Frieden muss immer wieder aufs Neue hergestellt werden, denn Frieden ist eine generationenübergreifende Aufgabe und Herausforderung. Mit diesem Verständnis wird von Sievershausen aus seit über 50 Jahren Friedensarbeit betrieben. Vor 40 Jahren wurde das Antikriegshaus errichtet, das der Friedensarbeit in Sievershausen seitdem einen festen Ort gibt. Das Antikriegshaus ist das Zentrum der Aktivitäten und Angebote in der Friedensarbeit innerhalb des Friedens- und Nagelkreuzzentrums Sievershausen. Das Friedens- und Nagelkreuzzentrum vereint unter seinem Dach drei Bereiche der Friedensarbeit: Neben (1.) der Arbeit des Antikriegshauses beheimatet es (2.) die Nagelkreuzarbeit in gemeinsamer Verantwortung der Dokumentationsstätte zu Kriegsgeschehen und über Friedensarbeit Sievershausen e. V. und der örtlichen St. Martins-Kirchengemeinde sowie (3.) die Arbeit der kirchlichen Stiftung „Frieden ist ein Menschenrecht“.
Das Antikriegshaus im Friedens- und Nagelkreuzzentrum Sievershausen spielt eine sichtbare und nachhaltige Rolle als regionales Zentrum der Friedens- und Begegnungsarbeit in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers mit überregionalen und internationalen Bezügen. Es ist seit August 2018 einer der Begegnungsorte des Friedens im Prozess „Kirche des gerechten Friedens werden“ der Hannover-schen Landeskirche und versteht sich in diesem Prozess als Akteur, Impulsgeber und Partner.
Das Friedens- und Nagelkreuzzentrum ist dabei sowohl ein Lern-, Erlebnis- und Begegnungsort als auch ein spiritueller und kultureller Ort. Darüber hinaus ist es ein Ort, an dem die Auseinandersetzung mit historischen und aktuellen Fragestellungen ebenso ihren Platz haben wie die Auseinandersetzung mit der christlichen Botschaft von Frieden und Versöhnung.
Vom Schlachtfeld zum Friedensort
1533 war Sievershausen Schauplatz einer der blutigsten Schlachten von Söldnerheeren des 16. Jahrhunderts. Heute liegt am Rande des damaligen Schlachtfeldes, auf dem der Heerführer Moritz von Sachsen zusammen mit mehr als 4500 Menschen ums Leben kam, das Antikriegshaus. Es ist damit ein sichtbares Zeichen dafür, dass Sievershausen heute ein Friedens- und Begegnungsort ist. In den vergangenen Jahrzehnten wurden wichtige Impulse für eine andere Gedenkkultur auch mit Blick auf die Schlacht von 1553 gegeben. Die Verklärung der kriegerischen Auseinandersetzung steht nicht mehr im Fokus, sondern das Leid und die vielen Toten rücken in den Mittelpunkt des Erinnerns.
Friedensarbeit in Sievershausen – mit Klaus Rauterberg fing es an
Seit den 1960er Jahren hat sich von der Kirchengemeinde Sievershausen ausgehend am Ort eine lebendige Friedens- und Versöhnungsarbeit etabliert. Diese geht wesentlich auf die Initiative und das Engagement des seit 1966 in Sievershausen wirkenden Pastors Klaus Rauterberg zurück. In der zunächst provisorisch eingerichteten Antikriegswerkstatt trafen sich junge Menschen aus aller Welt, um über Möglichkeiten und Wege des Friedens nachzudenken. Proteste gegen den Vietnamkrieg und internationale Solidaritätsarbeit prägten diese Jahre. Nachdem im Jahre 1978 zwei Freiwillige von Aktion Sühnezeichen / Friedensdienste, Susanne Zahn und Christoph Gaede, bei einem Bombenanschlag in Nablus ums Leben kamen, wuchs der Wunsch, der Friedensarbeit in Sievershausen einen festen Ort zu geben. Susanne Zahn hatte Wochen zuvor ein Vorbereitungsseminar in Sievershausen besucht.
Nach 1978 wurde dann mit erheblichem ehrenamtlichem Engagement ein altes Bauernhaus neben der St. Martins-Kirche Sievershausen für die Friedensarbeit ertüchtigt. Zu diesem Zweck wurde 1979 ein gemeinnütziger Trägerverein gegründet, die Dokumentationsstätte zu Kriegsgeschehen und über Friedensarbeit Sievershausen e.V.
Die Dokumentationsstätte betreibt seither das Antikriegshaus und die Antikriegswerkstatt. Der Verein und das Antikriegshaus bilden eine Säule der Friedensarbeit in Sievershausen. Seit 2014 ist die rechtsfähige kirchliche Stiftung „Frieden ist ein Menschenrecht“ als ein weiterer Träger und Akteur der Friedensarbeit hinzugekommen, welcher der generationenübergreifenden Dimension der Friedensarbeit Nachdruck verleihen soll. Schließlich haben die Kirchengemeinde Sievershausen und der Verein Dokumentationsstätte zu Kriegsgeschehen und über Friedensarbeit Sievershausen e. V. 2014 gemeinsam das Nagelkreuz von Coventry verliehen bekommen und sind damit erstes Nagelkreuzzentrum der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und Niedersachsens. Durch die aktive Mitgliedschaft in der Nagelkreuzgemeinschaft von Coventry ist die gute Tradition der über die Ortsgrenzen hinausgreifenden Friedens- und Versöhnungsarbeit nochmals intensiviert worden.
Das Antikriegshaus heute – Kompetent für Frieden und Versöhnung
Frieden lernen und erleben – Friedenspädagogische Angebote
Das Antikriegshaus Sievershausen hält unter dem Titel „Frieden lernen und erleben“ eine Vielzahl pädagogischer Angebote für Konfliktbearbeitung und Gewaltprävention vor. Wer „Frieden” zum Thema im Schul- oder Konfirmandenunterricht machen, Projekttage mit Lern- und Erlebnismodulen aus dem Bereich der Antigewalt- oder Antirassismusarbeit gestalten will oder wer nach Alternativen zum militärischen Handeln sucht und erfolgreiche Friedensprojekte kennenlernen will, wird in den umfangreichen Angeboten sicherlich fündig. Die Verantwortlichen helfen gerne mit Ideen, Materialien und auch bei der Durchführung einzelner Angebote. Die Angebote sind speziell für die Arbeit mit Schulklassen, Konfirmandengruppen und Jugendgruppen entwickelt worden und sollen helfen, Frieden für Jugendliche unterschiedlicher Altersstufen lern- und erlebbar zu machen. Fast alle der Angebote können gut auf Gruppen von Erwachsenen übertragen werden.
Der Wert des Friedens, die Schrecken und die Kosten des Krieges und der Gewalt müssen in jeder Generation aufs Neue vermittelt werden. Mit diesen Angeboten werden verschiedene Möglichkeiten des friedlichen und konstruktiven Umgangs mit Konflikten aufgezeigt und erfahrbar gemacht. Junge Menschen sollen neugierig gemacht werden auf die Welt, in der sie leben, und zur Mitgestaltung und zur Übernahme von Verantwortung angespornt werden.
Die Angebote können entweder im Antikriegshaus bzw. auf dem Gelände des Antikriegshauses realisiert oder selbständig bzw. mit Unterstützung der Arbeitsstelle Friedenspädagogik im Antikriegshaus in der Schule, der Kirchengemeinde oder in der Jugendarbeit vor Ort umgesetzt werden.
Die Angebote reichen von eingeführten Projekten der Gewaltprävention und des globalen Lernens wie „Schritte gegen Tritte“ oder „Jugendliche werden Friedensstifter“ über Module zum Erwerb interkultureller Kompetenzen und der Antidiskriminierungsarbeit wie „Vorfahrt für Vielfalt“ und Anti-Bias-Trainings bis zu systemischem Lernspielen wie „Civil Powker“ und erlebnispädagogischem Teambuilding im Niedrigseilgarten. An die 20 Angebote sind in der Broschüre „Frieden erleben“ und auf der Website www.frieden-erleben.de der Arbeitsstelle Friedenspädagogik im Antikriegshaus aufgeführt.
Die Antikriegswerkstatt wird als Seminar- und Übernachtungshaus betrieben. Hier können eigene Vorhaben in anregender Atmosphäre realisiert, aber auch pädagogische Angebote aus unserem Programm umgesetzt werden.
Im Rahmen der friedenspädagogischen Arbeit finden in Sievershausen regelmäßig internationale Work- und Friedenscamps mit jungen Menschen aus aller Welt statt.
Forum für Friedensfragen – Das Antikriegshaus als Veranstaltungsort
Darüber hinaus ist das Antikriegshaus ein Ort regelmäßiger Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen zu aktuellen und historischen Themen aus dem Spektrum der Friedens- und Menschenrechtspolitik sowie der Friedensarbeit. Es bietet ein Forum für Friedensfragen und leistet einen Beitrag zu einer dialogisch demokratischen Streitkultur. Es versteht sich als ein Ort für den ökumenischen Prozess „Kirche des gerechten Friedens werden“. Lesungen, literarische Angebote und Konzerte runden das Programm ab. Begleitend zeigen und erarbeiten wir wechselnde Ausstellungen.
Was wir sonst noch bieten:
- Vertreter des Antikriegshauses stehen als Gesprächspartner und Referenten zu den Themenfeldern Friedensarbeit und Menschenrechte bereit.
- Wir gestalten Workshops und Vorträge und geben Impulse zu Gewaltprävention und ziviler Konfliktbearbeitung.
- Wir sind Experten für sicherheits- und friedenspolitische Themen.
- Wir halten eine Reihe von Angeboten zum Umgang mit Populismus, Extremismus und Fundamentalismus bereit.
- Wir sind Gesprächspartner zu Themen ökologischer Nachhaltigkeit und Bewahrung der Schöpfung.