Das Thema Wirtschaft und Geld hat viele Facetten: das Wirtschafts- und Finanzsystem in Deutschland und Europa, Armut und Reichtum in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, Globalisierung, Kinderhandel, Ausbeutung, Steuerflucht, Arbeitslosigkeit, Konsum, Aktienbörse etc. Sie könnten sicher noch weitere Aspekte hinzufügen. Aus dem breiten Medienangebot habe ich folgende Filme ausgesucht:
Preisstabilität
Monika Latzel, Deutschland 2016
Dokumentarfilm, 27 Min.
FSK Lehrprogramm gemäß § 14 JuSchG
Im Alltag ist Geld immer präsent. Solange sein Wert bleibt, ist alles in Ordnung. Aber was ist, wenn die Preise plötzlich steigen? Wenn die Zinsen sinken? Wie muss ich als Konsument auf Änderungen des Preisniveaus reagieren? Was ist Preisstabilität überhaupt? Und was hat die Europäische Zentralbank (EZB) bzw. die Deutsche Bundesbank damit zu tun? Der Film behandelt ein breites Themenspektrum: Entstehung des Geldes, Grundlagen des Zahlungsverkehrs, Preisbildung, grundlegende Zusammenhänge zwischen Preisniveau, Inflation und Deflation sowie die Geldpolitik des Eurosystems mit Schwerpunkt Leitzins.
Die Aufarbeitung der Themen setzt an der Lebenswirklichkeit von Schülerinnen und Schülern an und erläutert die Finanzmechanismen mithilfe einer konkreten Konsumentscheidung, dem Kauf eines Motorrollers.
Dieser Lehrfilm wurde besonders für den Schulunterricht entwickelt und bietet Lehrerinnen und Lehrern ein hilfreiches Rüstzeug, die komplexe Materie der europäischen Geldpolitik im Unterricht zu vermitteln.
Let’s Make Money
Erwin Wagenhofer, Österreich 2008
107 Min., Dokumentarflm, FSK 0
„Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten!” Wir sollen unser Geld einer Bank, einer Versicherung, einem Investmentfond anvertrauen und von den Zinsen profitieren. Doch was bedeutet dieses Angebot? Der bekannte Dokumentarfilmer Erwin Wagenhofer („We Feed The World“) nimmt diesen Werbespruch als Ausgangspunkt für eine Tour durch die internationale Finanzwelt: Er reist in die USA, nach Afrika, Europa und Asien, und spricht mit Vertretern und Kritikern der internationalen Finanzmärkte. Er kontrastiert oder ergänzt deren Aussagen durch eigene Bilder. Dabei konzentriert er sich auf diejenigen, die von den Geschäften der Börsenmakler und Investoren betroffen sind: die Menschen.
Die Dokumentation nimmt in den Blick, wie das weltweite materielle Ungleichgewicht entstand und wie die westliche Elite auf Kosten der Entwicklungsländer profitiert. Analysiert wird das heutige Finanzsystem mit seinen globalen Auswirkungen.
Erwin Wagenhofer arbeitet ohne Kommentar im Off und fährt stattdessen viele Experten auf, die die schwierigen komplexen Zusammenhänge analysieren. Es herrscht insgesamt ein nüchterner Grundton, der die verheerenden Auswirkungen des Neoliberalismus eindrucksvoll vermittelt.
Der Film ist in zwölf Kapitel gegliedert, die auch einzeln vorgeführt werden können, u. a.: Lassen Sie Ihr Geld arbeiten, Investitionsland Indien, Chancen auf den Emerging Markets, Steigende Guthaben – Steigende Schulden, Enteignung der Gemeinschaft, Im Namen der Freiheit, Steigende Gewinne – Sinkende Löhne.
TOMORROW – Die Welt ist voller Lösungen
Cyril Dion, Mélanie Laurent, Frankreich 2015
117 Min., Dokumentarfilm
FSK 0
Was, wenn es die Formel gäbe, die Welt zu retten? Was, wenn jeder von uns dazu beitragen könnte? Als die Schauspielerin Mélanie Laurent und der französische Aktivist Cyril Dion in der Zeitschrift Nature eine Studie lesen, die den wahrscheinlichen Zusammenbruch unserer Zivilisation in den nächsten 40 Jahren voraussagt, wollen sie sich mit diesem Horrorszenario nicht abfinden. Ihnen wird jedoch schnell klar, dass die bestehenden Ansätze nicht ausreichen, um einen breiten Teil der Bevölkerung zu inspirieren und zum Handeln zu bewegen. Also machen sich die beiden auf den Weg. Sie sprechen mit Experten und Expertinnen und besuchen weltweit Projekte und Initiativen, die alternative ökologische, wirtschaftliche und demokratische Ideen verfolgen und an Lösungen für eine bessere Zukunft arbeiten. Was sie finden, sind Antworten auf die dringendsten Fragen unserer Zeit. Wie bei einem Puzzle verdeutlicht die Dokumentation, dass erst die Summe der Lösungsansätze das Bild einer möglichen anderen Zukunft zeichnet. TOMORROW beweist, dass aus einem Traum die Realität von morgen werden kann, sobald Menschen aktiv werden.
Im Film werden die Kategorien Landwirtschaft, Energie, Wirtschaft, Demokratie und Bildung behandelt – alle auch einzeln abrufbar.
Zum Leben zu wenig
Vanessa Hartmann, Deutschland 2016
30 Min., Dokumentarfilm,
FSK Infoprogramm gemäß § 14 JuSchG
Die Zahl der von Armut bedrohten über 65-Jährigen steigt kontinuierlich und wächst zu einem Massenphänomen an.
Im Alter nichts zu haben, wiegt besonders schwer. Denn am offiziellen Ende des Erwerbslebens kann man sich aus eigener Kraft kaum noch aus der Armut befreien. Hinzu kommt die Scham über die finanzielle Lage. Viele werten es als persönliches Versagen und nicht als strukturellen Fehler unseres Rentensystems. Vielleicht war ich nicht fleißig genug, habe nicht genug geleistet oder hätte mich mehr anstrengen müssen? Auch ist die Zahl der Hilfebedürftigen schwer auszumachen. Betroffene, die Anspruch auf die sogenannte Grundsicherung im Alter hätten, bleiben oft dem Sozialamt fern. Sie wollen nicht als Bittsteller auftreten oder haben Angst, die Kinder könnten zur Sicherung des Einkommens herangezogen werden.
Dieser Film stellt fünf Menschen in Altersarmut vor. Sie gewähren einen Einblick in ihren Alltag am Rande des Existenzminimums:
- Lore Kirsch: Mal Zeitung lesen im Café ist nur drin, weil sie drei Nebenjobs hat. Aber wie lange kann die 72-Jährige das noch machen?
- Brigitte Krasnici: Sie hat 38 Jahre lang überwiegend in Vollzeit gearbeitet, vier Kinder großgezogen und verkauft heute lieber den Straßenkreuzer, als vom Sozialamt ihre karge Rente aufstocken zu lassen.
- Barbara Bredow: Sie hat grundsätzlich den Verzicht zur Tugend erklärt, auch wenn es manchmal schwer fällt.
- Jürgen Endreß: Der Witwer würde gern wieder eine Frau kennen lernen. Aber es ist ihm unangenehm, dass er sie noch nicht einmal zum Essen einladen könnte.
- Krista Klaus: Sie bezieht die Grundsicherung vom Sozialamt. Obwohl sie sich keine Katze und keinen Ausflug in die Fränkische Schweiz leisten kann, würde sie sich nicht als arm bezeichnen.
Hinweisen möchte ich an dieser Stelle auf den Film Kinderarmut von Jan Schwiderek und Viviane Schmidt-Gaster (D 2009; 31 Min., Dokumentarfilm), in dessen Mittelpunkt betroffene Familien und diejenigen, die helfen, stehen.
Five Ways To Kill A Man
Christopher Bisset, Deutschland 2013
12 Min., Kurzspielfilm
FSK Lehrprogramm gemäß § 14 JuSchG
Der Kurzspielfilm zeigt einen Tag im Leben von Sam, einem jungen Mann, der in einer anderen Welt lebt, als wir sie kennen. In seiner Welt werden die Auswirkungen jeder einzelnen Entscheidung unmittelbar sichtbar: Wenn er sich ein paar neue Schuhe kauft, wenn er Tanken fährt oder sich einen Kaffee bestellt. So begegnen ihm im Laufe des Tages Menschen aus fernen Ländern, die mit ihm aufgrund seines Lebensstils in Verbindung stehen. Sie begleiten ihn, lachen und essen gemeinsam, kommen sich näher. Am Ende des Tages steht Sam vor der Frage, was er mit seinen neuen Bekannten tun soll. Er trifft eine drastische Entscheidung.
In diesem Kurzspielfilm kommt zum Ausdruck, dass wir alle durch unser tägliches Handeln zur Ausbeutung von Millionen Menschen beitragen. Wir leben im Wohlstand z. B. auf Kosten von Kaffeebauern in Südamerika, auf Kosten der Kinder, die in Asien unsere billigen Schuhe herstellen oder auf Kosten der Umwelt, wenn unsere Art zu leben ohne Erdölförderung nicht denkbar ist.
Der Spielfilm ermöglicht einer vielschichtigen Auseinandersetzung mit dem Thema Globalisierung und fordert zur ethischen Reflexion heraus. In eindrucksvollen Bildern thematisiert er die Verantwortung des Einzelnen in kollektiven Zusammenhängen, die „Kollateralschäden“ des Konsumverhaltens und den Umgang mit unbequemen Wahrheiten.
Ich, Daniel Blake
Ken Loach, Großbritannien 2016
100 Min., Spielfilm, FSK 6
Der 59-jährige Tischler Daniel Blake ist ein geradliniger Durchschnittsengländer, der seine Steuern immer pünktlich bezahlt und das Leben so nimmt, wie es kommt. Nach einem schweren Herzinfarkt ist er nach Einschätzung seiner Ärztin nicht mehr in der Lage, seinen gelernten Beruf auszuüben. Doch die Gesundheitsgutachterin der staatlichen Behörde, die über einen Zuschuss zu entscheiden hat, ist anderer Ansicht und stuft ihn als arbeitstauglich ein. Für Daniel beginnt ein Hindernislauf durch die staatlichen Behörden, niemand fühlt sich für seine prekäre Lage zuständig. Beim Kampf mit Anträgen und Formularen lernt er die alleinerziehende Mutter Katie mit ihren beiden Kindern Daisy und Dylan kennen, die ähnlich erniedrigende Erfahrungen mit der Bürokratie gemacht hat. Sie schließen sich zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammen, um gegen die Ungerechtigkeit des Systems zu kämpfen und ihre Ansprüche auf Unterstützung durchzusetzen. Dabei erfahren sie neben den ständigen Seitenhieben der Behörden auch viel Solidarität – von ehemaligen Kollegen, von ehrenamtlichen Helferinnen der Tafel, sogar von Daniels schrägem Nachbarn. Doch die bürokratischen Klippen des Sozialstaats sind tückisch.
Ken Loach zeigt in seinem eindrücklichen Film schonungslos auf, wie ein Sozialhilfesystem seinen Bürgern in existentiellen Krisenzeiten die notwendige materielle Grundsicherung erschwert bzw. verwehrt. Die Jury der Evangelischen Filmarbeit hat diese Produktion zum Film des Monats Dezember 2016 gekürt.
Der Spielfilm zeigt Missstände am Beispiel des britischen Sozialsystems auf, sorgt damit für die nötige Distanz und motiviert zur Diskussion über die Situation des bundesrepublikanischen Sozialstaates. Gibt es in Deutschland vergleichbare Zustände? Reichen Hartz IV und Grundsicherung aus, um ein Leben in Würde zu ermöglichen?
Wer mit einem Vorfilm arbeiten möchte, könnte mit dem Kurzspielfilm Wert der Arbeit (siehe den Beitrag von Andreas Behr, Seite 29) starten, der eine gute Einstimmung in die Thematik leistet.