Ein Pilgerweg ist zum einen eine konkrete auch ganz körperliche Anstrengung auf einem Weg durch eine Landschaft mit konkreten Orten und Aufgaben. Ein Pilgerweg ist aber zugleich ein ganz persönliches, ein geistliches, ein spirituelles, ein theologisches, gerade darin auch ein politisches Ereignis. Dieser Innenseite will ich mich zuwenden.
Woran orientieren wir uns auf dem Weg zu einer „Kirche des gerechten Friedens”? An unserem Glauben! An der Quelle unseres Glaubens, an der Bibel. Ich will Sie daher einladen zu fünf Stationen auf einen „Pilgerweg durch die Bibel“. In der Bibel können wir erkennen, woraus wir leben und wofür wir Gott einfach nur danken können. Sie führt uns vor Augen, was wir als schreiendes Unrecht zu beklagen und öffentlich zu machen haben. Sie zeigt uns, wo Veränderung zum Frieden stattfindet und Gottes Güte uns zur Umkehr leitet.
Bei einem Pilgerweg suchen wir aktiv besondere Orte auf, die uns wichtig sind. Wir bleiben eine Weile an diesen Orten. Wir nehmen wahr, was sie bedeuten. Wir beten zu Gott um Erkenntnis und Erleuchtung. Aber wir verharren dort nicht. Wir gehen mit einem neuen Blick, beunruhigt und auch gestärkt, bewegt und ermutigt unseren Weg weiter. So mag das vielleicht auch sein an den Orten, die wir nun in der Bibel aufsuchen und kurz verweilen:
Pilgerweg, Station 1:
Gottes Ruf ins Dasein gilt allen seinen Geschöpfen – und darum auch allen Menschen mit all ihren Überzeugungen und Religionen.
Gott schuf Himmel und Erde mit allem, was darauf ist und kreucht und fleucht. In allem ist also Gottes Schöpferwillen und sein lebensdienlicher Geist enthalten. Alles Geschaffene – nicht nur der Mensch – lobt Gott, den Schöpfer. In Psalm 98,7-9 heißt es:
„Jauchzet dem HERRN, alle Welt,
singet, rühmet und lobet!
Lobet den HERRN mit Harfen,
mit Harfen und mit Saitenspiel!
Mit Trompeten und Posaunen
jauchzet vor dem HERRN, dem König!
Das Meer brause und was darinnen ist,
der Erdkreis und die darauf wohnen.
Die Ströme sollen frohlocken,
und alle Berge seien fröhlich
vor dem HERRN;
denn er kommt, das Erdreich zu richten.“
Die ganze Schöpfung stimmt in diesem Psalm mit uns ein in das Lob – als eigenes Subjekt, für sich selbst und nicht durch uns! Wir aber haben die Natur entgöttert. Oder besser: Wir haben sie ihres Bezugs zum Schöpfer beraubt. Wir verleugnen, dass Gott in seiner ganzen Schöpfung präsent ist. Stattdessen haben wir sie von Gottes Geschöpf zum seelenlosen Material unseres Gebrauchs, ja unseres Verbrauchs gemacht. Mittlerweile ist die Hälfte aller Arten von Lebewesen auf unserem Planeten ausgestorben. Der Klimawandel zeigt dramatische Wirkungen. Ein Drittel aller Nahrungsmittel weltweit kommt um. Wir entziehen uns selbst die Lebensgrundlagen.
Es wird Zeit, dass wir die Heiligkeit des Lebens und der Natur neu entdecken. Heilig sind Natur und Leben, weil sie selbst in einer eigenständigen Beziehung zu ihrem Schöpfer stehen. Darin sind sie unantastbar. Wir sollen unsere Welt also nicht einfach nur nutzen. Wir sollen sie bebauen und bewahren. Gott nimmt uns in seine Verantwortung und Liebe zu allem Geschaffenen hinein. Wir sollen uns an ihrer von Gott gegebenen Schönheit auch erfreuen und mit ihr gemeinsam Gott loben. „Und siehe, es war sehr gut!“ – „Und siehe, es war sehr schön!“
Eine zweite Einsicht auf dieser ersten Station unseres Pilgerweges durch die Bibel ist mir wichtig:
„Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ (Genesis 1,27).
Gott schuf den Menschen, nicht den Christen, nicht den Juden, nicht den Muslim, nicht den Buddhisten. Alle Menschen sind nach seinem Bilde geschaffen. Ist dann nicht die Einsicht zwingend, dass der eine Gott zu allen Menschen als ihr Schöpfer eine je eigene Beziehung hat – und nicht etwa nur zu uns Christen? Weil wir nur seine Geschöpfe sind, also in unserer Einsicht und Erkenntnis notwendig beschränkt, weil wir alle Gott in seiner Ganzheit nicht erfassen können, sondern immer nur ein Bruchstück vom ihm, ist es dann nicht zwingend, dass andere Menschen anderen Glaubens ebenfalls ihre, von uns unterschiedene Einsicht und Erkenntnis Gottes haben, ebenso begrenzt und bruchstückhaft? Und ist es dann nicht notwendig, dass wir uns gegenseitig unsere Einsicht bezeugen, unseren Glauben, das, was uns unbedingt angeht, ohne das wir nicht leben können und wollen?
Darum halte ich den Dialog der Glaubenden aus allen Religionen in unserer Zeit für den Weg des Friedens von größter Bedeutung. Dieser Dialog hat allerdings eine zentrale Voraussetzung. Er kann nur gelingen, wenn alle daran Beteiligten anerkennen, dass sie nicht die ganze Wahrheit haben. Keiner kann sich in seiner Erkenntnis und seinem Glauben absolut setzen. Er würde sich an Gottes Stelle setzen. Und das ist der Kern aller Sünde, aller Schuld aller Gewalt: „Sein wollen wie Gott.“
Haben wir aber für uns selbst verstanden und angenommen, dass auch unser christlicher Glaube immer nur begrenzte Gotteserkenntnis ist? Sind wir in der Lage, wirklich hinzuhören, was andere Religionen von dem einen Gott bezeugen? Sind wir bereit, für einen solchen gewaltfreien Dialog einzustehen und ihn zu verteidigen?
Pilgerweg, Station 2:
Der Vater unseres Glaubens Abraham, das aus der Gefangenschaft herausgeführte Volk Israel und die daraus hervorgegangene Christenheit sind berufen zum Segen für alle Völker und die ganze Schöpfung.
„Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden. Da zog Abram aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte, …“ (Genesis 12,1-4)
Abraham wird von Gott auserwählt. Er tritt ein in eine besondere, von anderen glaubenden Menschen unterschiedene Beziehung zu Gott. Und mit ihm das Volk Israel, das aus ihm hervorgeht. Dieses Volk hat ebenfalls eine besondere von anderen Völkern unterschiedene Beziehung zu Gott. Es erfährt Gott als den, der aus Gefangenschaft befreit und in ein Land führt, in dem das Leben im Schalom, im Frieden Gottes gelingen kann. Und auch wir Christen sind in unserem Glauben an Jesus Christus als den Sohn Gottes, des Gottes Abrahams und Israels, herausgerufen zu einem besonderen Auftrag. So gesehen ist unser Glaube exklusiv. Er ist für uns Christen allein auf Christus bezogen, in dem sich Gott für uns zu erkennen gibt. Diese Gottesbeziehung in Christus kann für uns im Dialog mit anderen Religionen nicht beliebig und in Frage gestellt werden. Sie kann nicht für irgendeinen allgemeinen Gottesbegriff als kleinsten gemeinsamen Nenner aufgegeben werden.
Was aber sind der Auftrag und das Ziel dieser unserer Berufung? Dieser Glaube bedeutet ja nicht die Bestätigung des Bestehenden. Und schon gar nicht den Schutz vor Veränderungen. Im Gegenteil:
„Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will.“
Unser Glaube bedeutet Aufbruch zu dem hin, was noch nicht ist. Er ist Pilgerschaft zu einem Ziel, das wir noch nicht kennen. Und dieses Land, zu dem wir unterwegs sind, gehört nicht etwa nur uns. Es ist ein Land, in dem wir zum Segen werden sollen für alle Völker.
Abrahams besondere Berufung, die seines Volkes Israel, unsere besondere Berufung gilt nie für uns allein. Sie grenzt uns gerade nicht von anderen ab. Sie bedeutet nicht Exklusion. Im Gegenteil, Gottes Ruf an uns führt uns konsequent in die Inklusion, in die Verantwortung für alle, in das Segenshandeln für alle Menschen und Völker. Ich erinnere an den Satz aus der Barmer Theologischen Erklärung: „Durch ihn [Jesus Christus, M.S.] widerfährt uns frohe Befreiung aus den gottlosen Bindungen dieser Welt zu freiem, dankbarem Dienst an seinen Geschöpfen.“ – Welch eine Kraft und Ermutigung zum Frieden steckt in dieser Einsicht!
Pilgerweg, Station 3:
Es ist mit den Propheten aller Zeiten unsere Aufgabe, Unrecht und Gewalt beim Namen zu nennen und an ihrer Überwindung zu arbeiten und für einen gerechten Frieden einzutreten.
Auf Witwen und Waisen, Fremdlinge und Flüchtlinge, Schuldsklaven und Arme richtet sich der liebende Blick der Bibel. Nicht nur ihr ganz persönliches Leid, sondern auch die Ursachen ihres Leides in Ungerechtigkeit und Gewalt werden immer wieder benannt. Es ist die besondere Aufgabe der Propheten, immer neu daran zu erinnern, zu mahnen und manchmal mit drastischen Aktionen zum öffentlichen Ärgernis zu werden.
Verweilen wir kurz beim Propheten Amos. Mit Leidenschaft tritt er für soziale Gerechtigkeit ein:
„Höret dies, die ihr die Armen unterdrückt und die Elenden im Lande zugrunde richtet und sprecht: Wann will denn der Neumond ein Ende haben, dass wir Getreide verkaufen, und der Sabbat, dass wir Korn feilhalten können und das Maß verringern und den Preis steigern und die Waage fälschen, damit wir die Armen um Geld und die Geringen um ein Paar Schuhe in unsere Gewalt bringen und Spreu für Korn verkaufen? Der HERR hat bei sich, dem Ruhm Jakobs, geschworen: Niemals werde ich diese ihre Taten vergessen!“ (Amos 8,4-7)
Und mit eben solcher Leidenschaft kritisiert er jede Form verlogener Religiosität, jede Form einer losgelösten Spiritualität als esoterische Übung und tritt für den untrennbaren Zusammenhang von Gottesdienst im Tempel und dem Dienst für Gott im Alltag ein:
„Ich bin euren Feiertagen gram und verachte sie und mag eure Versammlungen nicht riechen. Und wenn ihr mir auch Brandopfer und Speisopfer opfert, so habe ich kein Gefallen daran und mag auch eure fetten Dankopfer nicht ansehen. Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören! Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ (Amos 5,21-24)
Machen wir noch einmal kurz Halt bei Jesaja: Noch sind Jerusalem und der winzige Staat Juda unabhängig. König Ahas regiert mit Zittern und Zagen. Um sie herum zieht eine unheilige Allianz aus kleinen Potentaten als Marionetten der Weltmacht der Assyrer zusammen, um Juda zu überrennen und Jerusalem zu erobern.
Was tun: Aufrüsten? Die Mauern verstärken? Einen Ausfall machen und die offene Feldschlacht suchen? Ahas ist verzweifelt, die Lage brandgefährlich, wenn nicht aussichtslos. Und da kommt der Prophet Jesaja zu ihm mit einem unglaublichen Rat:
„Hüte dich und bleibe still; fürchte dich nicht, und dein Herz sei unverzagt vor diesen beiden Brandscheiten, die nur noch rauchen, … Gott der HERR spricht: Es soll nicht geschehen und nicht so gehen.“ (Jesaja 7,4-7)
Der Rat des Propheten, der Logik des Krieges nicht zu folgen und nicht Gewalt mit Gegengewalt zu antworten, gipfelt in dem Satz: „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.“ (Jesaja 7,9)
War der Prophet Jesaja ein unrealistischer religiöser Träumer? Kann man Gewalt ohne Gewalt überwinden? Kann Stillhalten jemals Erfolg haben? In der historischen Situation hat König Ahas den Rat des Propheten ausgeschlagen. Er hat gekämpft und alles ging verloren. Viele Menschen starben. Jerusalem wurde zu einer Trümmerwüste. Der Tempel völlig zerstört. Die Elite des Landes wurde in babylonische Gefangenschaft deportiert.
Was gewesen wäre, hätte Ahas nicht gekämpft? Wir wissen es nicht. Vielleicht hätten die Assyrer die Elite im Land gelassen und den Judäern eine relative Freiheit gelassen. Vielleicht wäre sogar der Tempel stehen geblieben. So jedenfalls haben das die Assyrer mit einigen anderen unterjochten Völkern gemacht, die sich kampflos ergeben hatten. Vielleicht war der Rat des Jesaja nicht nur religiös geboten, sondern zugleich politisch vernünftig.
Nur zwei kleine biblische Einblicke, an denen auch wir ermessen können, was bedeuten könnte, unsere Aufgabe wahrzunehmen, Unrecht und Gewalt beim Namen zu nennen und an ihrer Überwindung zu arbeiten. Was können wir in Wort und Tat bezeugen für den Frieden in der Gemeinschaft und unter den Völkern?
Pilgerweg, Station 4:
Unser Glaube an Jesus Christus als Weg, Wahrheit und Leben ist nicht exklusiv. Christus selbst führt uns über uns hinaus in den Dialog mit und die Verantwortung für den fremden Nächsten.
Ich komme von dem zentralen und reichhaltigen Zeugnis der Bibel des Alten Testaments zum Neuen Testament, zu Christus, dem Gesalbten Gottes, dem lieben Sohn und wahren Menschen Jesus. Beim Evangelisten Johannes lesen wir in Jesu Worten über sich selbst:
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Johannes 14,7)
Exklusiver scheint es nicht zu gehen. Ohne Christus kein Zugang zu Gott. Er ist der Schlüssel und der Grund zu allem. Ist das nicht ein Absolutheitsanspruch, hinter den wir als Christen nicht zurückkönnen? In unserer Geschichte hat dieser vermeintliche Absolutheitsanspruch unendliches Leid etwa im 30-jährigen Krieg über uns selbst und in den Kreuzzügen über viele andere Menschen gebracht. Jeder Absolutheitsanspruch „Nur so und nicht anders!“ gebiert Ausgrenzung, Gewalt gegeneinander und führt in den Krieg. Auch heute!
Wer aber ist es, der dies sagt? Ist sein Leben und Wirken, seine Klarheit und sein Leiden und Sterben am Kreuz nicht eine einzige Widerlegung jeglicher Exklusivität und Ausgrenzung?
Der Jude Jesus lässt sich von einer syrophönizischen Heidin, die ihn um die Heilung ihrer Tochter von einem bösen Geist anfleht, erinnern oder gar überzeugen, dass er nicht nur für sein eigenes Volk da ist (Matthäus 15,21-18). Er heilt die Tochter dieser Heidin. Jesus als der Sohn Gottes ist offen für Neues und fähig zu lernen und sich zu verändern. Er geht eben mit den Menschen mit. Er ist übrigens in dieser biblischen Szene gerade in Tyros und Sidon, also im Ausland, auf heidnischem Gebiet jenseits der jüdischen Gebiete. Sein Pilgerweg, gemeinsam mit seinen Jüngern, führt offensichtlich nicht nur über innere, sondern auch äußere Grenzen.
Jesus sagt über einen Hauptmann der römischen Besatzungsmacht: Wahrlich, ich sage euch: „Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden!“ Er hatte um die Heilung seines Knechtes gebeten. Glaube außerhalb des jüdischen Glaubens? Was für eine Zumutung, was für eine Provokation an alle, die sich für das einzig auserwählte Volk im einzig rechten Glauben hielten und ihren Auftrag, zum Segen für alle zu werden, vergessen hatten.
Jesus sitzt beim Zöllner Zachäus. Ein jüdischer Kollaborateur der römischen Besatzungsmacht, der sich an den eigenen Landsleuten bereichert! Welch eine Provokation! Was aber auch für eine Geste Jesu für Vergebung und Versöhnung. Zachäus versteht sofort und ändert sein Leben radikal. Zugleich war dies aber auch ein Zeichen Jesu für ein radikal verändertes Verhalten im Umgang zwischen Besatzern und Besetzten und all denen dazwischen. Jesus setzt allein auf Frieden, Verständigung und gegenseitigen Respekt und die Möglichkeit der Umkehr. Jesus macht sich mit solchen Zeichen des Friedens viele Feinde.
Jesus setzte Zeichen des Friedens in einer Welt, die zu solch einem Frieden offensichtlich nicht bereit war. Jesus wusste um diese brutale Realität seiner Zeit und aller Zeiten. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, genau solche Zeichen der Inklusion, der alles übergreifenden Liebe zu allen Menschen, zu setzen. Er war kein weltfremder Phantast. Er wusste genau, dass sein Weg ein Weg des Leidens sein würde. Er ist ihn als Gottes Weg der Liebe zu uns gegangen. Durch ihn und in ihm wissen wir aber nun in unserem Glauben, dass in ihm Gott bei allen Menschen ist, die leiden. Seinen Schrei am Kreuz „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen!“ beantwortet der Vater mit seiner Auferweckung. Gewalt und Tod haben nicht das letzte Wort. Keiner ist mehr von Gott verlassen.
Das führt uns zu unserer fünften und letzten Pilgerstation.
Pilgerweg, Station 5:
Wir leben aus der erneuernden Kraft des Geistes Gottes, der uns Bilder der Hoffnung gibt, uns tröstet und zu konkretem Handeln ermutigt.
Paulus spricht im Römerbrief Kapitel 8 vom „ängstlichen Harren der Kreatur, (die) darauf wartet, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die ganze Schöpfung ist mit uns, den Glaubenden und den nicht Glaubenden, der Vergänglichkeit unterworfen. Sie wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Die ganze Schöpfung seufzt und ängstigt sich mit uns. Es ist Gottes Geist, der unserer Schwachheit aufhilft. Wir wissen nicht, was wir beten sollen. Es ist Gott selbst in seinem Heiligen Geist, der uns vertritt mit unaussprechlichem Seufzen.“ (Römer 8,19-26)
Wir glauben also, dass Gott in unserer Welt in seinem Leben schaffenden, Leben erhaltenden und Leben in den Tod begleitenden Heiligen Geist umfassend gegenwärtig ist. Das ist die geistliche, die spirituelle Dimension unseres Glaubens. Sie durchdringt unser konkretes Handeln in den verschiedenen Bereichen unseres Lebens, auch dem Zeugnis unseres Glaubens, das wir mit unserem sozialen, gesellschaftlichen und politischen Handeln für Gerechtigkeit und Frieden ablegen. Dieses Vertrauen auf Gottes Geist prägt auch unsere Zukunftshoffnung, die nicht selten eine Hoffnung wider allen Augenschein ist. Aus Bildern der Hoffnung leben wir. Mit einem grandiosen Bild der Hoffnung endet die Bibel – und auch unser kurzer Pilgerweg in ihr.
„Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offenbarung 21,3f.)
Das himmlisch-irdische Jerusalem ist das mit Mensch und Natur versöhnte Gemeinwesen. Von Gott selbst strömt das Wasser des Lebens in alle Richtungen und sättigt den Lebensdurst aller.
Die Bibel endet mit der Hoffnung, dass alle Sehnsucht nach Leben erfüllt, aller Hunger und Durst nach Gerechtigkeit gestillt wird. Die Bibel endet mit einem Versprechen und einem Gebet.
Das Versprechen lautet: „Es spricht, der dies bezeugt: Ja, ich komme bald.“
Die gebetete Antwort lautet: „Amen, ja, komm Herr Jesus!“
Diese fünf Stationen einer Pilgerreise durch die Bibel sind ein theologisch argumentatives und zugleich ein spirituelles Ereignis. Ohne die immer neue Vergegenwärtigung dieser Dimension ist all unsere Arbeit für den gerechten Frieden nichts!