Ich bin ausgeschüttet wie Wasser (Ps 22,15) – Stress und Burnout in der modernen Arbeitswelt und der evangelisch-reformatorische Glaube

Von Christhard Lück und Inga Effert

„Ich bin nur noch gestresst.“ – „Mir wird alles zu viel.“ – „Meine Batterie ist leer.“ – „Rien ne va plus – nichts geht mehr.“ Immer mehr Menschen in Deutschland fühlen sich überlastet, gestresst, müde, erschöpft und ausgebrannt. Stress und Burnout (von engl. [to] burn out: „ausbrennen“ oder „durchbrennen“) scheinen zum neuen Volksleiden zu werden. Laut einer Auswertung der Daten von über vier Millionen Versicherten der Betriebskrankenkassen von 2015 [1] hat sich die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von psychischen Beschwerden, zu denen auch „Burnout“ [2] zählt, in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Psychische Störungen stellen damit mittlerweile die Diagnose mit der „längsten durchschnittlichen Dauer der Krankschreibung“ [3] auf der Arbeitnehmerseite dar. Die Weltgesundheitsorganisation hat den Arbeitsstress daher als eine „der größten Gefahren des 21. Jahrhunderts“ identifiziert und in der Studie „Global Burden of Disease“ dramatisch steigende Kosten für Arbeitgeber und Krankenkassen prognostiziert.

  

Burnout – ein vielschichtiger Begriff

Der Terminus Burnout ist keineswegs einheitlich definiert [4]. Er kann sowohl „den Prozess des Ausbrennens“ als auch „den Endzustand“ [5] totaler Erschöpfung bezeichnen. Psychologisch-metaphorisch [6] ist mit Burnout eine „langdauernd zu hohe Energieabgabe für zu geringe Wirkung bei ungenügendem Energienachschub [gemeint] – etwa so, wie wenn eine Autobatterie nicht mehr über die Lichtmaschine nachgeladen wird, dennoch aber Höchstleistungen abgeben soll“ [7]. Mit Burnout können sich sehr verschiedene körperliche und psychische Symptome verbinden. Das Spektrum reicht von Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Herzrasen, Migräne, Fibromyalgie und Schwindel bis hin zu Depressionen. Für eine Burnout-Erkrankung ist das gleichzeitige Auftreten von drei Symptomgruppen kennzeichnend: emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und abnehmende Leistungsfähigkeit – wobei die emotionale Erschöpfung als Leitsymptom gilt. Depersonalisation äußert sich oft durch eine abgestumpfte, lethargische, negativistische, sarkastische oder zynische Einstellung gegenüber sich selbst, den Mitmenschen und der eigenen Arbeit. Hinzu kommt der Eindruck, den Aufgaben im beruflichen und privaten Bereich nicht (mehr) gewachsen zu sein.

 

Burnout bei Lehrkräften und Pfarrerinnen und Pfarrern

Der Begriff Burnout wurde das erste Mal 1974 von Herbert J. Freudenberger aufgrund eigener Erfahrungen und Beobachtungen bei ebenso engagierten Kollegen für die verbreitete Erschöpfung von Menschen in helfenden Berufen verwandt. Bei dem Psychoanalytiker führten zahlreiche „Tätigkeiten – seine Praxis, familiäre Verpflichtungen, ehrenamtliche Arbeit mit drogensüchtigen jungen Prostituierten – zu einer zunehmenden Erschöpfung, zu Ausgelaugtheit, dauerhafter Müdigkeit, Resignation, Unausgeglichenheit und Gereiztheit“ [8]. Standen in früheren Studien zum Burnout-Syndrom folglich Menschen in sozial-diakonischen Arbeitsfeldern im Fokus, ist heute weithin anerkannt, dass Burnout-Erkrankungen in jedem Beruf und in jeder Lebenssituation auftreten können. Gleichwohl kommen berufsvergleichende Studien [9] zu dem Ergebnis, dass kaum eine Berufsgruppe so Burnout-gefährdet ist wie Lehrkräfte. Nach einer Umfrage von Jaggi leiden ca. 30 bis 35 Prozent der deutschen Lehrerinnen und Lehrer an Burnout [10]. Obwohl sie ihren Beruf mehrheitlich gerne ausüben, sind auch Pfarrerinnen und Pfarrer überproportional häufig betroffen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Nach der Analyse des Theologen Andreas von Heyl existiert sowohl im schulischen als auch im kirchlichen Bereich eine stillschweigende „Glorifizierung von Überarbeitung“ [11]. Für den rasanten Anstieg stressbedingter Erkrankungen sei überdies eine „milieubedingte Aggressionshemmung“ der kirchlichen und schulischen Akteure mitverantwortlich: Die meisten von ihnen „wollen freundlich und friedlich sein. Wortgefechte und offen ausgetragene Konflikte passen nicht in ihr Selbstbild. Die Folge: Viele Machtkämpfe und Konflikte mit Kollegen oder dem Kirchenvorstand unterbleiben.“ [12]. In schulischen wie kirchlichen Arbeitswelten fehlen zudem oftmals tradierte Kulturen der Wertschätzung und Achtung sowie des Lob und des Dankes bzw. der Dankbarkeit. Fehlende Anerkennung am Arbeitsplatz kann ein Nährboden für das Entstehen eines Burnout-Syndroms sein (Gratifikationskrise).

Wenn auch gesellschaftliche, strukturelle und arbeitsökonomische Ursachen (zunehmende Arbeitsverdichtung, Arbeitsüberlastung, Hektik, Termindruck, ständige Erreichbarkeit durch Digitalisierung der Arbeitswelten [13] für die Ausbreitung des Zeitphänomens Burnout demnach von fundamentaler Bedeutung sind, sind interne Risikofaktoren keineswegs zu vernachlässigen.

 

Die fünf inneren Antreiber

„Ohne Fleiß kein Preis“, „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, „Gut ist nicht gut genug“ – solche oder ähnliche Redewendungen prägen und beeinflussen das Leben zahlloser Menschen. Selbiges gilt bspw. auch für die fast götzenhafte Verknüpfung von Liebe und Erfolg in einer kapitalistischen Leistungsgesellschaft, worauf Elisabeth Kübler-Ross aufmerksam macht. Vielen sind die folgenden Sätze von Jugend auf vertraut. Als internalisierte Glaubensworte sprechen wir sie dann später zum Leidwesen der nachwachsenden Generation häufig selbst: „Ich liebe dich, wenn … Ich liebe dich wenn, wenn, wenn … Ich liebe dich, wenn du gute Noten nach Hause bringst. Ich liebe dich, wenn du die Schule schaffst. Himmel, was würde ich dich lieben, wenn du das College absolvierst. Oh, wie würde ich dich lieben, wenn ich sagen könnte, mein Sohn ist Arzt. Und am Ende glauben wir buchstäblich, dass wir Liebe durch gutes Verhalten, durch Belohnungen oder durch irgendetwas anderes erkaufen könnten … und dann heiraten wir jemanden, der sagt, ich liebe dich, wenn du mir einen Nerzmantel kaufst.“ [14]

Aus solchen Redensarten und internalisierten Glaubenssätzen können innere Antreiber [15] werden. Das sind innerliche Stimmen, die sich regelmäßig zu Wort melden und Handlungen unbewusst steuern. Insbesondere die folgenden Antreiber vergiften den Alltag und die Lebensfreude. Sie spielen bei der Entstehung des Burnout-Syndroms meist eine bedeutende Rolle:

  1. Sei perfekt!
  2. Streng dich an!
  3. Beeil dich!
  4. Sei stark!
  5. Mach es den anderen recht!

  

Burnout – bereits in der Bibel

Burnout ist allerdings kein Phänomen der Moderne. Bei genauer Betrachtung finden sich nicht nur Ähnlichkeiten, sondern auch frappierende Übereinstimmungen mit der deskriptiven Beschreibung von Erschöpfungszuständen, die von früheren Generationen als Elias-Müdigkeit tituliert wurden. Gemäß dem biblischen Bericht fällt der Prophet Elija nach Wunderheilungen und Großtaten im Namen Gottes in eine tiefe Ermüdung und depressive Verzweiflung (1.Kön 17-19). Er setzt sich unter einen Ginsterstrauch und wünscht sich zu sterben (1.Kön 19,4). Erst ein langer Schlaf und Gottes Für- und Leibsorge führen zu seiner Genesung [16]. Beschreibungen dessen, was heute als Burnout-Syndrom bezeichnet wird, finden sich auch in anderen alttestamentlichen Erzählungen (vgl. z.B. Mose: Ex 18,17-18 und Num 11,11-15) und besonders drastisch in den Psalmen. Die Worte in Ps 22,15f. gehen unter die Haut: „Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, alle meine Knochen haben sich voneinander gelöst; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs. Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt mir am Gaumen, und du legst mich in des Todes Staub.“

Eine der bekanntesten neutestamentlichen Erzählungen ist die Emmausgeschichte (Lk 24). In dieser nachösterlichen Perikope stoßen zwei Jünger deutlich an ihre Glaubens- und Hoffnungsgrenzen. Sie sind traurig, verzweifelt und fassungslos über das, was sich in Jerusalem zugetragen hat. Auf dem Weg nach Emmaus begegnen sie dem Heiland, erkennen ihn jedoch nicht (Lk 24,16). Sie erzählen von der Kreuzigung Jesu, ohne ihre Trauer, aber vor allem auch ihre Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung zu verbergen (Lk 24,21). Es wird deutlich: Es ist ihnen einfach zu viel, sie zweifeln an ihrem Glauben. Sie sind am Ende, ausgebrannt. Jesus aber hört ihnen zu und erzählt ihnen alles, was in der Schrift über ihn geschrieben steht (Lk 24,27). Er verändert ihre Perspektive und sie fassen neuen Mut, neue Hoffnung. Erst als Jesus beim Essen das Brot bricht, gehen den Jüngern die Augen auf (Lk 24,31). Der Weg der Emmausjünger dokumentiert in eindrucksvoller Weise die Umwandlung von „Sinnlosigkeit, Trauer und Resignation in Getröstet werden, Hoffnung und Mut“ [17]. Diese Transformation wird erst durch Jesus selbst und seine Begleitung der Jünger auf dem Weg nach Emmaus ermöglicht.

  

Burnout und der evangelisch-reformatorische Glaube

In Fachbüchern zur Zeitkrankheit Burnout wird deshalb auf „die gesundheitliche Bedeutung einer erlebten Rückbindung im Glauben“ [18] eigens hingewiesen. Klinische Studien zeigen, dass eine solche Rückbindung im (christlichen) Glauben, mit der weder „Frömmelei“ noch eine bloße „Zugehörigkeit durch Eintrag auf der Lohnsteuerkarte“ gemeint ist, einen „Schutzfaktor für die Gesundheit bedeutet und im Krankheitsfall eine schnellere und komplikationsärmere Genesung/Heilung ermöglicht. (…) Auch für den Burnout-Schutz und den Ausstieg aus dem Burnout kann diese Rückbindung von großer Bedeutung sein“. [19]

Andererseits kann der christliche Glaube aber auch eine Burnout-fördernde bzw. -verstärkende Wirkung haben. Gerade unter evangelischen Christen gibt es viele perfektionistisch veranlagte Menschen, die sich selbst und ihre Mitmenschen massiv unter Druck setzen. „Ausgerechnet in der Kirche, deren zentrale Botschaft darin besteht, dass der Mensch nicht durch seine Leistung, sondern allein durch seinen Glauben vor Gott gerechtfertigt ist, tummeln sich Menschen, die meinen, sie müssten sich die Liebe Gottes (…) durch ihre Leistung verdienen“ [20]. Auch in der modernen Hochleistungsgesellschaft, in der die persönlichen Leistungen des Individuums für sein Ansehen, seine soziale Stellung und seinen Erfolg ausschlaggebend sind, ist die Botschaft von der Rechtfertigung des Gottlosen aus Gnade (sola gratia, sola fide) von hoher Aktualität und Relevanz.

Die biblische Anthropologie ist sowohl optimistisch als auch radikal realistisch und kann bei einer burnout-resistenten bzw. -sensiblen Arbeitshaltung eine große Hilfe sein: Der Mensch ist als Gottes Geschöpf und Ebenbild ein von ihm geliebtes Wesen mit großem Potenzial und besonderen Kräften (Ps 8,6: „Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.“), aber auch mit deutlichen Grenzen und Schwächen (Ps 6,3: „HERR, sei mir gnädig, denn ich bin schwach.“). In unserer (Leistungs-) Gesellschaft prädominiert hingegen bis heute das Bild des erfolgreichen, strahlenden und an keine Grenzen stoßenden Menschen. Das Menschenbild der Bibel, welches „Menschen auch mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit, eigenen Schwächen, eigenem Versagen und ganz einfach dem Bedürfnis nach Erholung und Ruhe beschreibt, hatte (hier) lange Zeit keinen Raum.“ [21]

Die von Martin Buber überlieferte Geschichte von Rabbi Bunam zielt inhaltlich in eine ähnliche Richtung. Der Rabbi erzählt seinen Schülern von den zwei Taschen mit je einem Zettel, die jeder Mensch haben muss und nach Bedarf eine wählen kann. Bei einem von Rainer Oberthür durchgeführten Unterrichtsexperiment erkannten die beteiligten Kinder, dass die beiden (Taschen-)Sätze „Um meinetwillen hat Gott Himmel und Erde erschaffen“ und „Ich bin nur Erde und Asche“ erst „zusammen eine Hilfe zum Leben sind. Mit nur einem der Sätze werde man überheblich und größenwahnsinnig bzw. fühle sich völlig ohnmächtig und hilflos.“ [22]

 

Reformatorische Gegengifte

Die Relevanz eines Zusammenspiels unterschiedlicher Facetten unseres Daseins zeigt auch, dass es sich lohnt, eigene innere Glaubenssätze kritisch zu hinterfragen und ggf. zu transformieren. Für die oben bereits genannten inneren Antreiber könnten ‚reformatorische Gegengifte‘ (Entlastungssätze) formuliert – und hoffentlich dann auch im Alltag gelebt – werden: [23]

1. Sei perfekt! – die Perfektionisten

Bedeutung: Mach alles, was du tust, so gut wie möglich – auch wenn es wirklich nicht wichtig ist / Sei erst mit dem Besten zufrieden!

Gegengift: Auch ich darf Fehler machen! ‚Nobody is perfect…‘ und du musst es auch nicht immer sein!

2. Streng Dich an! – die Pflichtmenschen

Bedeutung: Gib stets deine ganze Kraft – der Erfolg ist zweitrangig.

Gegengift: Ich darf es mir leicht machen. Intelligent arbeiten, nicht hart! Streng dich auch für dein Wohl an und ruhe dich genug aus. Wer nicht genießen kann, wird ungenießbar!

3. Beeil Dich! – die Hektiker

Bedeutung: Mach alles, was du tust, so schnell wie möglich!

Gegengift: Ich darf mir Zeit lassen! Konzentriere dich auf eine Aufgabe. Das Dringliche ist nicht immer das Wichtigste! In der Ruhe liegt die Kraft.

4. Sei stark! – die Überspieler

Bedeutung: Zeig keine Gefühle! Gefühle sind ein Zeichen von Schwäche.

Gegengift: Ich darf wahrnehmen und zeigen, wie mir zumute ist. Ich darf mir auch Hilfe holen und Schwächen zeigen! Stärke schließt Schwäche mit ein! „Denn, wenn ich schwach bin, so bin ich stark“ (1Kor 12, 10)

5. Mach es den Anderen recht! – die Wohltäter

Bedeutung: Denk an dich zuletzt, wenn überhaupt! Nimm dich nicht wichtig!

Gegengift: Meine Bedürfnisse sind mindestens so wichtig wie die Anderer. Ich bin der wichtigste Mensch in meinem Leben! Überlege, was dir selbst wichtig ist – du kannst nur für Andere da sein, wenn es dir selbst gut geht!“

 

Vor dem Hintergrund von Grundeinsichten reformatorischer Theologie, nach denen evangelisches Christsein grundlegend bestimmt ist von der Rechtfertigung allein durch den Glauben, ohne Werke, wäre zudem ein veränderter Umgang der Kirchen mit manchmal unrealistischen (erbarmungslosen) Leistungs- und Erwartungsanforderungen hilfreich. Denn was eine Gesellschaft mit ihren Tendenzen zum permanenten Leistungs- und Optimierungsdruck und zur hektischen Betriebsamkeit „wirklich aufhorchen ließe, wäre eine Kirche, die gegen den Strom schwimmt, die verkündet und dafür einsteht, dass das Leben aus mehr als Arbeit besteht, die den Sabbat heiligt und der man etwas abspürt von der Freiheit, die uns von Gott her angeboten wird. Es wäre in der Tat ein Grundpfeiler in der Burnout-Prävention, wenn es gelänge, die Herzen der Gefährdeten für die Rechtfertigungsbotschaft aufzuschließen.“ [24]

Dieses Besinnen auf die reformatorischen Grundsätze „allein aus Glaube, allein aus Gnade“ und die bewusste Auseinandersetzung mit den inneren Antreibern, aber auch mit den äußeren, strukturellen Begebenheiten des Lebens lenkt den Fokus bewusst auf die eigenen Bedürfnisse, Grenzen und Wünsche: Was ist mir wichtig? Wer oder was tut mir gut, wer oder was nicht?

Die Kunst des Alltags und der Gestaltung eines eigenen, gesunden Lebens in Form einer Salutogenese kann auch lauten: Abstand nehmen, Zeit lassen, durchatmen, Prioritäten hinterfragen, sich selbst nicht aus den Augen verlieren und auf den eigenen Körper hören. Schließlich muss man „dem Körper was Gutes tun, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ (Winston Churchill, nach Teresa von Avila)

Die Ruhe und Besinnung kann auch in dem Vertrauen und der Hinwendung zu Gott, z.B. im Gebet, in dem der Mensch ganz bei sich und ganz bei seinem Schöpfer ist, gefunden werden und so zur Burnout-Prophylaxe beitragen. Die in einigen empirischen Studien registrierte geringere Burnout-Anfälligkeit von Religionslehrer/innen im Vergleich zu Lehrkräften im allgemeinen könnte einen Grund darin haben, dass sie ex professione einen Zugang zu Praktiken haben, die „geeignete Präventionen sind: autogenes Training, Meditation, Spiritualität. [25]

 

Darauf zu vertrauen, dass Gott Menschen unabhängig von ihren Taten und Leistungen begleitet und erhört, kann in Krisenzeiten Mut machen und neue Kraft und Hoffnung spenden: Der Beter des 22. Psalms, dem Burnout-Erfahrungen alles andere als fremd sind, bringt dieses Resilienz- und Hoffnungspotential des Glaubens prägnant zum Ausdruck: „Aber du, HERR, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen! […] Denn er hat nicht verachtet noch verschmäht das Elend des Armen und sein Antlitz vor ihm nicht verborgen; und als er zu ihm schrie, hörte er´s.“ (Ps 22,20.25)

 

Literatur

Abel, Peter: Spirituelle Wege aus dem Burnout, Münsterschwarzach 2009

Breit-Keßler, Susanne / Dennerlein, Norbert: Stay wild statt Burn out. Leben im Gleichgewicht, Gütersloh 2010

Bucher, Anton: Religionsunterricht: Besser als sein Ruf?, Innsbruck 1996

Burisch, Matthias: Das Burnout-Syndrom – Theorie der inneren Erschöpfung, Berlin 2010

Eggler, Anitra: Mail halten! Digitale Selbstverteidigung für Arbeitshelden & Alltagskrieger, Salzburg 2016

Fiedler, Claudia / Goldschmidt, Ilse: Burn out. Erprobte Wege aus der Falle, München 2010

Heyl, Andreas von: Das Anti-Burnout-Buch für Pfarrerinnen und Pfarrer, Freiburg i. Brsg. 2011

Jaggi, Ferdinand: Burnout – praxisnah, 2008

Knieps, Franz / Pfaff, Holger (Hg.): BKK Gesundheitsreport 2015 Langzeiterkrankungen. Zahlen, Daten, Fakten, Berlin 2015

Lück, Christhard: Vorwort, in: ders./vom Stein, Gunther: Brannte nicht unser Herz? Burnout und Rechtfertigung, Aachen 2013, 1f.

Nelting, Manfred: Burn-out. Wenn die Maske zerbricht, München 2010

Oberthür, Rainer: Die Seele ist eine Sonne. Was Kinder über Gott und die Welt wissen, München 2000

Siemann, Jutta: Theorie und Praxis biblischer Didaktik, Münster 2003

Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (Hg.): Psychische Belastungen und Burnout beim Bildungspersonal. Empfehlungen zur Kompetenz- und Organisationsentwicklung, Münster 2014

 

Anmerkungen

[1] Knieps / Pfaff, BKK Gesundheitsreport, 39

[2]  Gemäß der Weltgesundheitsorganisation ist „Burnout“ keine anerkannte psychische Erkrankung, sondern eine Zusatzkodierung im ICD10.

[3] Knieps / Pfaff, ebd.

[4] Vgl. zum Folgenden auch Lück, in: Brannte nicht unser Herz?, 1

[5] von Heyl, Das Anti-Burnout-Buch, 34

[6] Mit der Metapher eines ausgebrannten Gebäudes veranschaulichte Herbert F. Freudenberger den Begriff „Burnout“ sehr eindrücklich: „Wer je ein ausgebranntes Gebäude gesehen hat, der weiß, wie verheerend so etwas aussieht. Ein Bauwerk, eben noch von pulsierendem Leben erfüllt, ist nun verwüstet. Wo früher Geschäftstätigkeit herrschte, finden sich jetzt nur noch verkohlte Überreste von Kraft und Leben (…). Vielleicht ist sogar die äußere Hülle des Gebäudes noch erhalten. Wer sich jedoch hineinwagt in die Ruine, wird erschüttert vor dem Werk der Vernichtung stehen“ (Freudenberger, zit. nach Lück, 2). Weitere Bilder, die mit dem Burnout-Syndrom assoziiert werden, sind ein abgebranntes Streichholz, ein leerer Tank, das Hamsterrad sowie das Symbol (Warnschild) für Hochspannung.

[7] Burisch, Das Burnout-Syndrom, 7

[8] Fiedler / Goldschmidt, Burn out, 10

[9] Vgl. Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft

[10] Vgl. Jaggi, Burnout, 15. Der Pädagoge Paul Tresselt empfiehlt Lehrkräften augenzwinkernd selbsterprobte Rezepte für den „Weg zum sicheren Burnout“: „Lächeln Sie nicht – Unterricht ist ein ernstes Geschäft! Machen Sie alles 150%ig – nur der perfekte Lehrer ist ein guter Lehrer! Trauen Sie keinem – Kontrollieren Sie alles! Zeigen Sie Qualitätsbewusstsein – fordern Sie ständig Leistung! Setzen Sie Prioritäten – die Schule ist das Wichtigste im Leben! Bedauern Sie sich und Ihre aussichtslose Lage! Seien Sie nicht nur Lehrer, sondern vor allem auch Erzieher! Unterrichten allein ist zu wenig, übernehmen Sie Zusatzaufgaben! Nutzen Sie das Wochenende und die Ferien zur Unterrichtsvorbereitung! Engagieren Sie sich im Freizeitbereich außerhalb der Schule! Als Lehrer verdienen Sie zu wenig – schaffen Sie sich einen kleinen Nebenverdienst! Setzen Sie ein Denkmal – Hinterlassen Sie Spuren! Lassen Sie sich an eine Ganztagsschule versetzen! Lassen Sie die Abendstunden nicht ungenutzt!“ (zit. nach: www.tresselt.de)

[11] Andreas van Heyl in einem Interview mit epd 2014 (zit. nach www.reformiert-info.de/7681-0-56-2.html)
 

[12] Ebd.

[13] Die Auswirkungen der digitalen Revolution („Ich google, also bin ich“) auf die Gesundheit beschreibt plastisch Anitra Eggler.

[14] Elisabeth Kübler-Ross, zit. nach van Heyl, 136

[15] Der Begriff „(innere) Antreiber“ stammt aus der Transaktionsanalyse und bezeichnet „Lebensregeln, die wir schon von Kindheit an in uns aufgenommen haben und die sich zu Glaubenssätzen verdichtet haben.“ (Abel, 28) Solche Glaubenssätze („Das Leben meint es gut mit mir“ / „Engagiere dich für das, was dir wichtig ist!) können auch eine lebensbejahende und -orientierende Funktion haben.

[16] Vgl. den Artikel von Inga Effert auf Seite 195 in diesem Heft.

[17] Siemann, Theorie und Praxis biblischer Didaktik, 101

[18] Nelting, Burn-out – Wenn die Maske zerbricht, 135

[19] Ebd., 134f.

[20] von Heyl, 21.

[21] Breit-Keßler / Dennerlein, Stay wild statt Burn out, 9f.

[22] Oberthür, Die Seele ist eine Sonne, 50

[23] Mit Jaggi, 29 (kursiv und Ergänzungen durch die Autoren).

[24] van Heyl, 135.

[25] Bucher, 149.