In der Konfirmandenarbeit versuchen wir, Jugendliche mit der biblischen Botschaft vertraut zu machen. Sie sollen die Kirche und ihre Kirchengemeinde kennenlernen und dort als mündige Christinnen und Christen kirchliches Leben mitgestalten. Dabei treffen die Jugendlichen – insbesondere im Gottesdienst – auf vieles, was ihnen fremd ist. Und so kommt es immer wieder zu Irritationen auf beiden Seiten: Die Konfis fühlen sich unwohl, nicht wirklich willkommen und manchmal auch überfordert, wenn sie das Gefühl haben, von ihnen wird ein bestimmtes Verhalten erwartet, das man ihnen aber nicht vermittelt hat. Andererseits fühlen sich Gemeindeglieder, die sich eigentlich freuen, dass Jugendliche den Weg in die Kirche finden, dann doch gestört. Sie verstehen das Verhalten der Jugendlichen nicht.
So suchen Gemeinden nach Wegen, wie sie Konfis und andere Gemeindeglieder miteinander ins Gespräch bringen können. Die Jugendlichen könnten dann von den erfahreneren Älteren lernen, wie Kirche, Gemeinde und Gottesdienst „funktionieren“. Im Gegenzug wächst das Verständnis für die Konfis, die zum Beispiel nicht aus bösem Willen ihr Handy im Gottesdienst anlassen, sondern weil sie gar nicht verstehen können, was daran störend sein soll, wenn man nebenbei mal bei WhatsApp reinschaut. Das machen sie ja auch sonst den ganzen Tag, ohne dass sie etwas verpassen, was um sie herum geschieht. So meinen sie jedenfalls. Ein Gespräch auf Augenhöhe mit einem älteren Gemeindeglied bringt hier sicher mehr, als wenn Jugendlichen schlicht verboten wird, das Handy zu nutzen.
Um Konfis und Ältere ins Gespräch zu bringen, sind Gemeinden auf die Idee gekommen, Paten und Patinnen bzw. Mentorinnen und Mentoren für die Konfis zu suchen.
Was das bedeuten kann, wollen wir an zwei erprobten Beispielen deutlich machen.
Gottesdienst-Paten
Gottesdienst-Patinnen und -Paten sind Gemeindeglieder, die versprechen, achtmal mit den ihnen zugeteilten Konfis den Gottesdienst zu besuchen. Konfis und Paten sitzen dann in der Kirche zusammen. Die Patin zeigt zum Beispiel, wo im Gesangbuch Lieder, Psalmen und Ablauf des Gottesdienstes zu finden sind. Sie erzählt aber auch, warum sie selbst gern in die Kirche geht, was ihr der Gottesdienst bringt und warum es sich für sie lohnt, dorthin zu gehen.
Für den Fall, dass der Austausch zwischen Konfis und Paten nur schleppend in Gang kommt, wurde ein Reflexionsbogen entwickelt, der unmittelbar nach dem Gottesdienst ausgefüllt werden kann. Das sollte nicht länger als zehn Minuten dauern. Wichtig ist trotzdem, dass im Gemeindehaus Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, die zum Verweilen einladen, damit der Austausch in guter Atmosphäre stattfinden kann. Wenn es Kirchenkaffee gibt, finden Konfis und ihre Paten an gemeinsamen Tischen zusammen.
Ein Nebeneffekt dieser Idee ist, dass Gottesdienststriche, Stempelkarten oder ähnliches zumindest an Bedeutung verlieren, weil der Besuch von acht Gottesdiensten gesichert ist, wenn der Pate bzw. die Patin sich regelmäßig mit den Konfis verabredet. Gleichwohl geht es bei dem Projekt nicht um eine bessere Kontrolle der Jugendlichen. Die Konfis können am Vorbild lernen, die Patinnen und Paten einen neuen Blickwinkel entdecken. Es soll deutlich werden, dass die Gemeinde eine Gemeinschaft ist, in der man sich gegenseitig schätzt.
Das Projekt startet jeweils mit einem Konfi-Tag, an dem die Jugendlichen in Workshops etwas über die Kirche, den Gottesdienstablauf und das Gesangbuch lernen. Durch die Kantorin bekommen sie einen ersten fröhlichen Zugang zur Kirchenmusik. Am Ende des Tages feiert die Gemeinde einen Gottesdienst, in der Konfis und Patinnen bzw. Paten einander vorgestellt werden. Bei einem gemeinsamen Essen im Gemeindehaus können sie sich gleich im Anschluss schon ein wenig kennenlernen.
Mindestens acht Gottesdienste werden sie dann zusammen besuchen. Oft besuchen die Patinnen und Paten dann auch den Konfirmationsgottesdienst „ihrer“ Konfis.
Im Gemeindebrief werden Konfis und Paten vorgestellt. In der Kirche hängt außerdem ein Plakat mit Fotos vom ersten Kennenlernen aus und macht vielleicht anderen Erwachsenen Lust, beim nächsten Jahrgang eine Patenschaft zu übernehmen.
Konfi-Mentoren
Studien zeigen, dass gelingende Beziehungsarbeit einen wesentlichen Anteil daran hat, ob die Konfi-Zeit von Jugendlichen als positiv erlebt wird. Dabei geht es nicht nur um die Beziehung zu den Hauptamtlichen, sondern auch zu anderen Menschen aus der Gemeinde. Aus diesem Gedanken entstand die Idee der Konfi-Mentoren.
Für jeweils zwei bis drei Konfis sucht das Konfi-Leitungsteam der Gemeinde eine Mentorin bzw. einen Mentor aus. Das sind ältere Jugendliche oder Erwachsene aller Altersgruppen. Diese müssen in der Gemeinde und ihren Strukturen so integriert sein, dass sie eine Brücke bilden können zwischen Konfis und Gemeindeleben.
Die Mentorinnen stehen ihren Konfis als Ansprechpartnerinnen zur Seite. Sie laden sie zu Veranstaltungen ein und besuchen diese dann gemeinsam. Einige Mentoren sind auch als Mitarbeitende bei Konfi-Freizeiten dabei, andere gestalten Konfi-Tage oder wirken im Gottesdienst mit. Vom ersten öffentlichen Auftreten der Konfis bei ihrem Vorstellungsgottesdienst bis zum krönenden Abschluss ihrer Konfirmation sind immer wieder Konfi-Mentorinnen begleitend dabei.
Beziehungen müssen individuell gestaltet werden. Es bleibt deshalb den Mentoren überlassen, wie intensiv der Kontakt gestaltet werden soll. Trotzdem macht die Gemeinde auch Angebote, bei denen sich Konfis und Mentorinnen ganz lebensnah begegnen können, z. B. beim gemeinsamen Kochen, bei Spieleabenden oder ähnlichem.
Manchmal entwickeln sich sehr gute Kontakte, die noch weit über die Konfirmandenzeit hinaus bestehen, manchmal bleibt die Beziehung eher oberflächlich und man trennt sich nach dem Konfi-Jahr sang- und klanglos voneinander.
In Rückmeldungen der Konfis zeigt sich, dass die Mentorinnen und Mentoren zu den prägenden Erinnerungen an dieses Jahr gehören. Insgesamt wird durch dieses Modell eine recht wirkungsvolle Verzahnung zwischen Konfirmandenarbeit und Gemeindearbeit erreicht. Und was vielleicht noch mehr zählt: Es entsteht ein immer dichteres Netzwerk von Menschen, die miteinander ein Stück ihres Lebens und Glaubens teilen.
Begleitung ist wichtig
Die beiden hier vorgestellten Projekte lassen sich natürlich vielfältig variieren. Das Prinzip dahinter bleibt das gleiche: Konfis bekommen Kontakt zu älteren Gemeindegliedern, die sie in vorher festgelegter oder zumindest klar beschriebener Weise durch die Konfi-Zeit begleiten. Weitere Pflichten, etwa die Einladung des Paten zur Konfirmation oder ein Konfirmationsgeschenk von Seiten der Patin, sind damit nicht verbunden.
Neben der klaren und transparenten Regelung ist eine Begleitung der Patinnen und Mentoren wichtig. Sonst kann es vorkommen, dass sich die Ehrenamtlichen überfordert fühlen. Sie sind unter Umständen selber nicht in der Lage, alle Teile des Gottesdienstes zu erklären, Auskunft über ihren Glauben zu geben oder Kontakte zu organisieren. Deshalb braucht es so etwas wie Schulung bzw. Vorbereitung und immer auch Begleitung, insbesondere dann, wenn mal etwas nicht klappt. So ist zum Beispiel für alle Fälle im Konfi-Leitungsteam immer eine Person Anlaufstelle für Konfi-Mentoren – nicht nur bei Beziehungsproblemen. Wenn im Extremfall dann doch einmal alle Versuche, eine Beziehung zu stabilisieren, nicht fruchten sollten, muss nach einem neuen Mentor gesucht werden – oder eine besonders erfahrene Mentorin bekommt noch einen Konfi dazu.
Mentorinnen und Paten werden auf ihr Amt vorbereitet. Dazu gehört, dass sie das Konzept kennenlernen. Sie machen sich auch selber noch einmal bewusst, wie Gottesdienste ablaufen, was bestimmte Rituale bedeuten und wie sie über Glaubensfragen ins Gespräch kommen können. Und sie werden auch auf den Dialog mit Konfis vorbereitet, d.h. auf die besondere Begegnung zwischen Jugendlichen und Älteren bzw. Erwachsenen. Ganz wichtig sind auch Information über Kindeswohlgefährdung, denn die Patinnen und Mentoren gehen eine Beziehung mit den Konfis ein. Dabei muss der Schutz der Jugendlichen im Blick behalten werden.
Fortbildung und Begleitung nimmt Mentorinnen und Paten besonders ernst. Sie haben eben ein Ehrenamt, für das sie auch die nötige Unterstützung erhalten. So können sie ihre Aufgabe bewusst gestalten. Das wiederum wertet auch die Konfirmandenarbeit auf. Zudem kann es auch dazu führen, insbesondere da, wo Menschen eine Patenschaft übernehmen können, die vorher noch nicht ehrenamtlich aktiv waren, dass so etwas wie Gemeindeaufbau geschieht; zumindest aber werden Bindungen gefestigt und die Beziehungen der Älteren zu ihrer Gemeinde wird gestärkt.
Darüber hinaus werden Konfis weniger als Störfaktoren wahrgenommen, nicht nur, weil sie über ihre Patinnen und Paten Sicherheit im Verhalten gewinnen. Es gibt dann auch neben den Hauptamtlichen weitere Erwachsene, die auf Seiten ihrer Konfis stehen. Und nicht zuletzt erfahren Konfis, dass sie nicht nur Lernende sind, denn sie können auch den Patinnen und Mentoren etwas zurückgeben. Manchmal wissen sie aus dem Konfer, aus der Schule oder einfach aus ihrem Lebenskontext Dinge, die sie dann ihrerseits den Älteren vermitteln können.