitert man den Rhythmus um das klangvolle Wort "Sigi Busch" (ein berühmter Jazz-Bassist), am besten verbunden mit einer kräftigen Handbewegung in Richtung des imaginären Beckens.
Wem das alles entschieden zu laut wird, kann es auch mit sogenannter "Bleistift-Percussion" auf der Tischplatte versuchen. Dann geht aber einiges von der Körperlichkeit des Rhythmus verloren.
Rap
Mit diesen gesprochenen Rhythmen ist man schon relativ dicht an den vokalen Möglichkeiten des Rap.
Ich möchte Ihnen Mut machen, hier Experimentierfreude zu entwickeln und dieses aktuelle Metier für den Konfirmandenunterricht zu erschließen. Gerade auch, wenn die Konfirmandengruppe sich mit dem Singen schwer tut, oder viele Jungen in der Gruppe sind. Zum Einstieg sollten Sie es erst ruhig mal mit dem rhythmischen Sprechen eines Kanons probieren, z. B. "Ein Licht geht uns auf in der Dunkelheit" (TVD-Kanon-Buch)3. Im Kanoneinsatz gesprochen und instrumental und/oder vokal gestützt, ergibt sich auf einfache Weise ein richtig schöner, groovender Rap. Wenn Sie freie Texte rhythmisieren wollen, empfehle ich als Lektüre das Heft KU Praxis 354, in dem sich viele entsprechende Anregungen finden. Spannend wird es, wenn die Jugendlichen selbst Rap-Texte entwickeln oder vorgegebene Texte rhythmisch gestalten. Auch hier gilt es, nicht alles vorzugeben, sondern Lernfelder zu organisieren, in denen die Jugendlichen selbst Gestaltungen entwickeln können.
Anmerkungen
- PuR, Materialbrief Popularmusik und Religion. Deutscher Katechetenverein, München. Erscheint einmal im Jahr. Bestelladresse: DKV-Buchdienst, Preysingstr. 83 c, 81667 München.
- Institut für Didaktik populärer Musik, Hauptstraße 34, 21436 Oldershausen.
- Mein Kanonheft, Nr. 281. tvd-Verlag, Düsseldorf.
- Gott gab uns Atem ... Anregungen und Bausteine zu Liedern. Ku-Praxis Heft 35, Gütersloh 1996