Die Idee
Im Anschluss an eine kirchenpädagogische Fortbildung im Sprengel Hildesheim entstand unter den Lehrkräften des Faches Evangelische Religion am Gymnasium Andreanum der Wunsch, für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 5 und 6 anstelle eines klassischen Schulgottesdienstes zum Reformationstag ein kirchenpädagogisches Projekt auszuarbeiten. Dabei sollten gottesdienstliche Elemente wie Singen und Beten, der Segen und das Erleben von Gemeinschaft nicht aufgegeben werden. Anstelle des Verkündigungsteils sollte eine Phase der Bewegung im Kirchenraum stehen, und beim Zugang zum Thema Reformation sollten die Sinne stärker einbezogen werden als es bei einer Predigt der Fall wäre. Stattfinden sollte die Veranstaltung in der St. Andreas-Kirche in Hildesheim und etwa 60 Minuten dauern.
Das vorliegende Konzept wurde mit Lehrkräften des Gymnasiums erarbeitet, die einzelne Stationen im Kirchenraum betreuten.
Ziele der Begehung
Die Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, gottesdienstliche Gemeinschaft zu erleben, zu beten, zu sich zu kommen und auf neue Weise etwas über den protestantischen Glauben zu erfahren.
Sie lernen kognitiv, aber auch mit Hilfe der sinnlichen Wahrnehmung den reformatorischen Gedanken kennen, dass ein Mensch keine Leistung erbringen muss, um vor Gott zu bestehen, sondern dass die direkte Hinwendung zu Gott, das Gebet, ausschlaggebend ist.
Die Schülerinnen und Schüler nehmen den Kirchenraum als Ort wahr, in dem verschiedene Atmosphären entstehen können, bestimmt durch die Beschäftigung der Gruppe und die Beschaffenheit des Ortes, an dem man sich befindet.
Die Bedeutung des Kirchenraums
Kirchenpädagogik arbeitet in der Regel mit dem Wahrnehmen und Erkunden des im Kirchenraum Vorhandenen. Hiervon weicht dieses Projekt ab. Die verschiedenen Orte in der Andreaskirche werden nicht selbstständig erkundet, sondern sie werden genutzt, um einen an den jeweiligen Ort passenden Inhalt zu bearbeiten. Darum ist Kirchenpädagogik in diesem Falle nicht zuerst Vermittlung des Kirchenraumes, sondern die Vermittlung eines Inhalts unter Nutzung von kirchenräumlichen Besonderheiten. Ihr Gegenstand ist nicht der Kirchenraum, sondern das "mitgebrachte" Thema Reformation. Die durch Architektur, Einrichtung und Lichtverhältnisse geschaffene Atmosphäre im Kirchenraum wird allerdings für die Vermittlung des Themas Reformation beansprucht.
Die St. Andreas-Kirche ist keine Reformationskirche, d.h. nicht gebaut mit protestantischem Raumprogramm. Dennoch bietet diese schlichte gotische Hallenkirche etwas, das zum Geist der Reformation passt.1 Es gibt kaum Äußerlichkeiten, die vom Eigentlichen ablenken: zu sich selbst zu kommen, nach Gott zu fragen. Der riesige Altarraum lädt dazu ein, zur Mitte zu finden. Dies wird während des Projekts nicht thematisiert, verschiedene Übungen jedoch geben den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit, es wahrzunehmen.
Es muss den Durchführenden daher bewusst sein, dass die Schülerinnen und Schüler Entdeckungen im Kirchenraum machen, die nicht zum Thema Reformation gehören. Der Kirchenraum als solcher wird also während der Begehung unterschwellig als "Konkurrenz-Thema" mitlaufen. Daher wäre es hilfreich, wenn die Schülerinnen und Schüler die Kirche bereits kennen.
Anmerkung
- Vgl. dazu Fichtl, Friedemann, Der Teufel sitzt im Chorgestühl. Ein Begleitbuch zum Entdecken und Verstehen alter Kirchen und ihrer Bildwelt. Eschbach/Markgräflerland, 3., überarb. Aufl., 1996. S. 103.
Der Verlauf
1a. Liturgischer Anfang:
Einzug im Pilgerschritt1
Für jede Klasse beginnt die Begehung an einer der vier großen Eingangstüren an der Nord- und der Südseite der Hildesheimer St. Andreaskirche. Die Schülerinnen und Schüler stellen sich nach dem Reißverschluss-Prinzip2 hintereinander auf.
Der Einzug wird von Musik begleitet. Besonders gut eignet sich die CD "Officium" mit mittelalterlicher Chormusik.3 Wenn die Schülerinnen und Schüler sich eingehört haben und ruhig geworden sind, setzen sich die Gruppen in Bewegung. Im Pilgerschritt (drei Schritte vor, einen zurück) bewegt man sich vorwärts. Die Gruppenleiterin sollte vorne gehen und versuchen, das Tempo nicht zu schnell werden zu lassen.
Gelingt diese Übung, so hat sich die Gruppe als solche gefunden und auf die gemeinsame Stunde in der Kirche gut eingestimmt.
1b. Begrüßung
Die Schülerinnen und Schüler stellen sich in einem großen Kreis um den Altar herum auf. In der St. Andreaskirche können ca. 80 Personen gut nebeneinander stehen, wenn es mehr sind, stehen zum Teil Kleinere vor den Größeren. Die Wirkung einer solchen Anordnung ist nicht zu unterschätzen. Alle können einander anschauen, ein riesiger Kreis entsteht um den Altar herum, und die Stille, die plötzlich entsteht, wenn die Musik verklingt, wird zu einem beeindruckenden und kostbaren Moment.
Die Kirchenpädagogin begrüßt die Schülerinnen und Schüler und nimmt das Motiv des Schreitens in einer bestimmten Ordnung und im gleichen Maß, das man miteinander finden musste, auf. Sie verweist auf das die Schülerinnen und Schüler umgebende Maß und die Ordnung in der Architektur des Kirchengebäudes, das Baumeister und Handwerker als Stein gewordenes Abbild der göttlichen Ordnung gebaut haben.4
Es folgen organisatorische Hinweise, die knapp gehalten werden, aber wichtig sind, weil Unsicherheiten aus dem Weg geräumt werden. Der Platz für die Schultaschen wird gezeigt, die Reihenfolge der Stationen und die Anfangsstation für jede Gruppe sowie der Name der jeweiligen Gruppenleiterin genannt. Je größer die Gesamtgruppe ist, umso wichtiger ist dieser Punkt, damit der Raum für eine gesammelte und konzentrierte Atmosphäre geboten werden kann.
2. Stationen zum Thema Reformation
Zeit pro Station mindestens zehn Minuten
Station 1: Buße
Ort der Bußstation war der Turmraum der Andreaskirche. Hier stand das Thema Buße und Bußleistung im Mittelpunkt. Die Schülerinnen und Schüler konnten die Treppe zum Kirchraum auf Knien erklimmen. Am Fuße der Treppe befanden sich zwei Plakate (M1 und M2) und zwei Kisten mit vorbereiteten farbigen Karten aus festem Karton, die einerseits das Lebensgefühl der Menschen im Mittelalter (M3 bis M6) und andererseits Luthers Entdeckung der Frohen Botschaft (M7 bis M10) thematisierten. Auf die Karten waren kurze Informationstexte, Zitate und Bilder geklebt. Diese Karten konnten die Schülerinnen und Schüler einander vor oder nach "erbrachter Bußleistung" in kleinen Gruppen vorlesen.
Station 2: Gebet
Die Betreuerin der Station begrüßt die Schülerinnen und Schüler und bittet sie, Platz zu nehmen. Sie nimmt die Gestaltung der Gebetsecke auf und schlägt einen Bogen vom Bußleistungsdenken zur vertrauenden Haltung gegenüber Gott, die sich in der Anrede, im Gebet ausdrückt. Rückblickend beschreibt die betreuende Lehrerin Sabine Bringewatt:
Im Zentrum sollte dabei das Vaterunser stehen, weil es die Möglichkeit implizierte, unmittelbar an eigenen Gottesdienst- und (Schul-)Andachtserfahrungen der Schülerinnen und Schüler anzuknüpfen. Zugleich sollte es auch um das Entdecken von etwas Neuem gehen, so dass über das Sprechen des Gebets hinaus eine möglichst ganzheitliche Erfahrung angestrebt wurde, durch die auch Inhalte in anderer Weise erschlossen werden konnten. So bot es sich an, den Schülerinnen und Schülern das Vaterunser in lautsprachbegleitender Gebärde zu vermitteln, wobei nicht jedes Wort, sondern nur zentrale Begriffe figürlich umgesetzt wurden. Die Ausführung der entsprechenden Gesten und Gebärden erschloss sich den Schülerinnen und Schülern in kurzer Zeit und bereitete ihnen sichtlich Freude. Blumenförmig geöffnete Hände, die sich vor dem Körper aufwärts bewegen und dabei den Blick nach oben begleiten, drücken zum Beispiel das Wort "Himmel" aus und verdeutlichen sehr viel mehr als nur das gesprochene Wort. Auch seitlich ausgebreitete Arme, die nach vorne geschlossen werden – die Gebärde für "unser Vater" – machen das Umfangensein von Gottes Güte erfahrbar. Beten impliziert so das Angenommensein durch Gott.
Station 3: Stille5
Stille als ein Angebot, zur Ruhe zu kommen und sich für Gott zu öffnen, mag z.B. als vorbereitendes Element fürs Gebet betrachtet werden. Stille kann eingeübt werden, und die folgende Übung passt gut in einen Kirchenraum:
Die Schülerinnen und Schüler nehmen in den vorderen Bankreihen Platz. Sie werden eingestimmt auf das, was gleich mit ihnen passiert, durch eine Frage: "Wenn ein Blinder diese Kirche betritt, dann kann er die riesigen Dimensionen dieser Kirche ja nicht sehen. Könnt ihr euch vorstellen, dass er sie trotzdem wahrnehmen kann?" Es wird darauf hingewiesen, dass die folgende Übung eine Hörübung ist und dass jeder Mensch Raumgröße und -beschaffenheit durchs Gehör und über die Haut wahrnehmen und einschätzen kann. Nun werden die Schülerinnen und Schüler gebeten, sich in die vorderen Bänke zu legen. Je zwei Personen liegen in einer Bank. Es sollte keine Bank frei bleiben, damit die Betreuerin der Station nicht übermäßig laut sprechen muss. Die Augen werden geschlossen; wer dies nicht möchte, behält seine Augen auf. Wenn alle bequem liegen, beginnt die erste Stillephase: "Achtet auf die Geräusche, die von draußen zu hören sind. Die Mauern dieser Kirche sind dick, aber trotzdem ist vieles vom Treiben in der Stadt zu hören. Achtet auch auf die Geräusche, die in der Kirche zu hören sind. Wir hören drei Minuten lang in die Stille." – Ein Triangel wird angeschlagen, um die Stille einzuleiten, ebenso nach drei Minuten zum Auflösen dieser Phase. Nun wird die zweite Stillephase eingeleitet: "Wendet nun euer Ohr nach innen: Wie geht es mir wirklich? Bin ich zufrieden mit dem, wie ich lebe? Möchte ich etwas verändern? Noch einmal drei Minuten Stille." Das Triangel erklingt, und nach drei Minuten wird aufgelöst, die Schülerinnen und Schüler kommen langsam hoch und bleiben noch einen Moment sitzen.
Im anschließenden Gespräch wird danach gefragt, wie die Schülerinnen und Schüler die Stille empfunden haben, damit sie die gemachte, meist sehr beeindruckende Erfahrung mitteilen können, ohne dass sie gezwungen sind, konkret zu werden. Möglich ist auch die Frage, welche Stille-Zeit für sie intensiver gewesen ist. Es kann sich ein Gespräch darüber anschließen, welchen Sinn es hat, dass man in einer Kirche leise sein sollte.
Station 4: Taufe
Die betreuende Lehrerin Kerstin Dohmen beschreibt: In der Taufkapelle der Andreaskirche wurden die Schülerinnen und Schüler mit der Bedeutung der Taufe vertraut gemacht. Zunächst hörten sie eine meditative Annäherung über das Element Wasser:
(Plätschern des Bugenhagener Brunnens vor der Kirche hören)
Wasser ist lebendig. Es fließt, plätschert,
verändert ständig seine Form.
Aus Wasser entsteht Leben.
Wir brauchen es alle zum Leben:
Menschen, Tiere und Pflanzen.
Klares Wasser reinigt. Es erfrischt und verwandelt.
Wasser und Taufe gehören zusammen.
Das griechische Wort für Taufe ist "Bad".
Taufen macht lebendig, reinigt, erfrischt
und verwandelt.
Die Taufe ist ein Versprechen Gottes.
Wie das Siegel unter einer Urkunde.
Zwischen mir und Jesus Christus und Gott steht nichts.
Ich bin ein einmaliges Geschöpf Gottes.
Das Leben ist mir geschenkt, und es lohnt sich.
Die Taufe wäscht mich frei von Schuld. Gott vergibt mir.
Die Taufe macht mich lebendig, ich brauche nicht mit mir zu hadern, ich kann mir Gottes Zuspruch sicher sein.
Dieser Zuspruch spendet Kraft und Zuversicht.
Wie ein Lebensquell spricht Gott zu mir:
Ich nehme dich an ohne Vorbehalte.
Mir brauchst du nichts vorzuspielen.
Du bist mein Kind. Du kannst dich auf mich verlassen.
Anhand des alten Taufbeckens, des Taufgeschirrs und der Motive in den Kirchenfenstern wurde den Schülerinnen und Schülern die Bedeutung der Taufe nahe gebracht. Anschließend hatte jedes Kind die Gelegenheit, nach vorn zu treten, um seinen mitgebrachten Taufspruch vorzulesen und danach in eine "Klassenkiste" zu legen, damit in den folgenden Religionsstunden mit diesen Taufsprüchen weitergearbeitet werden konnte. Danach versammelte sich die gesamte Gruppe noch einmal um das Taufbecken, wo jedes Kind mit Wasser einen Segenszuspruch in Form eines Handkreuzes bekam. Zum Abschluss wurde den Kindern jeweils eine schlichte Schwarz-Weiß-Folie mit einem gotischen Kirchenfenster mitgegeben, das sie in den folgenden Religionsstunden mit Folienstiften farblich gestalten und an die Fensterscheiben ihres Klassenraums hängen sollten. Die Kiste mit den Taufsprüchen wurde der Klassenlehrerin bzw. dem Klassenlehrer anvertraut.
3. Liturgischer Abschluss
Die Schülerinnen und Schüler werden durch die Musik, die sie zum Einzug gehört haben, wieder in den Kreis um den Altar gerufen. Die Kirchenpädagogin leitet über von der Aktionsphase zum liturgischen Abschluss. Das Lied "Ins Wasser fällt ein Stein" (EG 603) wird gesungen, wenn möglich mit musikalischer Begleitung aus der Schüler- und Lehrerschaft. Dann folgt ein Abschlussgebet, das die Lehrerinnen formuliert haben:
Gebet
Geborgen ist mein Leben in dir, Gott.
Du hältst mein Leben in deinen Händen.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass mich niemand leiden mag.
Und nicht immer mag ich mich selbst leiden.
Aber da ist ja dein Geschenk: Du nimmst mich so wie ich bin.
Geborgen ist mein Leben in dir, Gott.
Du hältst mein Leben in deinen Händen.
Manchmal möchte ich beten, aber es geht nicht.
Ist Gott dann trotzdem für mich da?
Aber da ist ja dein Geschenk: du schenkst uns deine Liebe, ohne dass wir etwas vorweisen oder wiedergutmachen müssen. Deine Liebe kann man nicht kaufen.
Geborgen ist mein Leben in dir, Gott.
Du hältst mein Leben in deinen Händen.
Abschließend spricht die Kirchenpädagogin den Segen:
Segen
(Jeder legt die Hand auf die Schulter seines rechten Nachbarn)
Gott stehe dir zur Seite, damit du dich nicht einsam fühlst!
(Hand auf den Rücken)
Gott stärke dir den Rücken, damit du deinen Weg gehen kannst!
(Hand auf den Kopf)
Gott halte seine Hand über dir und segne dich.
So segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige
Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Materialliste
- Streichhölzer für die Altarkerzen
- CD-Player und CD "Officium"
- Kiste mit Pappkärtchen "Luthers Entdeckung" und A2-Plakat "Bleib sein Kind"
- Kiste mit Pappkärtchen "Angst vor Gott" und A2-Plakat "Das verriegelte Tor"
- Vaterunser in lautsprachbegleitender Gebärde
- Triangel oder Klangrohr
- Taufgeschirr und Wasser
- Meditationstext zu "Wasser und Taufe"
- Taufsprüche der Schülerinnen und Schüler (auf Zetteln)
- Klassenkiste (bunter Karton aus einem Fotoladen)
- Kirchenfenstervorlage auf Folie und Folienstifte für den Unterricht
- Liederzettel für "Ins Wasser fällt ein Stein" oder Gesangbücher (EG 603)
- vorbereitetes Gebet
- vorbereiteter Segen
Anmerkungen
- Diese Übung stammt aus der Fortbildung "Liturgische Präsenz" mit Thomas Kabel, die 1997 in Loccum stattgefunden hat.
- Das Reißverschluss-Prinzip: Die Schülerinnen und Schüler stehen in zwei Schlangen etwas versetzt nebeneinander, so dass man keinen Nachbarn direkt neben sich hat, sondern schräg vor und schräg hinter sich. Nun legt man der Person vor sich die äußere Hand auf die äußere Schulter. Die innere Hand legt man der Person, die in der Nachbarschlange schräg vor einem steht, auf die innere Schulter. Wenn die beiden Schlangen dicht beieinander stehen, gibt das beim folgenden Einzug mehr Festigkeit und allen ein sicheres Gefühl beim Schreiten. Es empfiehlt sich dringend, diese Aufstellung vorher im Unterricht einzuüben, damit die Schülerinnen und Schüler sich auf das Eigentliche konzentrieren können: auf die gemeinschaftliche Bewegung zum Zentrum des Kirchenraumes, dem Altar, hin. Auch sollte der Hinweis gegeben werden, dass man nicht auf die Füße, die vor einem gehen, schauen muss, sondern mit den aufgelegten Händen das Tempo erspüren kann.
- Hilliard Ensemble, Gesang, und modernen Saxofon-Improvisationen von Jan Garbarek
- Vgl. Spr XXX "Du aber hast alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet." Die Anregung hierzu sind entnommen aus: Brummer, Andreas, u.a., Liturgische Kirchenbegehung bei Kerzenschein. St. Michael Hildesheim, anlässlich der Expo 2000. Zu beziehen über die Autorin.
- Diese Übung wurde entnommen aus: Grünewald, Erika, Als Maria von der Nordwand stieg. In: kirchenpädagogik. Zeitschrift des Bundesverbandes Kirchenpädagogik e.V. 1/2004. S. 21f.
Gott schenkt den Menschen seine Liebe. |
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Luther berichtet über sein Leben im Kloster Der Tag begann für uns Mönche bereits um 3.00 Uhr morgens mit einem Gottesdienst. Jedesmal beim Verlassen unserer Klosterkirche blickte ich auf ein Bild, das Gott als den Richter über die Menschen zeigte. Einmal dachte ich voll Schrecken daran, dass ich heimlich über Bruder Albertus gelacht hatte, der wieder während des Morgengebetes eingenickt war. In meiner Zelle kniete ich daraufhin nieder und bat Gott wegen dieser Sünde um Vergebung. Häufig geißelte ich mich, bis ich blutete. Ich wollte Gott zeigen, wie ernst ich es meinte. Die Glocke, die zum Frühstück rief, unterbrach meine Bemühungen, Gott zu gefallen. Der anschließende gemeinsame Lobgesang machte mich froh und gab mir Kraft für den Tag. Gegen 9.00 Uhr versammelten wir uns erneut zum Gebet, um Gottes Segen für unsere weitere Arbeit zu erbitten. Während des Mittagessens ertappte ich mich dabei, wie ich gierig auf den vollen Teller meines Tischnachbarn schaute. Sofort tauchte vor mir wieder das Bild über unserer Kirchentür auf. Ich fragte mich voller Angst: "Stünde ich jetzt vor Gottes Gericht, welche Strafe hätte ich wohl zu erwarten?" Da ging ich zu meinem Ordensvorsteher und beichtete ihm diese Sünde. Er jedoch schüttelte wegen solch einer Kleinigkeit ärgerlich den Kopf. Ich aber schlug mich trotzdem, fastete und betete immer weiter. |
In der Kirche hörten die Menschen, dass nach dem Tod das Gericht Gottes kommt. Dann wird Gott als strenger Richter das Leben jedes Menschen prüfen. Deshalb fragten viele Menschen: Was wird mit mir geschehen, wenn Gott über mein Leben urteilt? Wie kann man Gott gnädig stimmen? Was muss man tun, um die Angst vor dem Tod zu verlieren? Die Kirche lehrt: beten, fasten, Geld spenden, Sünden bekennen, Gebote einhalten. Das heißt: Buße tun! Dann kann man von seiner Schuld freigesprochen werden. |
Im Mittelalter hatten viele Menschen Angst vor der Hölle. Sie dachten, Gott würde sie so für schlechte Taten bestrafen. Sie wollten ihre bösen Taten wieder gutmachen, deshalb bezahlten sie in der Kirche Geld. Dafür bekamen sie einen Ablasszettel. |
Andere versuchten, durch häufiges Fasten und Beten, durch Geißelungen und Almosen, Gott gnädig zu stimmen und einer Bestrafung ihrer schlechten Tagen zu entgehen. Manche gingen ins Kloster, um dort ein gottgefälliges Leben zu führen. |
Luthers Entdeckung: Gottes Liebe kann man nicht kaufen. Er schenkt sie uns, ohne dass wir etwas wieder gutmachen müssen. |
Wie in unserem Lied: "Nimm Gottes Liebe an. Du brauchst dich nicht allein zu mühn, denn seine Liebe kann in deinem Leben Kreise ziehn." |
Gott schenkt den Menschen seine Liebe. Der Mensch muss das Geschenk nur annehmen. Wer daran glaubt und vertraut, hat keine Angst mehr. Gott liebt dich wie du bist. |
M 10
Ach lieber Herr und Gott,
du hast mich nun wirklich
eine lange Zeit gequält
und mit
jeder Art von Unheil geplagt,
Du hast mich mit Angst
und Trübsal,
Jammer und Not umgeben.
Du hast mich
auch deinen Zorn
und Grimm
über die Sünde
erkennen lassen.
Nun, lieber Gott,
lass es genug sein.
Höre auf zu zürnen.
Du hast mich
genug gezüchtigt
und gedemütigt.
Du hast mich
zur Genüge unterdrückt,
geängstigt und getötet,
so dass ich nicht viele
fröhliche Tage und Stunden
gehabt habe.
Aus einem Gebet Luthers