Mit Gegenständen die Theologie Martin Luthers „begreifbar“ machen
Der Luther-Koffer – Gebrauchsanleitung
Man nehme einen schlichten Pappkarton, bestücke ihn mit den im Folgenden erläuterten Gegenständen, lasse die Teilnehmenden in einem Stuhlkreis Platz nehmen und stelle den Karton in die Mitte. Zur Auflockerung lege man auf den Karton ein Blatt mit dem Satz: „Am 31. Oktober 1617 nagelte Martin Luder seine 99 Prothesen an die Schlossküche zu Württemberg“ und der kleinen schriftlichen Aufforderung „Finde die Fehler!“
Dann stelle man im freien Gespräch die Fehler richtig. Der Satz müsste nämlich heißen: „Am 31. Oktober 1517 nagelte Martin Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg.“
Dann ziehe man das schwarze Tuch heraus, das im Karton obenauf liegt, und decke den geöffneten Karton damit ab. Mit der Aufforderung „Phantasieren Sie mal! Was könnte das schwarze Tuch Ihrer Meinung nach mit der Reformation zu tun haben?“ beginnen die Teilnehmenden, ihre Einfälle auszutauschen. Dabei ist die Assoziation „das finstere Mittelalter“ genauso naheliegend wie „alles schwarzsehen“ oder „Depressionen“.
Man beschränke sich bei der Besprechung der Gegenstände auf das Wesentliche. Die jeweilige Bestückung des Koffers hängt davon ab, ob man Grundschulklassen, Studenten- oder Seniorengruppen vor sich hat.
Anschließend fahre man mit folgendem Impuls fort: „Wer hat Lust, den nächsten Gegen- stand aus dem Karton zu ertasten und hochzuhalten? Aber nicht gucken! Und die anderen können sagen, was ihnen dazu einfällt. Danach machen wir einfach im Uhrzeigersinn weiter.“
Auf diese Weise ergibt sich die Reihenfolge der Gegenstände aus dem Zufallsprinzip.
Den Abschluss bilde die Abbildung der Federzeichnung des verstorbenen Luther von Lukas Furtenagel, die außerhalb des Luther-Koffers bereitliegen sollte.
Die Gegenstände – theologische Erläuterungen
Von Luder zu Luther
Martin Luther wurde tatsächlich mit dem Nachnamen Luder geboren. Erst nach seiner reformatorischen Erkenntnis benannte er sich aus theologischen Gründen um. Er leitete den Namen Luther vom griechischen Wort Eleutheros ab, zu Deutsch: der Freie, der Befreite. Luther drückte mit seinem neuen Namen sein eigenes theologisches Programm aus: die Freiheit eines Christenmenschen, zu der das Evangelium befreit. Der erste sicher datierbare Beleg für Luthers Namenswechsel ist ein Brief vom 31. Oktober 1517, den er mit „Martinus Luther“ unterzeichnete.
Schwarzes Tuch
Das schwarze Tuch kann an den Talar der evangelischen Pastorinnen und Pastoren erinnern. Luther legte ganz bewusst das heilige Ornat des Priesters ab. Stattdessen trug er einen schwarzen Talar, die weltliche Amtstracht der Gelehrten und Universitätsprofessoren. Er machte dadurch deutlich: Ich habe studiert und kenne mich in meinem Fachgebiet aus. Auch heute noch tragen zum Beispiel Rechtsanwälte einen Talar.
Federkiel
Im Karton befindet sich eine Papierrolle, auf der in Schreibschrift folgender Satz steht: „Dieser Text wurde mit einer Füllfeder geschrieben.“ In der Papierrolle steckt ein Gänsekiel, den eine Teilnehmerin herausziehen und zeigen darf.
Bis heute bezeichnen wir einen Füller, der mit Tinte schreibt, als Füllfederhalter. Jahrhundertelang haben Menschen einen angespitzten Federkiel in Tinte getaucht und damit geschrieben. Vor der Erfindung des Buchdrucks haben Mönche in den Klöstern die Bibel abgeschrieben. Sie benötigten für eine vollständige Bibel rund ein Jahr. Der Preis betrug je nach Verzierung ungefähr dem einer Kuh, vergleichbar dem heutigen Wert eines Mittelklassewagens.
Lettern (Einzelbuchstaben aus einem alphabetischen Stempelset, evtl. aus Kunststoff)
Johannes Gutenberg hat durch die Erfindung der Druckerpresse mit Bleilettern eine Medienrevolution eingeleitet. Er hatte die Idee, gegossene Bleilettern zu verwenden. Es gab zwar längst Versuche, mit Holzlettern zu arbeiten, aber die waren nach einigen Druckvorgängen unbrauchbar und für die Massenproduktion nicht geeignet. Der hohe Aufwand für die Herstellung von Holzlettern lohnte sich nicht.
Bleilettern dagegen halten vergleichsweise ewig. Damals ermöglichten sie eine Wissensexplosion durch gedruckte Informationen in hoher Auflage mit geringen Herstellungskosten.
Vorausgegangen war eine andere technische Revolution: die Kunst des Metallgießens, die Gutenberg sich zunutze machte.
Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers
Luther wollte, dass alle Menschen die Bibel lesen können, um sich ein eigenes Urteil zu bilden. Deshalb hat er die Bibel ins Deutsche übersetzt und zusammen mit Melanchthon eine beispiellose Bildungsoffensive gestartet. Sie unterstützten die Einrichtung von Schulen und sie ermutigten die Eltern, ihre Söhne und Töchter – auch die Mädchen! – zur Schule zu schicken, um lesen und schreiben zu lernen.
Luther kannte wie fast alle seine Zeitgenossen zunächst nur die kleinen Textausschnitte der Bibel, die im Gottesdienst verlesen wurden. Nach seinem Klostereintritt 1505 in Erfurt stellte ihm der Konvent eine in rotes Leder gebundene lateinische Übersetzung der Bibel zur Verfügung, eine sogenannte Vulgata. Luther war also schon 22 Jahre alt, als er zum ersten Mal in seinem Leben eine vollständige Bibel in der Hand hielt. Von nun an konnte er sich selbst ein Urteil bilden, und zwar auf der Grundlage der gesamten Bibel. Luther wurde ein exzellenter Bibelkenner, dessen Ruf ihm vorauseilte. Seine katholischen Gegner fürchteten seine Bibelkenntnis, seine Studenten bewunderten ihn dafür.
1534 lag die vollständige Bibelübersetzung vor. Sie prägte die neuhochdeutsche Schriftsprache und ermöglicht es bis heute, dass Ostfriesen, Sachsen, Schwaben und Bayern sich miteinander verständigen können.
Kreide
Man sagt, Luther habe in Zeiten der Anfechtung mit Kreide den Satz „Ich bin getauft!“ vor sich auf den Tisch geschrieben. Fest steht, dass Luther unter schweren Anfechtungen gelitten hat. Das ist durchaus verständlich, denn er stellte sich mit seiner neuen Lehre von der Rechtfertigung des Sünders gegen die gesamte katholische Kirche. Sollte er tatsächlich allein die Wahrheit erkannt haben und sollten tatsächlich alle anderen katholischen Gläubigen bis hin zum Papst seit Jahrhunderten irren? In diesen Phasen des Selbstzweifels tröstete sich Luther mit den Worten: Ich bin getauft.
Die Taufe hängt allein an Gottes Zusage und Tat. Deshalb kann sie durch nichts und niemanden ungültig gemacht werden. Gott ist absolut zuverlässig und hält sein Versprechen, auch wenn die ganze Welt gegen einen ist.
Ehering
Martin Luther war Mönch und hatte ewige Keuschheit gelobt. Dasselbe galt für die Nonne Katharina von Bora. Als sie und Luther heirateten, begingen die beiden sozusagen eine Todsünde hoch zwei. Für Luther war klar, dass ein eheloser Priester vor Gott nicht besser ist als ein Ehemann oder eine Ehefrau. Ehe, Sexualität und sinnlicher Genuss gehörten für ihn zur guten Schöpfung, mit denen Gott die Menschen erfreut.
Nach katholischem Verständnis ist die Ehe bis heute ein Sakrament. Luther lehnte diese Auffassung ab. Für ihn war die Ehe ein „weltlich Ding“, denn nirgendwo im Neuen Testament hatte Jesus dazu aufgefordert zu heiraten.
Lutherrose (laminierte farbige Abbildung)
Luther besaß einen Siegelring, der als Wappen die so genannte Lutherrose enthielt. Mit einem Siegelring kann der Verfasser eines Textes kenntlich machen, dass dieser Text wirklich von ihm selbst stammt.
Luther deutete die Lutherrose als Ausdruck seines Glaubens folgendermaßen:
„Das erste soll ein schwarzes Kreuz sein in einem roten Herzen, damit ich mich selbst daran erinnere, dass der Glaube an den Gekreuzigten mich selig macht. Denn wenn man von Herzen glaubt, wird man gerecht. Dieses Herz soll aber mitten in einer weißen Rose stehen und dadurch deutlich machen, dass der Glaube Freude, Trost und Frieden gibt. Darum soll die Rose weiß und nicht rot sein; denn Weiß ist die Farbe der Engel. Diese Rose steht in einem himmelfarbenen, blauen Feld und zeigt an, dass diese Freude im Geist und im Glauben ein Anfang der zukünftigen himmlischen Freude ist. Das blaue Feld ist von einem goldenen Ring eingefasst, damit deutlich wird, dass diese Seligkeit im Himmel ewig währt und kein Ende hat und köstlicher ist als alle anderen Freuden und Güter, so wie das Gold auch das edelste, köstlichste Erz ist.“
Windel
Martin Luther und Katharina von Bora bekamen im Laufe ihrer Ehe sechs Kinder. Sie wohnten als Familie im ehemaligen Schwarzen Kloster in Wittenberg und wurden für die kommenden Jahrhunderte zum Modell für das Leben einer Pfarrfamilie im evangelischen Pfarrhaus.
Wenn ihr erstes Kind mit einer Behinderung geboren worden wäre, dann hätte das vermutlich das Ende der reformatorischen Bewegung bedeutet. Für Luthers katholische Gegner wäre das der Beweis gewesen, dass Gott den ketzerischen Mönch und die abtrünnige Nonne für ihre Sünden bestraft und der Teufel seine Finger im Spiel hat.
Schatzkästchen
Das Schatzkästchen enthält ein kleines Papier mit folgendem Text: „Martin Luther hat in der Bibel einen „Schatz“ entdeckt. Er las im Römerbrief: „Der Mensch wird durch sein Vertrauen auf Jesus Christus vor Gott gerecht.“ Für Luther bedeutete das: Mein Leben gefällt Gott, wenn ich ihm vertraue. Ich muss mich nicht unaufhörlich verbessern, um von Gott anerkannt zu werden, denn Gott liebt mich einfach so, wie ich bin.“
Bart
Weil Luther 1521 auf dem Reichstag zu Worms seine Schriften und seine Lehre nicht widerrief, wurde er von Kaiser Karl V. mit der Reichsacht bestraft. Das bedeutet, Luther wurde „vogelfrei“ und verlor alle Rechte. Jeder konnte ihn umbringen, ohne dafür bestraft zu werden. Deshalb inszenierte Kurfürst Friedrich der Weise eine Entführung Luthers und ließ ihn auf die Wartburg bringen, um ihn zu schützen. Dort lebte Luther unter dem Namen „Junker Jörg“ in einer Art Zeugenschutzprogramm. Damit ihn niemand erkannte, legte er die Mönchskutte ab, trug weltliche Kleidung und sogar ein Schwert; er ließ sich Haare und Bart wachsen und lernte reiten und jagen.
Während dieser Zeit auf der Wartburg begann er, das Neue Testament ins Deutsche zu übersetzen.
Hebräisches Altes Testament und griechisches Neues Testament
(Wenn diese beiden Bücher nicht vorhanden sind, kann man sich mit einer kopierten und laminierten Seite des hebräischen und griechischen Textes behelfen.)
Luther legte seiner Bibelübersetzung den hebräischen und griechischen Urtext zu Grunde, um dem ursprünglichen Wortlaut und Sinn der Bibel möglichst nahe zu kommen. Dabei unterstützten ihn Philipp Melanchthon und andere Sprachexperten, die gemeinsam mit Luther ein Übersetzerteam bildeten. Bis heute müssen Pastorinnen und Pastoren in ihrer Ausbildung neben Latein Hebräisch und Griechisch lernen, damit sie die Bibel im Original lesen können.
Luthersocke
Das besondere Merkmal einer Luthersocke ist die Aufschrift: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ Diese Worte soll Luther 1521 auf dem Reichstag in Worms zu Kaiser Karl V. gesagt haben. Allerdings taucht diese Formulierung erst in einem späteren Druck auf. Gut belegt sind dagegen folgende Worte: „Nur wenn mein Gewissen in Gottes Wort gefangen ist, will ich widerrufen. Denn es ist nicht geraten, etwas gegen das Gewissen zu tun.“
Beide Formulierungen machen deutlich, dass Luther aus Gewissengründen auf seiner Meinung beharrt. Weil Päpste und Konzilien nachweislich geirrt haben, erhebt Luther die Bibel und die Vernunft zum Maßstab für sein Gewissen. Er fällt als einzelner Mensch eine Gewissensentscheidung gegen die Autorität der kaiserlichen und päpstlichen Institutionen und gegen ihre Deutungshoheit. Das ist ein mutiger Schritt für eine einzelne Person und zugleich ein wichtiger Schritt aus dem Mittelalter in Richtung Neuzeit.
Evangelisches Gesangbuch
Luther veranschaulichte in den Liedtexten seine Theologie. Er dichtete die Liedstrophen auf Deutsch, damit jeder Mensch sie verstehen und im Gedächtnis behalten konnte. So erreichte Luthers Botschaft die einfachen Leute, die weder lesen noch schreiben konnten. Die Reformation entwickelte sich zu einer Singbewegung. In den katholischen Gottesdiensten der damaligen Zeit wurde nur die lateinische Liturgie gesungen. Die Gemeinde antwortete mit „Halleluja“ oder „Hosianna“, aber meist ohne den Text zu verstehen. In den evangelischen Gottesdiensten bildete der Gemeindegesang bald einen festen Bestandteil. Bereits 1529 erschien das erste Gemeindegesangbuch mit deutschsprachigen Liedern.
Hammer
Kirchenhistoriker streiten bis heute darüber, ob Martin Luther seine 95 Thesen selbst angenagelt hat. Wenn Professoren zur Zeit Luthers eine Diskussion in Gang bringen wollten, dann schrieben sie ihre Thesen auf. Der Hausmeister der Universität hatte die Aufgabe, dieses Thesenpapier in der Universität oder an der Kirchentür anzuschlagen. Die Kirchentür hatte also damals die Funktion eines schwarzen Brettes oder eines Schaukastens heute.
Luther veröffentlichte seine 95 Thesen in lateinischer Sprache. Daran wird deutlich, dass er ursprünglich eine Diskussion unter Fachkollegen auslösen wollte. Erst durch die Übersetzung ins Deutsche erreichten sie ihre große Öffentlichkeitswirkung.
Bierflasche
Bier war zur Zeit Luthers das Grundnahrungsmittel unter den Getränken. Der Alkoholgehalt des Dünnbiers war sehr gering. Es war in der Regel sauberer als Trinkwasser, das oft verunreinigt war und Durchfallerkrankungen verursachte.
Luthers Ehefrau Katharina hatte das Brauereihandwerk als Nonne im Kloster erlernt. Die Familie Luther wohnte in Wittenberg im Schwarzen Kloster und erhielt die Braurechte des ehemaligen Klosters. Katharina stockte durch ihre handwerkliche Fertigkeit die Haushaltskasse der Familie auf.
Luther selbst litt unter permanenter Verstopfung. Insbesondere das Naumburger Bier verschaffte ihm Linderung in seinem Leiden. In einem Brief an Katharina schreibt er: „Es gefällt mir wohl, macht mir des Morgens wohl drei Stuhlgänge in drei Stunden.“
Für den sinnenfrohen Luther, der gerne aß und trank, hatte Bier darüber hinaus eine theologische Bedeutung. Nach seiner Predigt nach dem Gottesdienst konnte er sich in gemütlicher Tischrunde entspannt zurücklehnen und sagen: „Während ich hier sitze und mein Wittenbergisch Bier trinke, läuft das Evangelium.“ Er meint damit: Ich habe alles getan, was ich tun konnte, um das Evangelium zu predigen. Mit dem Amen auf der Kanzel endet mein Auftrag. Dass Menschen durch meine Predigt zum Glauben kommen, das bewirkt der Heilige Geist. Ich habe mein Bestes gegeben. Was daraus wird, liegt nicht mehr in meiner Verantwortung, sondern in Gottes Hand.
So ist die Bierflasche zugleich Symbol für eine tiefe Gelassenheit, die auf Gottvertrauen beruht und die vor Selbstüberforderung schützt.
Schwein
Luther war bis zum Ende seines Lebens ein überzeugter Antisemit. Zunächst hatte er die Hoffnung, dass sich die jüdischen Gläubigen dem neu entdeckten Evangelium zuwenden und den christlichen Glauben annehmen. Aber das geschah nicht. Deshalb forderte er 1542 in seiner Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“: „Erstens, dass man ihre Synagoge mit Feuer verbrenne. Zweitens, dass man ihnen alle ihre Bücher wegnehme. Drittens, dass man ihnen bei Verlust des Leibes und Lebens verbiete, bei uns und in unserem Land öffentlich Gott zu loben, zu beten und zu lehren.“
An der Wittenberger Stadtkirche befindet sich bis heute ein Sandsteinrelief aus dem 14. Jahrhundert, das eine sogenannte Judensau darstellt. In dieser Darstellung werden Juden mit einem für sie unreinen Tier in widerlicher Weise dargestellt und der hebräische Gottesname entehrt. Zwei Menschen saugen an den Zitzen der Sau. Sie tragen sogenannte „Judenhüte“, also Kopfbedeckungen, die Juden im 14. Jahrhundert zu tragen verpflichtet waren, um sie von weitem als Juden kenntlich zu machen. Ein weiterer Mensch wird von Luther folgendermaßen beschrieben: „Hinter der Sau steht ein Rabbiner, der hebt der Sau das rechte Bein empor und hebt mit der linken Hand den Schweineschwanz hoch und guckt der Sau unter dem Schwanz in den Talmud hinein, als wollte er etwas Scharfes und Besonderes lesen und sehen.“ Luther teilte uneingeschränkt die blasphemische Entwürdigung des jüdischen Glaubens und der jüdischen Gläubigen.
Tintenfass
Luther soll auf der Wartburg mit einem Tintenfass nach dem Teufel geworfen haben. Diese Geschichte ist vermutlich erfunden. Im übertragenen Sinne kann man aber durchaus sagen, dass Luther den Teufel mit Tinte bekämpfen wollte, nämlich durch seine Schriften.
Die Menschen im Mittelalter verstanden die ganze Welt als Kampfplatz zwischen Gott und Teufel. Sie waren davon überzeugt, dass der Teufel versuchte, Aufruhr und Chaos unter den Menschen zu stiften und sie vom seligmachenden Glauben abzubringen.
Gleichzeitig gab es im Mittelalter viele Holzkisten und Säcke, in denen Mäuse spielten, die dabei scheinbar dämonische Geräusche machten.
Rosenkranz
Luther war Katholik. Er ist im katholischen Glauben aufgewachsen. Er hat jahrelang als Mönch im Kloster gelebt und geschwiegen – die gemeinsamen Gottesdienste und Zusammenkünfte ausgenommen. In seiner Klosterzelle hat er unzählige Male den Rosenkranz gebetet. Jeder Rosenkranz besteht aus Gebetsperlen und einem Kreuz. Der Gekreuzigte hat mehr und mehr seinen Glauben und seine Theologie bestimmt.
Streichhölzer (Blitzwürfel für einen alten Fotoapparats)
Das Streichholz steht für den Blitzschlag, der Luther bis ins Mark erschütterte.
Als Luther bei Stotternheim in ein Sommergewitter geriet und der Blitz dicht neben ihm einschlug, stellte er sich die Frage: Was wäre passiert, wenn der Blitz mich getroffen hätte? Und dann lief jener Film in ihm ab, der im Mittelalter in jedem Christen abgelaufen wäre. Er hätte völlig unvorbereitet vor seinen himmlischen Richter treten müssen und wäre wegen seiner Sünden in der Hölle gelandet. Damit war Luthers Lebensthema geboren, das ihn bis zu seinem Tode beschäftigte: Was muss ich tun, damit ich mit hundertprozentiger Sicherheit in den Himmel komme?
Luther übernahm zunächst die traditionelle katholische Antwort: Klostereintritt, als Mönch in lebenslanger Armut, Keuschheit und Gehorsam leben, beten, fasten und beichten.
Doch Luther erkannte, dass dieses Leben im Kloster ihn nicht hundertprozentig heilsgewiss machte. Es blieb immer ein Rest Unsicherheit, denn jeder macht mal Fehler und niemand kann immer und überall alle Regeln zu hundert Prozent einhalten. Luther erkannte: Gott sorgt allein dafür, dass ein Mensch selig wird.
Deko-Apfel (aus Kunststoff)
„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Dieser Satz wurde Martin Luther zugeschrieben, er hat ihn aber wahrscheinlich nie gesagt. Dennoch drücken diese Worte einen wichtigen Aspekt seiner Theologie aus. Luther geht davon aus, dass Gott diese Welt am Ende verwandeln wird in eine Welt, in der Gerechtigkeit und Frieden herrschen. Das Licht dieser zukünftigen Welt ohne Leid und Krieg leuchtet bereits herein in unsere Welt. Diese Hoffnung auf bessere Zeiten setzt Christen schon heute in Bewegung, in ihrem Alltag und Umfeld an einer besseren Welt mitzuarbeiten, so wie Martin Luther King und Nelson Mandela es taten.
Luthers Totenmaske
Noch am Totenbett fertigte ein Maler ein Porträt des verstorbenen Luther an. Es zeigt einen entspannten, milde lächelnden Gesichtsausdruck, als ob hier ein Mensch schliefe.
Das Portrait hat die Funktion, die Reformation zu legitimieren. War Luther ein Werkzeug Gottes, das die Wahrheit des Evangeliums ans Licht gebracht hat? Oder war er ein Instrument des Teufels, ein Ketzer, der die Menschen zum Abfall vom seligmachenden Glauben verführte? Die Zeichnung soll Freunden und Feinden beweisen, dass Luther bis zum letzten Atemzug an seiner Theologie festgehalten hat und im Vertrauen auf den gnädigen Gott friedlich gestorben ist. Wäre er ein Ketzer gewesen, so hätte ihn nach mittelalterlicher Auffassung der Teufel geholt und Luthers Gesicht wäre von einem fürchterlichen Todeskampf entstellt worden.