Ein Gottesdienst zum Buß- und Bettag – Begehung verschiedener Stationen für Grundschule und Sekundarstufe I

von Birgit Hecke-Behrends und Susanne Link-Köhler

 

Theologische Vorbemerkung

Die Tradition eines Buß- und Bettages kommt im Leben eines Schülers oder einer Schülerin so nicht vor. Beten – na ja, davon hat man schon mal gehört; alte Leute tun das und im Gottesdienst soll das auch vorkommen. Buße dagegen trifft auf ratlose Gesichter. Beim Nachforschen stößt man auf das Bußgeld, das Verkehrssünder zahlen müssen, wenn sie gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen. Motivierend ist das nicht gerade. Man denkt an erhobene Zeigefinger und Moralpredigten; dabei liegt der Nervenkitzel doch gerade in der Grenzüberschreitung, für die Aufarbeitung bleibt nur die Langeweile.

Die Tradition des Buß- und Bettages kommt im Leben eines Schülers oder einer Schülerin nicht vor – wohl aber die Sache. Die Sehnsucht nach bereinigten Lebensverhältnissen ist groß, warum sonst ordnet sich weit mehr als die Hälfte einer Schülergruppe – nach ihren Wünschen befragt – dem Satz zu: "Ich bekomme immer wieder eine Chance."

Fulbert Steffensky lädt uns zu einer ganz anderen Art der Grenzüberschreitung ein: "Bußrufe sind Verlockungen zu einem Leben, das noch aussteht ... – in Erwartung eines bisher noch nicht eingelösten Versprechens vom Glück."1 Buße ist radikaler Bruch mit den eingefahrenen, zwanghaften Lebensgewohnheiten: Der raffgierige Zöllner Zachäus sagt: "Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen." Die unerwartet glückbringende Tischgemeinschaft mit Jesus hat ihn aus der Bahn geworfen. Ebenso der lebenshungrige, verlorene Sohn. Ihn erwarten anstelle eines gesicherten Tagelöhnerdaseins umfassende Rehabilitierung und ein rauschendes Fest. Bleibt noch der Hinweis auf Franz von Assisi: Sein wirkliches Leben beginnt mit einer großen Geste der Verneinung. Als er mit seinem Vater und den an ihn gerichteten Erwartungen bricht, zieht er seine Kleider aus und wirft sie ihm vor die Füße.

Die Geschichten von Suchenden werden so für die Schüler zu Zielvorgaben, weg von der Selbstbespiegelung. Am Thema des Franz von Assisi kann ein Gottesdienst mit älteren Schülern erarbeitet werden. Die beiden Bibeltexte sind zur Grundlage zweier Schulgottesdienste am Buß- und Bettag geworden; Lukas 19 für die Grundschule und Lukas 15 für die Sek I. Beide sind im Folgenden ausgeführt.

 

Ein Wandergottesdienst für die Grundschule

In den ersten Überlegungen mit Lehrern und Lehrerinnen einer Grundschule wollten wir die Chance der Unterbrechung des eingefahrenen Schulvormittags mitten in der Woche durch einen Gottesdienstbesuch nutzen.

Vorgabe war eine traditionelle Gottesdienstzeit von 60 – 70 Minuten und eine große Schülerzahl (einmal kommt die ganze Grundschule mit 130 Schülern, das andere Mal feiern wir zwei Gottesdienste hintereinander mit jeweils 180 Kindern).

Will der Buß- und Bettag erstarrte Lebensvollzüge aufbrechen, soll auch die Gottesdienstform die Schülerinnen und Schüler in Bewegung setzen. Dadurch entsteht Aufmerksamkeit. Sie werden auf eine Wanderung durch den Kirchenraum mitgenommen. Dafür wird die Liturgie auf ein Minimum zu Beginn und zum Abschluss reduziert. So ist genug Zeit für sieben bis acht verschiedene Stationen, die die Kinder während des Gottesdienstes erleben. An den einzelnen Stationen sammeln sie Erfahrungen, die ihnen beim Hören der Geschichte am Ende des Gottesdienstes zugute kommen. Sie werden dort – mehr oder minder – tätig mit einbezogen, jedes Mal auf andere Art und Weise. Durch den raschen Wechsel der Angebote bleibt die Aufmerksamkeit erhalten. Als "Wandermusik" spielt zwischendurch die Orgel. Sie führt klar durch den Gottesdienst, ist trotz des häufigen Wechsels und der Bewegung tragendes Element und lässt so keine Unruhe aufkommen. Im Gegenteil übertönt die Orgel im guten Sinne die Geh- und Sprechgeräusche beim Wechsel von Station zu Station.

 

Der Gottesdienst hat eine klare Struktur:

Einführungsteil:
Orgel – Begrüßung – Lied – Einführung. Es soll möglichst viel Konzentration erhalten bleiben, deshalb so knapp wie möglich. (gemeinsamer Beginn)

Hauptteil:
Begehung der Stationen und Musik zum Wechseln. (Auffächerung in Klassen)

Schlussteil:
Erzählung – Lied – Gebet/Segen – Orgelnachspiel. (erneute Zusammenführung)

 

Durchführung

  • Man braucht mindestens so viele aktiv Mitwirkende, wie es Stationen gibt (7-8),
  • dazu (Klassen-)Lehrer/innen, Mütter und/oder ältere Schüler/innen, die die Kinder von Station zu Station geleiten.
  • Jede/r Mitwirkende bereitet sich inhaltlich auf nur eine Station vor, dies wird dann entsprechend oft durchgeführt.
  • Einzelne übernehmen Zusatzaufgaben wie die Erzählung zum Abschluss und Teile der Anfangs- und Abschlussliturgie.
  • Die Stationen sind in sich abgeschlossen und unabhängig; deshalb müssen sie nicht in einer bestimmten Reihenfolge begangen werden. Ihre Standorte sind eher raumabhängig. Jede Klasse kann an jeder Station beginnen.
  • Der Text Lukas 19 ist in der Ich-Form gestaltet, der Erzähler schlüpft – mit einem Tuch verkleidet – in die Rolle des Zachäus. Zum Abschluss verteilt er sein "Geld" (Schoko-Goldtaler) aus seiner Umhängetasche: Mit Hilfe der anderen Erwachsenen erhält jedes Kind ein Goldstück.
  • Die Lieder sollten schon länger bekannt sein, gegebenenfalls werden sie vorher in der Schule eingeübt. Der Gottesdienst wird nicht durch das Einstudieren von Liedern verlängert. Außerdem ist es gut, wenn die Kinder Bekanntes in den Gottesdienstraum mitbringen.
  • Jede Klasse beginnt an einer anderen Station, nur die Begleitenden müssen wissen, an welcher. Sie werden dann im Gottesdienst von den jeweiligen Mitwirkenden immer an die nächste Station geschickt. Dieser erste Ort wird ihnen schon vorher gesagt, im Gottesdienst wird nicht organisiert.
  • An den einzelnen Stationen ist maximal vier bis fünf Minuten Zeit.
  • Alle wandern im Uhrzeigersinn. Wenn die Musik einsetzt, wird an den einzelnen Stationen der Satz beendet und die Klasse konsequent weitergeleitet.
  • Unverzichtbar ist ein Organist oder eine Organistin, der/die mit der Stoppuhr arbeiten kann, da die "Wandermusik" nicht länger als eine Minute dauert.
  •  Am Tag vor dem Gottesdienst gibt es ein Treffen mit allen aktiv Mitwirkenden im Kirchenraum; die Orte der einzelnen Stationen werden festgelegt. Jeder richtet sich seine Station ein und sie werden einmal gemeinsam abgegangen.

 

Einführung in den Gottesdienst

"Schaut euch einmal in der Kirche um – an einigen Stellen ist etwas aufgebaut. Was das ist, kann man noch nicht genau erkennen. Diese einzelnen Orte werdet ihr gleich klassenweise besuchen; begleitet von eurem Klassenlehrer (oder eurer Klassenlehrerin), der euch von Station zu Station führt. An jeder Station empfängt euch ein anderer Lehrer, eine andere Lehrerin und lädt euch ein – zum Hören, Reden oder Teilen. Überall erlebt ihr etwas anderes, seid ihr aufgefordert mitzumachen. Dafür habt ihr immer einige Minuten Zeit. Wenn die Orgel zu spielen beginnt, wandert ihr weiter. Eure Lehrerin führt euch, die Musik begleitet euch. Wenn ihr so in der Kirche unterwegs seid, seht euch einmal um – überall bewegen sich Schüler durch den Raum, wie ein riesiger Strom. Das sieht schön aus! Nachdem ihr alle Stationen besucht habt, begleitet euch die Musik auf eure Plätze zurück, hierher ins Mittelschiff. Dann wollen wir gemeinsam eine Geschichte hören.

Aber vorher macht ihr euch erst einmal auf den Weg. Jetzt. Wenn die Musik beginnt. Ich wünsche euch eine spannende, gesegnete Wanderung!"

Zum Ablauf

"Wandergottesdienst" am Buß- und Bettag

1. 9.00 – 10.00 Uhr (Kl. 1 + 3),

2. 10.15 – 11.15 Uhr (Kl. 2 + 4), ca. je 180 Kinder (2 x 7 Klassen)


Orgelvorspiel

Begrüßung

Lied: "Wo zwei oder drei" (zweimal singen)

Einführung in den Gottesdienst

Musik (um an die 1. Station zu kommen)

(für jede Station sind jeweils vier Minuten vorgesehen)

1. Station:
Feiern – miteinander teilen
Musik

2. Station:
Bitten – für dich und die anderen
Musik

3. Station:
Danken – für alles, was dich freut
Musik

4. Station:
Klagen – gib mir deine Sorgen
Musik

5. Station:
Das Gebot: "Du sollst nicht stehlen/begehren"
Musik

6. Station:
Ein Zöllner – was war das für einer?
Musik

7. Station:
Geld – seine Faszination, was es bewirkt
Musik (alle kehren auf ihre Plätze zurück)

Erzählung Zachäus nach Lukas 19,1
(Goldtaler für jeden)

Lied: "Gottes Liebe ist so wunderbar" (2 St., "Liebe"/"Gnade")

Gebet und Segen

Orgel

 

 

 

 



Die einzelnen Stationen (Aufbau und Aktionen)

1. Station: Feiern – ein Fladenbrot teilen
Material:
Fladenbrot, Holzteller, Tuch, Zweig/Rose, Kerze auf dem Fußboden oder einem kleinen Tisch in der Mitte. Die Schüler stellen sich im Kreis darum herum.

Lehrer/Lehrerin:
"Jesus sagt: Unser tägliches Brot gib uns heute.
Brot haben, das heißt: satt werden
Brot haben, das heißt: stark werden und wachsen
Brot haben, das heißt: fröhlich sein können
Brot haben, das heißt: Leben

Wir wollen nun dieses Brot miteinander teilen. Es wird für uns alle reichen. Schaut euch um, wie viele wir sind. Jeder bricht sich ein Stück ab und wartet, bis alle etwas haben." (Das Brot wird in der Mitte geteilt und nach rechts und links weitergegeben.)

"Wenn ihr mögt, schließt jetzt die Augen und schmeckt das Brot, kaut es ganz langsam."


2. Station: Bitten – für dich und die anderen
Diese Station sollte, wenn möglich, am Altar sein.

Material:
großes liegendes Kreuz (aus Holz), entsprechend viele Stumpenkerzen wie Klassen (für jede Klasse eine): Die Altarkerzen brennen, die Schüler bilden einen Kreis um das Kreuz

Lehrer/in:
"Es gibt Vieles, worum wir Gott bitten können:
dass er nach vielem Regen die Sonne scheinen lässt,
dass er Kranke gesund macht,
dass traurige Menschen fröhlich werden,
dass wir uns nach einem Streit wieder vertragen können,
dass dort, wo Krieg herrscht, Menschen Mut zum Frieden bekommen,
dass wir die Erde, auf der wir leben, wahrnehmen und pflegen (sehen und bewahren).

Ich zünde jetzt diese Kerze an und reiche sie weiter. Wenn du die Kerze in der Hand hast, darfst du deine Bitte sagen oder denken.

Dann gib die Kerze deinem Nachbarn!"

Die Kerze wird an der Altarkerze entzündet und wandert durch den Kreis. Hinterher wird sie brennend auf das Kreuz gestellt (s. Zeichnung).


3. Station: Danken – für alles, was dich freut
Diese Station gehört zum Taufbecken.

Material:
Korb mit gefalteten Papierblüten, Zinkwanne mit Wasser gefüllt und mit Efeu geschmückt, auf blauem Tuch.

Kurzbeschreibung
Wunschblume:

Eine einfache Blüte zeichnen: Innenkreis im Durchmesser 4,5 cm; außen herum spitze Blütenblätter: Länge ca. 2,5 cm. Auf ein DIN A 4 Papier als Kopiervorlage passen sechs solcher Wunschblumen. Die Vorlage in bunten Farben kopieren, normale Papierstärke nehmen. Für jedes Kind soll eine Blüte da sein. In einigen Klassen werden die Wunschblumen ausgeschnitten. Nun werden die einzelnen Blütenblätter zur Mitte hin gefaltet und vorsichtig angedrückt (sie können ruhig übereinander liegen). Im Gottesdienst die Blüte auf dem Wasser schwimmen lassen ...

Lehrer/in:
"Nimm dir vorsichtig eine Blüte und halte sie fest!
Es gibt vieles, wofür wir Gott danken können:
dass wir gesund sind,
dass wir immer satt werden,
dass wir eine Wohnung haben und nicht auf der Straße schlafen müssen,
dass wir Kleider haben und nicht zu frieren brauchen,
dass es Menschen gibt, die uns lieb haben.

Überlegt nun, wofür ihr Gott danken möchtet. Wir wollen jetzt der Reihe nach unseren Dank sagen und dabei die Blüte auf das Wasser legen. Schaut, was dabei passiert!"


4. Station: Klagen – gib mir deine Sorgen
Material:
Weidenkorb mit kleinen Steinen (es muss für jeden Schüler ein Stein da sein), dunkles Tuch, darauf ein Holzkreuz.

Lehrer/in:
"Nehmt euch jeder einen Stein und haltet ihn ganz fest in eurer Hand!"

(Steine nehmen lassen)

"Manchmal hat jeder von uns Sorgen: kleine Sorgen oder auch große Sorgen. Ich gebe euch jetzt eine Weile Zeit, über eure Sorgen nachzudenken."

(Triangelton – ca. zwei Minuten Stille – Triangelton)

"Oft bedrücken uns unsere Sorgen wie ein schwerer Stein. Hier ist ein Sorgenplatz. Christus lädt uns ein: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Ganz still wollen wir jetzt mit dem Stein unsere Sorgen abladen. Wir tun das der Reihe nach."


5. Station: Gebot: "Du sollst nicht begehren/stehlen!"

Material:
Schild mit der Aufschrift: "Das gehört nur den Erwachsenen!" Auf der Erde liegt ein Tuch, darauf steht eine verdeckte Schale, die mit Gummibärchen üppig gefüllt ist (5 Packungen). Ein Poster mit einer Darstellung von Mose mit den Gesetzestafeln.2 

1. Begehren wecken:
Die Schale wird aufgedeckt und den Kindern schweigend präsentiert (Reaktionen in Wort und Bewegung abwarten). Wichtig: Die Gummibärchen werden nicht ausgeteilt!

2. Verweigern:
Ein Schild wird zu der Schale gestellt:
"Das gehört nur den Erwachsenen"

(Reaktionen abwarten, aufnehmen und vertiefen: z.B. durch die Aufforderung: "Zeigt mit einer Handbewegung, dass ihr etwas unbedingt haben möchtet. Macht eine Handbewegung für stehlen").

3. Vertiefen:
"Wir möchten immer etwas haben:

  • eine leckere Süßigkeit
  • ein Paar Inliner oder ein neues Computerspiel
  • Wir möchten immer mehr haben. Besonders jetzt, wenn wir schon manchmal an Weihnachten denken. Wir möchten oft haben, was anderen gehört: den Freunden, den anderen in der Klasse, den Geschwistern. Wenn wir das nicht bekommen, werden wir neidisch, es gibt Streit. So sind wir Menschen, Große und Kleine.

Ich erzähle euch von Mose: Er hat sein Volk aus der Gefangenschaft in die Freiheit geführt. Weil Gott es so wollte. So haben die Leute Gott kennen gelernt: "Der hat uns aus Ägyptenland geführt", erzählen sie. Unterwegs haben sie sich auch gestritten, waren neidisch aufeinander. Da hat Gott ihnen gute Lebensregeln gegeben, die Gebote (Hinweis auf die Tafeln). Mose hat sie mitgebracht. Die letzten beiden Gebote reden vom Neid: Du sollst nicht
begehren deines Nächsten Haus ... noch alles, was dein Nächster hat. (2. Mose 20, 17-18)

  • Gott meint: Neidisch sein, begehren; das hast du nicht nötig. Du hast alles, was du brauchst. Ich sorge für dich. Das hast du erlebt. Du weißt: Ich habe dich aus der Gefangenschaft befreit. Deshalb wirst du nicht neidisch sein, nicht begehren, nicht stehlen. Wenn du so lebst, hast du Frieden mit den anderen. Immer."



6. Station Ein Zöllner – was war das für einer?

Material / Zollstation:
ein Tisch mit Goldtalerstapeln, daran ein Schild:
1 Fuhre Melonen – 5 Goldstücke
1 Fuhre Zitronen – 7 Goldstücke
1 Ballen Wolle – 23 Goldstücke
"Zachäus" sitzt dahinter, evtl. etwas verkleidet.

Erzählung:
Moment! Was wollt ihr hier? Hier kommt man nicht so einfach vorbei. Hier wird bezahlt! Ich bin nämlich Zöllner und nehme hier Zoll ein. – Ach, ihr habt ja gar nichts zu verzollen. Dann will ich euch einmal erzählen, was ich hier mache: Mein Land heißt Palästina und ist von römischen Soldaten besetzt. Der römische Kaiser braucht viel Geld, um sich schöne Paläste zu bauen und seine Soldaten zu bezahlen. Darum muss jeder, der in unsere Stadt kommt, um auf dem Markt Waren zu verkaufen, bei mir Geld bezahlen, bevor er durch das Stadttor ziehen darf. Eine Fuhre Melonen kostet bei mir fünf Goldstücke, eine Fuhre Zitronen sieben Goldstücke und ein Ballen Wolle 23 Goldstücke. Dieses Geld muss ich dem
Kaiser abliefern.

Wenn ich schlechte Laune habe, wenn es regnet oder wenn ein Bauer versucht, mich zu betrügen, nehme ich ihm doppelt so viele Goldstücke ab. Das Geld behalte ich dann einfach selbst. Jeden Abend zähle ich die Goldstücke, die ich eingenommen habe, und freue mich, dass ich immer reicher werde. Bald bin ich sicher der reichste Zöllner im Land! Viele Leute mögen mich nicht leiden. Sie hassen mich, weil ich für die Römer arbeite und rufen "Römerfreund" oder "Betrüger" hinter mir her. Meinen Zöllnerkollegen an den anderen Stadttoren geht es genauso.

Aber das ist uns egal. Hauptsache, wir verdienen viel, viel Geld.


7. Station: Geld – seine Faszination, was es bewirkt
Ziel:
Die Kinder sollen der Faszination des Geldes nachspüren. Sie sollen erkennen, dass Menschen sich im Umgang mit viel Geld zu ihrem Nachteil verändern können ...

Material:  
Buntes Regenbogentuch, darauf eine Zimmerpalme, dazu ein rotes Ferrari-Spielzeugauto, ein Bild vom Traum-Urlaub aus dem Reisekatalog (Südsee ...) und andere Symbole der Begierde; darum herum eine große Menge Spiel-Geldscheine.

Durchführung:
1. Einstieg:
- entweder als Reaktion auf spontane Äußerungen ("geil, soviel Geld")
- oder in Bezug auf das Fernsehquiz: "Wer wird Millionär?"

2. Eine kurze Phantasiereise:
"Du bist Millionär ... Geld spielt keine Rolle ... was würdest du als erstes mit so viel Geld anfangen? ..."

3. Reflexion:
"Wie kommt man zu so viel Geld?"... arbeiten, sparen, das reicht nicht ... im Lotto gewinnt nicht jeder ... einen Schatz findet auch nicht jeder ... manche Leute fangen an, andere zu betrügen ... (Verweis auf Zachäus: Ihr werdet/habt schon einen kennen gelernt, der vom Geld fasziniert ist ...


zusätzliche Station:
"Klein sein"
(an der Kanzel)

Material:  
Von der Kanzel hängt ein buntes Säckchen herab; gerade so hoch, dass die Schüler es nicht erreichen können – auch wenn sie sich strecken).

1. Vorführen: Ich bin zu klein
Impuls: "Was da wohl drin ist ... will nicht mal einer von euch nachsehen..." (Einige Kinder werden so gelockt, den Beutel herunter zu nehmen ... aber sie kommen nicht dran.)

2. Vertiefen:
"Das erlebt ihr sicher ganz oft: Ich bin zu klein. Da komme ich nicht dran. Die Erwachsenen haben die Welt nach ihrem Maßstab eingerichtet. Viele Dinge kann ich erst erreichen, wenn ich groß bin." (Der Erwachsene greift mühelos nach dem Beutel, führt es wortlos vor.) "Und was nun?
Kinder wie ihr können entweder enttäuscht oder wütend weggehen.
Oder nicht aufgeben, sondern sich etwas ausdenken ... (die Kinder für diese Situation einen Vorschlag machen lassen).
Manchmal seid ihr aber nicht nur zu klein, sondern es kommt noch etwas anderes dazu ..."

3. Erleben: Ich bin ausgeschlossen
(Der Erwachsene legt etwas Interessantes auf den Boden, aber so, dass man es auch oben von der Kanzel aus sehen kann. Wenn nötig, fordert er die Kinder mit einer Handbewegung auf, näher zu kommen, um es anzusehen. Es entsteht eine Art Mauer, nicht alle Kinder können sehen. Der Erwachsene spricht die Hinteren an und überlegt mit ihnen, wie sie den Überblick bekommen können. Einer entdeckt den Weg auf die Kanzel ... Die Situation wird "eingefroren".)

4. Zusammenfassung:
"Zu klein sein ist ärgerlich.
Ausgeschlossen sein kann weh tun.
Wer sich nicht entmutigen lässt, hat zum Schluss den besten Platz ..."

Erfahrungen
Diese Gottesdienstform wurde zwei Mal mit verschiedenen Grundschulen ausprobiert; einmal hat ein Gymnasium sie für die 5. Klassen mit älteren Schülern als Aktive und Begleiter ebenfalls erfolgreich gestaltet. In der Detailplanung waren immer nur ein bis zwei Kollegen/innen und evtl. die Pastoren/innen beteiligt, allerdings muss das gesamte Kollegium die Grundidee unterstützen. Praktisch brauchte sich jeder Aktive nur auf eine Station vorzubereiten, sich einmal im Raum zu orientieren und sie aufzubauen.

Obwohl der Ablauf für viele Kolleginnen und Kollegen vorher unvorstellbar zu sein schien, waren sie in der Durchführung sehr angetan. Der Kirchenraum war durch die Schülerströme belebt, alles lief geordnet ab und an den Stationen herrschte eine hohe Konzentration – konnten die Kinder sich "unterwegs" doch auch immer wieder unterhalten. Auch die "Führung" durch die Musik wurde als wohltuend erlebt. Ein bewegter und bewegender Gottesdienst, an den alle noch gern zurückdenken.

 

Ein Wandergottesdienst für die Sek. I

Ein Gottesdienst in mehreren Stationen lässt sich auch mit älteren Schülerinnen und Schülern feiern. Die Ideen und Bausteine für ein solches Sek. I-Projekt entstanden während eines religionspädagogischen Workshops zum Buß- und Bettag in Uslar. Auch hier gilt: Die Stationen müssen so angelegt und gestaltet sein, dass der Einstieg an jeder Station möglich ist, dass die Aktionen für eine größere Anzahl von Jugendlichen in vier bis fünf Minuten zu realisieren sind und die Zahl der Stationen von der Zahl der Klassen/Gruppen bestimmt wird.

Anders aber als im Entwurf für die Grundschule konnten wir uns durchaus vorstellen, den Gottesdienst mit einzelnen Klassen vorzubereiten und durchzuführen.

Als biblische Grundlage haben wir das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15, 11-32) gewählt, das so viele Facetten des Erwachsenwerdens widerspiegelt: das Hin- und Hergerissensein zwischen dem Traum vom Aufbruch, Ausbruch und der heimlichen Sehnsucht nach Geborgenheit, Heimat, Liebe; zwischen dem Wunsch nach eigener Verantwortung und dem Scheitern an der Maßlosigkeit der Wünsche; zwischen enttäuschten Freundschaften und aneinander Schuldigwerden einerseits sowie Versöhnung und Neubeginn auf der anderen Seite.

Die einzelnen Stationen nehmen aber nicht nur Aspekte des Gleichnisses,
sondern zugleich auch Elemente des Gottesdienstes auf: das Kyrie (Herr,
erbarme dich) in der Bitte um Vergebung oder die Fürbitte.

Da dieser Gottesdienst – anders als der vorangegangene – noch nicht durchgeführt und erprobt ist, verstehen sich die Stationen als Bausteine, deren tatsächliche Gestaltung offen bleibt und je nach Anzahl der Gruppen und Schwerpunktsetzung des vorbereitenden Teams durch weitere zu ergänzen sind.

Zum Ablauf
Auch hier beginnt der Gottesdienst mit Musik, einer Begrüßung, einem gemeinsamen Lied und einer kurzen Einweisung in die besondere Form.

Die "wegweisende" Rolle der Orgel könnte hier auch von einer Schulband übernommen werden. Vielleicht ist es aber ja gerade die dem anderen, "heiligen" Raum entsprechende "Sprache" einer Orgel, die den Weg von Station zu Station begleitet und ein dem "Heiligen" entsprechendes Verhalten unterstützt.

Nach dem Gang durch die Kirche nimmt die Gottesdienstgemeinde schließlich wieder Platz, ein Lied eröffnet den Erzählteil, in dem die biblische Geschichte gelesen, erzählt oder gespielt wird.


Ein Lied, ein Dankgebet, Vaterunser und Segen beschließen den Gottesdienst.

 

Die einzelnen Stationen


Einmal ganz groß rauskommen
Ort:  
Kanzel oder Empore

Material/Aufbau:  
mehrere Podeste, mehrere Diskmen mit Kopfhörern. CD mit tosendem Applaus und anschließend z.B. Rio Reiser "Wenn ich König von Deutschland wär‘".

Durchführung:  
Jede/r darf einmal auf das Podest klettern und sich über die Kopfhörer zujubeln lassen. Evtl. könnte ein Poster von jubelndem Publikum (von einer Bühne aus fotografiert) die Wirkung unterstützen.

 

Eine Last loswerden
Ort:  
Seitenschiff, Seitengang (mit der Möglichkeit, sich zum Schreiben in die Bänke zurückzuziehen).

Material:  
Steine oder kleine Zettel und Stifte, eine große mit Sand gefüllte Pflanzschale mit großer Kerze in der Mitte.

Durchführung:  
Die für die Grundschule beschriebene Aktion, Sorgensteine ab-zulegen, kann auch für Ältere übernommen werden.
Alternativ können aber auch nach einem kurzen, einleitenden Text Zettel und Stifte verteilt werden, auf die jede/r für sich Belastendes aufschreibt. Über der Sandschale werden die Zettel (selbstverständlich ohne vorgelesen zu werden) anschließend verbrannt.

 

Ganz unten
Ort:  
z.B. unter der Empore

Material:  
Textpassagen aus Jugendstudien (Pisa, Shell ...), die Jugendlichen "schlechte Noten" ausstellen.


Durchführung:
 Ein oder mehrere Sprecher(innen) verliest (lesen) nacheinander kommentarlos einzelne Textpassagen aus verschiedenen Studien oder Reden, die heutige Jugendliche als spaßorientiert, politikverdrossen, unselbstständig (Nesthocker), desinteressiert, schlecht ausgebildet, ohne Berufsaussichten, bewegungsarm, übergewichtig, gewalttätig, konsumorientiert, medien-fixiert ... darstellen.     

 

Für dich bitten
Ort:  
z.B. vor dem Altarraum oder in einer Seitenkapelle

Material:
mehrere mit Sand gefüllte Schalen, Christbaumkerzen für jede/n Teilnehmer/in, eine große Kerze

Durchführung:  
Jede/r bekommt eine kleine Kerze mit der Aufforderung, sie für einen anderen Menschen an der großen Kerze zu entzünden und (ohne Worte) in eine der Sandschalen zu stecken. In diesem Teil der Kirche wird es im Lauf des Gottesdienstes immer heller werden.
Vielleicht ist es hilfreich, die Wortlosigkeit durch leise Musik im Hintergrund zu unterstützen.

 

Aufgerichtet werden
Ort:  
Vor dem Altarraum oder im Eingangsbereich, jedenfalls an einem Ort, wo die Teilnehmenden ausreichend Platz für eine Körperübung haben.

Material:
keins

Durchführung:  

Einführende Sätze zur Situation des Niedergedrücktseins, das auch körperlich spürbar sein kann. Ankündigung von zwei Übungen:

1. Eine Hand mit aller Kraft zur Faust ballen und 20 Sekunden durchhalten.
Dann die Finger langsam öffnen und die Hand entspannen.

2. In die Hocke gehen, den Oberkörper nach vorn beugen, 20 Sekunden verharren, langsam aufrichten.
In beiden Übungen wird spürbar, dass Entspannung nach längerer Anspannung nur gegen Widerstände möglich ist, den Schmerz nicht sofort wegnimmt und Aufgerichtetwerden auch Anstrengung und Überwindung kostet.

 

Das ist ungerecht
Ort:
z.B. in den Bankreihen

Material:
Eine kleine Schale gefüllt mit z.B. "Haribo Colorado" oder "Pringels", kleine bunte Goldpapierstücke, Korb.

Durchführung:  

Die "Sweeties" werden verlockend angekündigt, in die Bank gereicht (möglichst langsam, damit die ersten verzehrt sind, ehe die letzten realisieren können, dass der Vorrat nicht reicht und sie leider nichts abbekommen).

Ein knapper Impuls nimmt das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein, auf. Jede/r packt eine Situation, in der er/sie sich ungerecht behandelt gefühlt hat, in ein leeres "Bonbonpapier" (Goldpapier) und legt sie in einen Korb, der im Schlussteil des Gottesdienstes vor den Altar gelegt wird.


Ein Fest feiern
Ort:  
Altarraum

Material:
Blätter (z.B. Efeublätter oder Buchsbaumzweige) oder Blüten (Moosröschen), Goldspray oder Gold(gel)stifte, Goldband, Anstecknadeln (Bastelbedarf)

Durchführung:
Diese Station nimmt das Motiv des Festgewands und des besonderen Festschmucks (Ring) aus der Geschichte auf. Dazu werden entweder kleine Sträußchen vorbereitet und der "Festversammlung" angesteckt oder sie werden an der Station mit Metallic-Goldstiften selbst gestaltet und gebunden.

Dann nehmen die Festgäste Aufstellung und schreiten zu Festmusik die Altarstufen hinab (entweder geistliche Renaissancemusik, zu der sich schreiten lässt oder, wenn es flotter zugehen soll, z.B. eine Instrumentalfassung von "Lord of the Dance", deren mitreißender Rhythmus sich auf die Teilnehmenden überträgt). Eine erst recht mitreißende Idee wäre es, die Runde zu ein paar Takten Sirtaki einzuladen. Solche Vorhaben scheitern aber zumeist an der Scheu dieser Altersstufe, besonders der Jungen, vor Berührung und öffentlichem Auftritt. Diese Scheu haben wir allenthalben versucht ernst zu nehmen und ihr in der Gestaltung der einzelnen Stationen gerecht zu werden.

Weitere mögliche Stationen wären z.B. "Die Faszination des Geldes", die gegenüber der Grundschulfassung kaum abgeändert werden müsste. Sie ließe sich auf das Erbteil hin konkretisieren ("Stell dir vor, du erbst 500.000 Euro. Was würdest du mit deinem Erbe anfangen?").

"Ein guter Freund/eine gute Freundin ist für mich eine/r, die/der ...". Hier könnte das Thema ersehnter und enttäuschter Freundschaft aufgegriffen werden und durch stark vergrößerte Fotos (Poster) von freundschaftlichen Motiven (Postkarten) visualisiert werden. ("Such dir ein Bild aus, das für dich Freundschaft ausdrückt, stell dich dazu und tausch dich mit den anderen vor ,deinem‘ Foto darüber aus, welche Überschrift ihr diesem Bild geben würdet.")

Selbstverständlich ist ein Gottesdienst dieser Art nicht nur an Buß- und Bettagen und als Schulgottesdienst denkbar, sondern auf andere Anlässe, auf Freizeiten und auch auf andere Altersgruppen (Erwachsene!) übertragbar. Jede gottesdienstliche Gelegenheit und jede Gottesdienstgemeinde wird ganz eigene Themen und Formen entwickeln.



Anmerkungen

  1. Fulbert Steffensky, Feier des Lebens. Spiritualität im Alltag. Stuttgart 1984, S. 113ff.
  2. z.B. Sieger Köder, Das Gesetz von Sinai, in: Gerhard Wichmann (Hg.), Die Bilder der Bibel von Sieger Köder. Erschließende und meditative Texte. Ostfildern 1996, S. 39.

Text erschienen im Loccumer Pelikan 3/2004

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